Hallo an alle Leser Nach vielfachem Wunsch, werde ich diese Geschichte wieder aufleben lassen!
Kurze Inhaltsangabe:
Dylan lebt allein mit seinem Vater in einer amerikanischen Kleinstadt. Er hat keine Freunde und trauert noch immer um seine Mutter, die vor kurzem verstorben ist. Zudem ist er unglücklich in einen Jungen aus seiner Klasse verliebt. In einer Sternschnuppennacht äußert Dylan deshalb einen Wunsch, doch er hätte nicht im Traum daran gedacht, was anschließend geschah. Ein Komet landete in ihrem Swimmingpool und heraus kam ein außerirdisches Wesen, dass die Form eines Jungen annahm. Dylan freundete sich mit dem Wesen an, welches keine bösen Absichten hegte, denn Cosmo - so nannte Dylan ihn später dann - würde solange an Dylans Seite bleiben, bis sich dessen Wunsch erfüllt hat.
Cosmo kehrt am Montag, den 12.September 2022 zurück!
Wie versprochen starte ich heute mit meiner Science-Fiction & Coming-of-Age-Geschichte „O:Evo-1570“. Einige Leser kennen diese Geschichte vielleicht noch, denn ich hab sie bereits 2015/2016 bei Boypoint gepostet. Sieben Jahre sind seitdem vergangen … und vielleicht kann ich ein paar neue Leser dazugewinnen. Ich starte heute gleich mit zwei Kapiteln, danach kommt immer MO-MI-FR jeweils ein Kapitel. Ich hoffe das ist ausreichend Lesestoff für euch pro Woche und es gibt mir die Zeit, noch einmal vorher drüber zu lesen und ein paar Schönheitskorrekturen vorzunehmen. Das ich die Geschichte irgendwann mal komplett neu schreiben möchte, ist ein ganz anderes Thema… Sagt mir bitte, ob ihr euch auch wieder eine Liste der Charaktere wünscht, die in der Geschichte auftreten. Ansonsten gibt es nur noch eins zu sagen: Viel Spaß beim Lesen!
A:Anfang-1 „Aktuell gehen Astrophysiker davon aus, dass in unserer Milchstraße bis zu 300 Milliarden Sterne existieren. Dies ist natürlich nur eine ungefähre Zahl, denn kein Mensch kann sagen, wie viele Sterne nun tatsächlich da draußen im Weltall umher schwirren. Zudem gibt es neben unserer Milchstraße noch viele weitere Galaxien, die natürlich noch völlig unerforscht sind, da das Universum einfach viel zu groß ist und die Erde im Vergleich dazu nur ein winziger Punkt in den Weiten des Alls darstellt. So, hat dazu noch irgendjemand eine Frage?“ Dr. Tibbet, der Lehrer für Geschichte und Geografie, warf seiner Klasse durch seine Brille hindurch einen fragwürdigen Blick zu. Sein weißes Haar stand ihm zu Berge, als ob er vor kurzem mit Strom in Berührung kam. Doch eigentlich sah er schon immer so zerzaust aus. Er hielt eine weiße Kreide in der Hand, mit der er zuvor noch unser Sonnensystem an die Tafel malte. Nun stand er hinter seinem Pult und wartete auf eine Frage. Eine Hand schoss in die Höhe und Dr. Tibbet rief den Schüler beim Namen auf: „Ja Mika, bitte stell deine Frage!“ Mika nahm seinen Arm herunter und setzte ein verschmitztes Lächeln auf, während er sich ganz cool und lässig gab. „Wenn sich unser Sonnensystem in der Milchstraße befindet, steht dann da vielleicht irgendwo eine übergalaktische große Kuh herum, die uns aus ihrem Euter heraus gedrückt hat? Bestehen wir in Wirklichkeit alle nur aus Milch und werden am Ende auch noch zu Käse, Butter oder anderen Milchprodukten verarbeitet?“ Alle Schüler der Klasse fingen gleichzeitig zu lachen an. „Ich hoffe ich werde kein Blauschimmelkäse!“, rief ein anderer Schüler namens Elijah unaufgefordert rein. Dr. Tibbet sah nicht sehr erfreut über die Entwicklung seines Unterrichts aus und ehrlich gesagt konnte ich es ihm nicht verdenken. Sagte ich gerade, dass alle Schüler zu Lachen anfingen? Irrtum, denn ich gehörte wohl zu der Minderheit derer, die sich über die Witze des Klassenclowns nicht amüsierten, da es einfach nur den Unterricht störte. Immerhin war ich nicht der Einzige, der das so empfand, denn die Zwillinge eine Sitzreihe vor mir, fanden das wohl ebenso wenig amüsant. Emmet und Tamara sind zweieiige Zwillinge, die jede Phase ihres Lebens miteinander verbrachten. Tamara war hübsch, sehr hübsch sogar, und sie hatte viele Verehrer, doch keiner war ihr gut genug. Ihr dunkelblondes, lockiges und langes Haar schimmerte im Sonnenlicht, das durch die Klassenfenster schien. Ihre Augen glänzten wie Edelsteine, so klar waren sie. Doch das Schönste an ihr war ihr Lächeln, dass in ein jedem die Sonne aufgehen ließ und so voller Lebensfreude und Tatendrang war. Emmet hingegen war fast schon das Gegenteil. Er war groß, schlank und besaß wie seine Schwester lockiges Haar, jedoch sehr kurz. Er war ein sehr stiller Mensch, immer in sich gekehrt und sprach kaum ein Wort mit uns anderen Schülern. Nicht selten wurde er deshalb auch zum Opfer von Hänseleien und Sticheleien einiger Klassenkameraden. Doch seine Schwester, die nebenbei gesagt sechs Minuten eher auf die Welt kam, stellte sich immer schützend vor ihm. Das machte ihn jetzt nicht unbedingt beliebter, dafür bekam seine Schwester aber eine Menge Hochachtung entgegen. „Du musst lernen, dich selbst zu verteidigen.“, sagte Tamara immer wieder zu ihrem Bruder, dem seine Lage aber allem Anschein nach am A-pardon-rsch vorbei ging. Tja dieser Emmet war schon ein wenig seltsam und im Vergleich zu seiner Schwester, die die Jungs regelrecht an sich zog wie ein Magnet, hatte er natürlich weitaus weniger Verehrerinnen, um nicht zu sagen keine. Dafür aber einen Verehrer … nämlich mich! Ja mich! „Hey Dylan, hast du die Mathehausaufgaben schon gemacht?“, fragte Emmet mich in einen unbeobachteten Moment, in dem er sich zu mir umdrehte und mich freundlich anlächelte. Ja, Emmet war ein sehr schweigsamer Mensch, nur nicht bei mir! „Ich versteh da eine Aufgabe nicht und ich habe gehofft, du könntest sie mir vielleicht erklären.“ „Ja klar, kein Thema.“, antwortete ich ihm und verabredete mich zugleich mit ihm nach der Schule, um ihm die Matheaufgabe zu erklären. Ich weiß nicht was ich an mir hab, dass er diesbezüglich immer zu mir kam, denn es war nicht das erste Mal und ich glaubte zu wissen, dass seine Schwester Tamara in Mathematik auch nicht die Schlechteste sei, dennoch kam er immer wieder auf mich zurück und da ich von Natur aus ein Gutmensch war, konnte ich gar nicht anders, als ihm zu helfen. Vielleicht wollte ich ihm aber auch einfach helfen, weil ich so unsterblich in ihn verknallt war und das schon seit Beginn des Schuljahrs. Hatte er vielleicht Interesse an mir? Vielleicht liegt es an meinem Aussehen, dass er immer auf mich zukam. Dabei sehe ich eigentlich ganz normal aus. Braunes Haar, grüngraue Augen, eine Stupsnase, also nichts Besonderes an mir. Vielleicht lag es aber auch an meinem Charakter, denn dass ich ein Gutmensch bin, erwähnte ich ja bereits und es dürfte glaube ich auch keinen wundern, wenn ich sage, dass ich homosexuell bin und somit nur auf Jungs stehe. Sorry Mädels, aber ihr müsst euch einen anderen Kerl suchen, der Tag für Tag eure Launen aushält. „Dylan Winter!“ Die Stimme von Dr. Tibbet riss mich völlig aus meinen Gedanken und mit einem strengen Blick sah er zu mir nach hinten. Einige Schüler schmunzelten, denn es war nicht das erste Mal, dass ich aus meinen Tagträumen gerissen wurde. „Mister Winter, sind sie in meinem Unterricht überhaupt noch anwesend?“ „Aber selbstverständlich Dr. Tibbet.“, log ich ohne mit der Wimper zu zucken. „Dann können sie sicher wiederholen, was ich zuletzt gesagt habe.“, meinte Dr. Tibbet, der meine Lüge natürlich sofort durchschaute und mich auf heiße Kohlen setzte. „Ähm …, tut mir Leid, aber ich habe nicht aufgepasst.“, gestand ich schließlich. Besser spät als nie und Dr. Tibbet sah das wohl genauso. Er ließ Vernunft walten und wiederholte mir zu Liebe seinen letzten Satz: „Heute Abend wird es Sternschnuppen über die Dächer unserer Stadt regnen. Wenn ihr einen seht, dann wünscht euch was!“
B:Zuhause-2 Sternschnuppen. Was interessieren mich denn Sternschnuppen? Als ob meine Wünsche jemals in Erfüllung gehen würden? Als kleiner Stöpsel hab ich mir mal meinen eigenen Kaugummi-Automaten im Kinderzimmer gewünscht? Hab ich ihn jemals bekommen? Nein! Dieser Aberglaube, dass Sternschnuppen Wünsche erfüllen, ist sowieso reiner Humbug. Daran glaube ich nicht mehr. In der heutigen Zeit zählten vor allem Taten. Ich wollte nicht mehr länger auf ein Wunder warten und deshalb beschloss ich, meine Zukunft in die eigene Hand zu nehmen. Heute Nachmittag, wenn ich mich mit Emmet traf, werde ich ihm meine Liebe gestehen! Ob ich nervös war? Ich war zum Teufel komm raus nervös, aber da musste ich nun durch. Emmet wollte zuerst mit seiner Schwester nach Hause gehen, ehe er zu mir kam. Ihre Mutter kochte heute leckere Germknödel mit Pflaumenmus gefüllt. Mir lief das Wasser im Munde zusammen, als ich davon hörte. Wenn meine Mutter mir doch nur auch so etwas Leckeres zubereiten könnte… Ich machte die Haustür hinter mir zu und sperrte sie vorsichtshalber sogar noch einmal zusätzlich ab. Nicht das ich Gefahr lief, tagsüber in meinem eigenen Zuhause überfallen zu werden, aber mein Vater bestand nun einmal darauf und sich ihm widerzusetzen … keine gute Idee! Ich zog mir meine Pantoffel an und lief die Treppe in den ersten Stock hinauf, dabei sprang ich jedoch über jede zweite Stufe. Als ich mein Zimmer betrat, warf ich meinen Schulrucksack als Erstes in die hinterste Ecke. Dann warf ich mich rücklings auf mein doch recht kleines Bett und schloss meine Augen. Dies war eine tägliche Zeremonie von mir, wenn ich von der Schule nach Hause kam. Fünf Minuten die Augen zu machen, mich entspannen und mich von all meinen Gedanken befreien. Nach fünf Minuten öffnete ich wieder die Augen, setzte mich aufrecht hin uuuund … bäm: Ich schlug mir meinen Kopf an der Dachschräge an! Wie eigentlich fast jeden Tag, seitdem wir in dieses Haus gezogen sind. Warum muss mein Bett auch ausgerechnet unter der Dachschräge stehen. Nur gut, dass mein Kopf nicht aus Wackelpudding bestand und ich so einiges einzustecken vermochte. Ich warf einen kurzen Blick auf die Uhr. In einer viertel Stunde wollte Emmet bei mir sein. Genug Zeit, noch eine Mahlzeit zu mir zu nehmen. Ich rannte also wieder runter ins Erdgeschoss und in die Küche, die direkt neben dem Wohnzimmer lag, von dort aus man wiederum hinaus in den Garten gelangte. Die Küche war sehr gut ausgestattet. Von dem klassischen Küchenmobiliar wie einem Ofen und einer Mikrowelle, bis hin zu speziellen Elektrogeräten wie einem Sandwichmaker und einem Mixer, waren wir Bestens ausgerüstet. Das alles wäre prima, wenn die Küche nicht einen winzigen Haken hätte: Der Kühlschrank war wieder einmal leer! Hat mein Dad etwa wieder einmal vergessen einzukaufen? Ich prüfte die Wochenaufteilung der Arbeiten, die Zuhause erledigt werden mussten und stellte fest … „Ah verdammt, ich war mit einkaufen an der Reihe.“ Dad wird mich umbringen…, es sei denn ich gehe später noch schnell, bevor er von seiner Arbeit nach Hause kommt. Der nächstliegende Supermarkt war ohnehin nur fünf Gehminuten von hier entfernt, quasi um die Ecke. Doch genug Zeit verplempert. Emmet könnte jede Sekunde hier aufkreuzen und ich hab immer noch nichts im Magen. Wäre peinlich für mich, wenn dieser zu knurren anfängt, wenn ich Emmet gerade meine innersten Gefühle offenbare. Ach herrje, ich höre mich schon wie ein ausgeflippter Künstler an. Ich suchte die Küche schnell nach allem möglichen essbaren Zeugs ab und machte mir noch ein leckeres Sandwich. Wobei es lecker nicht wirklich traf, da ich in der Eile Zucker statt Salz erwischte und das deftige Sandwich nun einen sehr süßlichen Beigeschmack hatte. Es ist also nicht nur ein Gerücht, dass Liebe blind macht. Ich aß mein Sandwich dennoch bis zum … süßen Ende und wurde gerade rechtzeitig fertig, als ich Emmet in die Hofeinfahrt erspähte. Ich hatte meinen letzten Bissen noch nicht runtergeschluckt, also versuchte ich mich zu beeilen. Ich zog noch schnell ein Glas aus dem Schrank und füllte es mit Leitungswasser, als es auch schon an der Tür klingelte. Eile war geboten und so trank ich das Glas auf Ex aus. Die Essensreste in meinem Mund sollten sich noch schnell auflösen, also schleuderte ich das übrig gebliebene Wasser in meinem Mund hin und her und gurgelte es zuletzt sogar. Dabei verschluckte ich mich aber versehentlich, was dazu führte, dass ich anschließend rot anlief. Es klingelte erneut an der Tür und ich fluchte innerlich. Ich versuchte wieder Luft zu bekommen und kniete mich kurz nieder. Nach wenigen Sekunden fing ich mich zum Glück wieder und ich konnte aufstehen. Ich stand direkt vor der Spüle, dass sich auch vor dem Küchenfenster befand und durch dieses blickte Emmet nun neugierig hindurch. Ich erschrak bei seinem Anblick und auch weil er so plötzlich davor stand, dass ich rücklings gegen den Tisch knallte und auch einen der Stühle umwarf. „Ähm sorry, ich bin gleich da!“, rief ich Emmet zu, bückte mich und hob den umgeworfenen Stuhl wieder auf. Danach sprintete ich zur Tür und wollte sie öffnen, doch ließ sie sich nicht aufmachen. Natürlich nicht, hatte ich sie ja auch abgesperrt, ich Schussel. Ich holte also zuerst den Schlüssel, der mit einer Reihe von anderen Schlüsseln an einer Pinnwand mit Stecknadeln befestigt war und sperrte die Tür auf. „Hi.“, begrüßte ich Emmet schließlich mit einem aufgesetzten Lächeln. „Sorry, dass es so lange gedauert hat…“ „Kein Problem, ich hab mich köstlich amüsiert, während ich gewartet habe.“, sagte Emmet mit einem Grinsen im Gesicht, was bei ihm eher eine Seltenheit war. Konnte es noch peinlicher für mich werden? Diese Frage hätte ich mir erst gar nicht stellen dürfen, denn die Antwort lautete ja. „Du hast da übrigens noch was…“ Emmet kratzte sich an die rechte Seite seiner Lippe und wies mich auf etwas hin. Ich hatte noch etwas Mayonnaise an dieser Stelle kleben und ging mit einem Finger schnell drüber. „Aaaalso, zeigst du mir die Matheaufgaben? Deshalb bin ich schließlich hergekommen.“ Ich führte Emmet in mein Zimmer und stellte fest, dass es das erste Mal war, das er hier bei mir zu Besuch war. Deshalb war es auch nur ganz natürlich, dass er sich erst einmal in meinem Zimmer neugierig umsah. Gegenüber von der Tür, an der anderen Seite der Wand, standen mein Bett und daneben ein kleines Nachtkästchen, auf dem eine kleine Nachtlichtlampe und ein Wecker standen. Über dem Nachtkästchen hing ein Poster von meiner Lieblingsboygroup „One Direction“. Für dieses Poster kassierte ich zugleich auch einen skeptischen Blick seitens Emmet. „Hey, ich mag die. Sie singen tolle Lieder.“, erklärte ich mich, obwohl ich das gar nicht nötig gehabt hätte. Emmet blickte sich weiter im Zimmer um und kam an der großen Kommode, rechts neben der Tür vorbei, an dem auch ein Spiegel befestigt war. „Du hast einen Spiegel im Zimmer und siehst trotzdem jeden Tag so zerzaust wie Dr. Tibbet aus?“, fragte Emmet mich, ohne eine Antwort zu erwarten. Neben der Kommode stand noch eine hohe Zimmerpflanze und dann ging es auch schon raus auf den Balkon. Von dort hatte man einen herrlichen Ausblick in unseren Garten, in dem sich sowohl ein Swimmingpool befand, als auch ein Baumhaus, dass mein Dad und ich selbst errichtet haben. Nachdem Emmet das Baumhaus ausreichend bewundert hat, warf er einen kurzen Blick auf die Zeichnungen, die kreuz und quer auf meinem Schreibtisch lagen. Dabei hielt er sich an meiner Stehlampe fest, während er die Zeichnungen genauestens studierte. „Die sind wirklich gut. Sind die von dir?“, fragte er mich, wobei die Frage ziemlich dumm war. Von wem sollten sie sonst sein. „Sind nur ein paar lausige Comiczeichnungen.“, meinte ich bescheiden. „Komm wir setzen uns auf den Teppichboden und dann erklär ich dir die Matheaufgaben.“
Fortsetzung folgt ... am Mittwoch, den 14.September 2022!
Γ:Annäherung-3 Wir schlugen beide unsere Mathehefte auf und ich erklärte Emmet die Aufgaben, die wir bis morgen aufbekommen haben. Wir lagen beide bäuchlings auf dem Teppichboden und dabei kam ich ihm ausgesprochen nahe, was mir ein feines Kribbeln im Bauch bereitete. Ich musste mich natürlich sehr zusammenreißen und auch konzentrieren, damit er keinen Verdacht schöpfte. „…und dann weißt du was x, also die gesuchte Zahl, ist.“, erklärte ich ihm zum Schluss. „Ich glaube jetzt hab ich es verstanden, auch wenn mir der Kopf schon vor lauter Zahlen brummt.“, sagte Emmet und zog dabei eine lustige Grimasse, die mich zum Lachen brachte. „Ich danke dir jedenfalls, dass du mir hierbei geholfen hast. Wie kann ich mich dafür revanchieren?“ Ich wusste schon eine Antwort darauf, doch konnte ihm das natürlich unmöglich sagen. Unsere Gesichter waren sehr nah und ich musste ihm in die Augen sehen. So klar, so rein, voller Träume und Ziele, und seine Lippen erst. Die musste man einfach küssen! Ein Kuss, das wäre jetzt genau das richtige, doch ob Emmet da überhaupt mitziehen würde. Ich wusste ja noch nicht einmal, ob er meine Gefühle erwiderte, geschweige denn auch auf Jungs stand. Nein, ein Kuss wäre zu viel und auch unangebracht. Ich musste mich langsam an ihn herantasten. Nur nichts überstürzen. Ich begann damit, meine linke Hand auf seine rechte Hand zu legen. Zuerst schien ihm das nichts auszumachen, doch dann zog er sie doch ganz langsam weg. Schade. „Ähm … also, wie kann ich mich revanchieren?“, fragte er mich erneut, nachdem ich ihm bisher noch keine Antwort darauf gab. „Oh äh, vielleicht können wir ja mal ein Eis zusammen essen gehen.“, schlug ich vor. „Eis essen im Oktober? Ist es dafür nicht bereits etwas zu kühl?“, erwiderte er skeptisch. „Was hältst du von Kino? Ich lad dich ins Kino und zu einer Tüte Popcorn ein.“ „Nein.“, antwortete ich sofort auf seinen Vorschlag. „Ich gehe niemals ins Kino!“ „Warum nicht?“, fragte Emmet mich mit zusammengekniffenen Augen. „Egal …, du musst dich auch nicht revanchieren. Ich hab das gern gemacht.“, sagte ich daraufhin, um schnell vom Thema Kino abzulenken. „Das du heute hier bist, genügt mir eigentlich schon.“ „Ehrlich?“ Emmet blickte mich völlig verdattert an, während er sich wieder aufrecht hinsetzte. Ich tat es ihm gleich, während er weiter sprach. „Ich bin ja eigentlich nicht derjenige, den meine Klassenkameraden am liebsten um sich herum haben, weil ich immer so ruhig bin, ganz im Gegensatz zu meiner Schwester Tammy.“ Ich blickte Emmet wortlos an. Wenn er nur wüsste, dass ich ihn am liebsten Tag und Nacht um mich herum haben wollen würde. Dabei fing alles eigentlich ganz harmlos an. Es waren die kleinen Gesten, die ihn so liebenswürdig auf mich erscheinen ließen, wie zum Beispiel das er mir hin und wieder die Tür aufhielt, wenn ich hinter ihm ging, oder das er mir am Ende des Schulunterrichts beim Tafelwischen half, damit ich auch pünktlich nach Hause gehen konnte. „Ich hab dich einfach gern.“, sagte ich schließlich zu Emmet, der meine Worte erst ein paar Sekunden sacken ließ, ehe er sich zu einem Lächeln hinreißen ließ. Sein Lächeln war ansteckend, also guckte ich sehr bald verlegen zu Boden. „Hast du eigentlich gar keine Videospiele?“, hörte ich Emmet mich kurz darauf fragen, nachdem er sich noch einmal gründlich in meinem Zimmer umsah. „Ähm … nein.“, antwortete ich, wobei mir das nun doch etwas peinlich war, obwohl ich keinen Grund dazu hatte. „Hast du Videospiele?“ „Ja, jede Menge: Rollenspiele, Ballerspiele, Strategiespiele. Da steh ich voll drauf.“, antwortete Emmet mir voller Begeisterung, die ich leider nur schwer mit ihm teilen konnte. Emmet ging also gerne ins Kino und stand auf Videospiele. Keine gute Basis für eine Beziehung. Ach du meine Güte, jetzt dachte ich schon zehn Schritte weiter, dabei war ich immer noch am Anfang. „Ich denke, ich sollte dann langsam mal nach Hause gehen.“, sagte Emmet schließlich und räumte sein Matheheft und seine Schreibutensilien zurück in seine Schultasche. Mich traf seine plötzliche Entscheidung wie ein Blitz, denn ich wollte nicht, dass er jetzt schon ging. „Warte doch. Wollen wir nicht noch zusammen was essen?“, fragte ich ihn etwas hilflos. „Sorry, aber ich hab zu Mittag schon gegessen und wenn ich mich recht erinnere, hast du doch vorhin auch noch was gegessen oder?!“ Emmet blickte mich verwirrt an, indessen er seine Schultasche um die Schulter legte. Inzwischen standen wir Beide und meine Nervosität kehrte wieder zurück. „Naja, aber wir könnten doch …“ Ich suchte verzweifelt nach einem Argument, um ihn noch länger hier zu behalten. Dies war eine einmalige Gelegenheit unter Tausenden … es sei denn, Emmet checkte auch die nächsten Matheaufgaben nicht und wandte sich erneut hilfesuchend an mich. Nach meinem aktuellen Verhalten aber wohl eher unwahrscheinlich. „Schwimmen! Wir könnten eine Runde in unserem Pool schwimmen.“, schlug ich schließlich vor, doch riss ich hinterher eine dumme Grimasse. So sehr ich Emmets nackten Oberkörper gerne bewundern würde, so wäre das Wasser zu dieser Jahreszeit doch schon ein wenig zu kalt. Emmet dachte sich natürlich dasselbe, also schlug ich schnell was anderes vor: „Wir könnten auch eine Partei Schach gegeneinander spielen. Kannst du Schach?“ Von allen Spielen, die wir spielen konnten, musste es ausgerechnet Schach sein, das mir als Erstes in den Sinn kam? Liebe macht offenbar nicht nur blind, sondern auch noch behindert! „Sorry, aber ich kann kein Schach.“, erwiderte Emmet, dem mein seltsames Verhalten wohl langsam bewusst wurde und zwei Schritte rückwärts zur Tür machte. Er durfte nicht gehen! Wie von einer Tarantel gestochen, streckte ich meine Arme nach ihm aus, zog ihn an mich heran und presste ihm einen Kuss auf die Lippen. Ich hatte die Augen geschlossen, doch Emmets Augen waren ganz weit offen, starr vor Schreck. Schließlich drückte er mich wütend von sich weg. „Sag mal, bist du komplett übergeschnappt?!“, schrie er mich fassungslos an und damit war klar, dass er meine Gefühle wohl nicht erwiderte. „Ich hab nichts gegen Schwule, aber das was du hier gerade abziehst, ist echt link.“ Mit diesen Worten drehte sich Emmet um und verschwand aus meinem Zimmer. Wie versteinert stand ich in der Mitte meines Zimmers, unfähig irgendetwas zu sagen oder zu unternehmen. Ich hörte die Haustür zuknallen und kniff meine Augen zusammen. Bitte lass das nur ein übler Traum gewesen sein, bitte, bitte, bitte! Ich öffnete meine Augen wieder und stand noch an derselben Stelle, mein Matheheft zu meinen Füßen. Traurig blickte ich zum Fenster hinaus und zu dem Baumhaus, das im Garten stand und das Emmet vorhin noch so sehr bewunderte. Ich hätte ihm noch das Baumhaus zeigen können, das wäre noch eine gute Idee gewesen, die nun aber leider zu spät für mich kam. Es hätte ohnehin nichts an den Fakten geändert: Ich bin und bleibe allein.
Fortsetzung folgt ... am Freitag, den 16.September 2022!
Δ:Vater-4 Ich stand auf dem Balkon und grübelte vor mich hin. Wie lange ich da schon stand, konnte ich jedoch nicht sagen. Irgendwie fühlte sich auf einmal alles so zeitlos an. Der Himmel war bewölkt, doch es herrschte eine angenehme Temperatur. In hörte ein Gurren und als ich zu meinem Baumhaus hinüber blickte, konnte ich vier Tauben erkennen, die es sich darauf gemütlich machten. Inzwischen flog ein Rabe über unser Haus und unseren Garten hinweg. Ich blickte ihm noch ein Weilchen hinterher, als sich plötzlich eine Hand von hinten auf meine rechte Schulter legte. Ich erschrak furchtbar und wechselte sofort in den Angriffsmodus über, den mein Dad mir einmal gezeigt hat, nur um festzustellen, dass es kein geringerer als mein Dad selber war, der sich von hinten so an mich heran schlich. „Dad, du hast mich erschreckt!“, rief ich ihm laut entgegen. Mein Dad wirkte nicht minder erschrocken, doch sah er im Grunde schon sehr lange Zeit so aus. Das Leben hat ihm übel mitgespielt und das konnte ich auch von seinem Gesicht ablesen. „Tut mir Leid Dylan, ich hab dich gerufen, aber offenbar hast du mich nicht gehört.“ Mein Dad blickte mich besorgt an. Sein Vaterinstinkt schlug wieder zu und es schien so, als wüsste er ganz genau, dass es mir gerade nicht sonderlich gut ging. „Alles okay mit dir? Du siehst ein wenig blass im Gesicht aus.“, fragte er nach, während wir Beide in mein Zimmer gingen und ich die Balkontür wieder zusperrte. „Alles in Ordnung, Dad.“, log ich. Ich konnte ihm von meinem Liebeskummer nicht berichten, da ich ihn noch nicht einmal in Bezug auf meine sexuelle Orientierung eingeweiht habe. Die passende Gelegenheit hat sich bisher einfach nicht ergeben… „Hast du deine Hausaufgaben schon gemacht?“, fragte mein Dad mich und sah sich in meinem Zimmer um, indem er sich im Kreis drehte. „Ja hab ich, zusammen mit einem Schulfreund.“, antwortete ich ihm. „Oh, du hattest Besuch von einem Freund aus der Schule? Das ist toll …, das ist wirklich toll.“, mein Dad blickte mich an und ich konnte in seinem Augen ablesen, dass er sich in seiner aktuellen Haut etwas unwohl fühlte. Er fühlte sich in seiner Vaterrolle derzeit etwas verloren, das war mir klar. „Ich geh mich mal umziehen …, bis … später.“, sagte mein Dad und verließ mit einem aufgesetzten Lächeln mein Zimmer. Bevor die Tür hinter ihm zufiel, konnte ich noch einen letzten Blick auf seine Waffe werfen, die am Gürtel hing. Mein Dad war nämlich der Sheriff unserer kleinen amerikanischen Idylle und hatte demnach immer sehr viel zu tun. Der Vorteil jedoch war, dass er sich seine Arbeitszeit meist selbst einteilen konnte, so auch ob er nun tagsüber arbeitete oder eine Nachtschicht einlegte. Natürlich gab es aber auch Tage, da arbeitete mein Dad fast rund um die Uhr, weil ihn ein Fall mehr in Anspruch nahm und es zu unvorhergesehenen Ereignissen kam. Unvorhergesehene Ereignisse … die hielten leider auch in meiner Familie dieses Jahr Einzug…
Es vergingen etwa zehn Minuten, als mich mein Dad zu sich ins Wohnzimmer rief. Er hatte seine Hände auf seine Hüfte gelegt und blickte mich streng an. „Hatten wir gestern nicht ausgemacht, dass du heute den Rasen mähst?“ Ich rief mir das gestrige Vater-Sohn-Gespräch in Erinnerung und ließ mich zu einem leisen „Oh“ hinreißen. Mein Dad verdrehte die Augen, doch ließ das Thema erst einmal auf sich sitzen. Wir schlenderte in die Küche, als er zu mir sagte: „Warst du wenigsten beim Einkaufen, so wie wir Beide es abgemacht haben?“ Er öffnete den Kühlschrank … der leer war. Ich hatte völlig vergessen, dass ich zum Einkaufen gehen wollte. Die gescheiterte Annäherung mit Emmet nahm meinen restlichen Nachmittag völlig in Beschlag. Ich hab die Zeit um mich herum einfach vergessen. „Tut mir Leid, hab ich vergessen.“, entschuldigte ich mich traurig. Mein Dad ging mit mir eigentlich immer sehr einsichtig um, doch nun platzte auch ihm einmal der Kragen: „Du hattest nur diese zwei Aufgaben heute zu erledigen Dylan und keine davon hast du erledigt. Wir hatten eine Abmachung. Ich geh arbeiten, kümmere mich um unsere Finanzen und den anderen Papierkram, dafür hilfst du im Haushalt und Garten mit. Sonst funktioniert das hier nicht!“ „Ich hab doch gesagt, dass es mir Leid tut.“, erwiderte ich nun leider sehr angriffslustig. „Deine Entschuldigung hilft uns aber nicht weiter. Der Kühlschrank ist leer und wie glaubst du, soll ich uns nun ein Abendessen zubereiten?“ Mein Dad blickte mich streng an und ich erwiderte diesen Blick mit Wut und Trauer. „Dann geh ich halt jetzt zum Supermarkt.“, sagte ich aufmüpfig. „Nein tust du nicht. Heute ist Mittwoch, da macht der Supermarkt schon um 16 Uhr zu. Hast du das etwa auch vergessen?“ In der Tat hatte ich das und nun ließ ich meinen Kopf beschämt hängen. „Das hast du wirklich wieder hervorragend hingekriegt, mein Sohn!“ Nun reichte es mir wirklich. Egal ob ich Schuld daran hatte, dass der Kühlschrank leer und der Rasen nicht gemäht war. Die angestaute Wut bündelte sich und es krachte gewaltig: „Verdammt! Ich bin doch keine Maschine, die immerzu funktionieren muss! Ich bin ein Mensch, ein Kind, ich habe auch Gefühle, aber die sind dir seit Mum´s Tod offenbar völlig egal!“ Ich ließ meiner angestauten Wut freien Lauf. Mein Vater blickte mich erschüttert an und sagte kein Wort mehr zu mir. Inzwischen bildeten sich Tränen in meinen Augen, was die Situation für mich nur noch schlimmer machte. Ich wollte nicht weinen, jedenfalls nicht mehr, wenn dieses Thema zur Sprache kam. Mir war das unangenehm, also beschloss ich wegzurennen. Ich rannte aus der Küche, die Treppe hoch und sperrte mich im Badezimmer vorübergehend ein. Mein Dad war mir gefolgt und stand nun vor verschlossener Tür. Er klopfte ein paar Mal dagegen. „Dylan, bitte komm da raus. Es tut mir Leid was ich zu dir gesagt hab!“ Ich hörte ihn durch die Tür hindurch, doch wollte ich gerade nicht mehr mit ihm reden. Stattdessen drehte ich den Duschhahn auf und entledigte mich meiner gesamten Kleidung. Eine kalte Dusche würde mir jetzt sicher gut tun. Ich stieg also in die Dusche und ließ das kalte Wasser über meinen Körper fließen. Dabei schloss ich meine Augen und versuchte an nichts zu denken. Dies klappte nur bedingt. Ich musste zwar nicht an Emmet oder mein bevorstehendes Coming Out bei meinem Vater denken, dafür aber an meine Mutter, die vor fünf Monaten auf unerklärliche Weise verstarb. Es geschah alles so plötzlich. Wir saßen noch alle Drei gutgelaunt am Frühstückstisch, ehe mein Dad mich zur Schule fuhr und danach zu sich in die Arbeit. Als ich dann am frühen Nachmittag nach Hause kam, fand ich meine Mum schwer atmend auf dem Küchenboden wieder. Ich stand natürlich unter Schock, rief aber dennoch einen Krankenwagen und meinen Dad in der Arbeit an. Kurz darauf fanden wir uns alle im Krankenhaus wieder. Der zuständige Arzt teilte uns schließlich den Hirntod meiner Mutter mit. Es war der reinste Albtraum … und ist es auch heute noch.
Fortsetzung folgt ... am Montag, den 19.September 2022!
E:Sternschnuppe-5 Als ich mit Duschen fertig war, legte ich mir ein Handtuch um die Hüfte, öffnete die Badezimmertür erst einmal nur einen Spalt breit und lugte vorsichtig hindurch. Mein Dad hatte es offenbar aufgegeben mir im Flur aufzulauern und so konnte ich problemlos in mein Zimmer zurück schleichen. Inzwischen war die Sonnendämmerung hereingebrochen und tauchte mein Zimmer in ein warmes, wohlfühlendes Licht. Ich warf das Handtuch auf mein Bett und zog mir meine Schlafhose und mein Shirt an. Klar, es war zwar noch nicht Schlafenszeit, aber ich hatte heute sowieso nichts mehr vor, da konnte ich es mir genauso gut gemütlich machen. Wäre da nicht wieder mein Vater… „Darf ich reinkommen?“, fragte er mich, zwei Sekunden nachdem er an meiner Tür klopfte und ohne eine Antwort abzuwarten die Tür öffnete. „Du bist doch schon so gut wie drin, warum also die Frage?“, erwiderte ich gereizt, während ich in meinem Bett lag und in einem Comic blätterte, der mich gerade eigentlich gar nicht interessierte. Als Gegenmaßnahme, um den Augenkontakt mit meinem Dad zu vermeiden, eignete es sich jedoch gut. „Dylan, können wir bitte wieder normal miteinander reden.“, sagte mein Dad, nachdem er mein Zimmer nun gänzlich betrat und sich vor mich hinstellte. Nach wie vor schenkte ich ihm nur wenig Beachtung, indem ich weiterhin im Comic herum blätterte. „Dylan bitte!“ Mein Dad schien allmählich verzweifelt zu sein und eigentlich tat er mir ja auch leid, aber ich blieb dennoch stur. Mein Dad ging in die Hocke, um mit mir auf Augenhöhe zu sein. Ich glaubte schon, dass er mir gleich den Comic aus der Hand reißen würde und mich wieder zurechtwies, doch er tat nichts dergleichen. „Der Tod deiner Mutter, Dylan…“, nun horchte ich doch, was er mir zu sagen hatte, „…hat mich tief getroffen. Ich fühlte nur noch Trauer und hatte das Gefühl in ein tiefes schwarzes Loch zu fallen. Doch wollte ich für uns beide stark bleiben und unser weiteres Leben wieder in normale Bahnen lenken. Dabei hab ich wohl außer Acht gelassen, dass der Verlust deiner Mutter auch bei dir Spuren hinterlassen hat. Ich bin einfach töricht damit umgegangen und es tut mir Leid. Kannst du mir bitte verzeihen?!“ Ich ließ den Comic fallen und blickte meinen Vater seit unserem Streit in der Küche erstmals wieder in die Augen. Es war ein bewegender Moment, den ich so schnell sicher nicht wieder vergessen würde. „Ich verzeihe dir, weil ich weiß wie sehr du Mum geliebt hast.“, antwortete ich ihm schließlich und mein Dad blickte mich daraufhin traurig an. Er streckte seinen Arm aus und legte seine Hand auf meine Hand. „Wir vermissen sie beide sehr, doch sie wird leider nicht zu uns zurückkehren.“ „Nein das wird sie nicht, aber sie wird immer einen Platz in unseren Herzen haben und uns in die Zukunft begleiten, egal was sie uns auch bringen mag.“ Erstmals lächelte ich meinem Dad wieder zu und entschuldigte mich bei ihm für meinen Ausraster. Auch nahm ich seine Entschuldigung an. „Deine Mutter hat sich früher um alles gekümmert, während ich das Geld mit nach Hause brachte. Ich bin weder der perfekte Vater, noch ein ordentlicher Hausmann, aber genau wie du, bin auch ich bereit dazuzulernen. Hast du Lust mir dabei zu helfen?“ Ich lächelte meinem Dad erneut zu und nickte zufrieden. „Also schön, dann komm mit runter! Ich glaube wir haben noch ein paar Eier im Kühlschrank, aus dem sich ein leckeres Omelett zaubern lässt.“ Mein Dad stand auf und ging zur Tür, als ich ihn noch einmal zurück hielt: „Dad?!“ Aufrecht saß ich in meinem Bett und dachte fieberhaft darüber nach, wie ich mich vor meinem Dad am besten outen konnte. War der richtige Zeitpunkt dafür gerade gekommen? Mein Dad schien voller neuer Energie zu strotzen und lächelte mich begeistert an. Ich brachte es im Moment einfach nicht über mich, ihm noch mehr Sorgen aufzuhalsen, als ohnehin schon. „Ach nichts. Ich komme gleich runter.“
Beim Abendessen ging es recht fröhlich in der Küche zu. Mein Dad und ich bereiteten noch ein kleines, aber sehr feines Abendmahl zu, das uns beiden sehr gut bekam, während im Hintergrund das Radio lief, aus dem gerade Country-Musik klang. Am Tisch erzählte mein Dad mir zudem, dass heute Abend ein paar Astronomen auf dem Hügel östlich unserer Kleinstadt ihr Lager aufgestellt haben, um die Sternschnuppen in Augenschein zu nehmen, von denen auch Dr. Tibbet uns im Unterricht berichtete. „Keine Ahnung was diese Astronomen glauben am Nachthimmel zu entdecken, aber sie haben natürlich eine Genehmigung bei der Gemeinde beantragen müssen. Viel Papierkram und so weiter. Naja jedenfalls hat mich unsere geehrte Frau Bürgermeisterin darauf angesprochen und mich an das Ereignis vor zwölf Jahren erinnert. Du wirst dich daran nicht mehr erinnern können, du warst da schließlich erst drei Jahre alt, aber damals flog ein kleiner Meteorit vom Himmel herunter, genau auf die Farm des alten Woodstock. Hat damals für viel Aufsehen gesorgt. Sogar die Presse war da, obwohl sich sonst nie jemand für unsere Stadt interessiert. Naja … deshalb muss ich heute Nacht auch leider eine Extraschicht schieben. Komm nicht Drumherum.“ „Sternschnuppen … keine Ahnung was an denen so besonders toll sein soll.“, murmelte ich vor mich hin und gönnte mir anschließend ein Schluck frisch gepressten Orangensaft aus meinem Glas. „Die Menschen glauben fest daran, dass Sternschnuppen ihnen einen jeden Wunsch erfüllen können.“, erklärte mein Vater mir, obwohl ich das natürlich bereits wusste und von diesem Aberglauben nur wenig hielt. „Naja, ich muss los. Mach dir noch einen schönen Abend, mein Junge!“
Ich glaubte nicht daran, dass Sternschnuppen einem einen jeden Wunsch erfüllen, dennoch zog es mich ins Freie, als mein Dad sich wieder zur Arbeit begab. Nach dem heutigen Tag, tat mir die frische Nachtluft sicherlich besonders gut. Deshalb zog ich mir eine Jogginghose über meine Schlafhose und meinen Lieblingspullover an und ging anschließend hinaus in den Garten. Vor sechs Jahren haben mein Dad und ich das Baumhaus errichtet, während meine Mum für die kreative Innengestaltung verantwortlich war. Als es fertig war, wurde es zu meinem zweiten Zuhause und mein Dad und ich waren mächtig stolz darauf. Ich erlebte viele vergnügliche Stunden in diesem Baumhaus, dass mit der Zeit jedoch immer weniger genutzt wurde. Erst nach dem Tod meiner Mum, kam ich wieder öfters hierher, einfach um nachzudenken und allein zu sein. Ich setzte mich an die Kante des Baumhauses und ließ meine Füße in der Luft hinunter baumeln. Über mir funkelte der Nachthimmel, doch die grauen Wolken, die tagsüber zugeben waren, waren auch jetzt noch zu sehen. Hier und da leuchtete jedoch ein Stern hindurch. Ich glaubte nicht daran, heute Abend eine Sternschnuppe zu erspähen, doch wie so oft im Leben wurde man eines Besseren belehrt. Ein heller Strahl blitzte durch die Wolken hindurch. Es war tatsächlich eine Sternschnuppe! Wenn ich nun schon eine zu Gesicht bekam, dann konnte ich mir genauso gut etwas wünschen, dachte ich mir. Ich kniff meine Augen also fest zusammen und wünschte mir was. Noch während meine Augen geschlossen waren, hörte ich in unmittelbarer Nähe ein Platschen!
Fortsetzung folgt ... am Mittwoch, den 21.September 2022!
Z:Kontakt-6 Zuerst sah ich die Sternschnuppe, dann schloss ich meine Augen und wünschte mir was. Doch noch während ich meine Augen geschlossen hielt, spürte ich ein helles Licht um mich herum und ein sanfter Windstoß zog an mir vorbei. Ich hörte das Platschen von Wasser, das eigentlich nur aus unserem Pool stammen konnte, da keiner unserer Nachbarn ein Pool besaß. Ich öffnete also wieder meine Augen und stand auf. Was könnte das gewesen sein? Ich ging auf die andere Seite unseres Baumhauses und blickte behutsam hinunter. Irgendetwas war im Pool gelandet, das stand außer Frage, denn ich konnte ringförmige Wellen erkennen, als ob jemand einen Stein rein geworfen hätte. Doch was war es? Ich kletterte die Leiter hinunter, um nachzusehen. Hatte sich vielleicht jemand unerlaubten Zutritt in unseren Garten erlaubt? Derjenige könnte sich auf einiges gefasst machen, denn der Sohn eines Polizisten hielt hier gerade seine Wache. Ich wartete, bis sich die seichten Wellen ein wenig gelegt hatten und ich mehr erkennen konnte. Als die Wasseroberfläche wieder ruhiger wurde, erkannte ich etwas Orangenfarbenes. Etwas Orangenfarbenes? Okay, das wollte so gar keinen Sinn ergeben. Was immer sich auch im Pool befand, es trieb nicht wieder an die Oberfläche zurück. Wenn es ein Mensch war, dann würde er bald ertrinken, dachte ich mir. Ich hatte ehrlich gesagt so gar keine Lust auf einen Tauchgang, doch wenn es nicht anders ging, dann würde ich natürlich reinspringen und der Person das Leben retten. Ich näherte mich dem Pool und ging auf die Knie, um mehr zu erkennen. Ich starrte ins Wasser und auf das, was sich darin befand. Sehr menschlich sah es irgendwie nicht aus, allerdings trug es eine blaue Jeans. Plötzlich öffneten sich zwei strahlend blaue Augen und die Gestalt kam wie eine Rakete an die Wasseroberfläche geschwommen. Dabei schrie es einen erfreuten Jubelschrei aus, der in etwa so klang: „Jiiiihaaaa!“ Die Gestalt sprang aus dem Wasser und über mich drüber, legte einen Dreifachsalto hin, bei dem es Wassertropfen auf mich herabregnete, und landete butterweich im Gras hinter mir auf zwei Beinen. Die Gestalt grinste über beide Ohren, sofern das überhaupt Ohren waren, denn jetzt war ich mir zu einhundert Prozent sicher, dass es kein menschliches Erdenwesen war. Mit offenem Mund starrte ich es von oben bis unten an. Es besaß eine menschliche Statur, doch unterschied es sich in vielerlei Hinsicht von einem Menschen. Zunächst einmal hatte es eine orangefarbene Haut und eine sonnengelbe Frisur, die natürlich gerade nass war. Es hatte Hände und Füße, doch nur jeweils vier Finger an jeder Hand und vier Zehen an jedem Fuß. Die Ohren waren spitz wie die eines Elfen und zwei kurze Fühler wuchsen aus seine Kopf heraus, die wie kleine Antennen aussahen. Seine Augen waren wunderschön blau und aus seinem Mund wuchsen zwei Eckzähne, allerdings nicht so scharf wie bei einem Vampir. Immerhin die Nase hatte Ähnlichkeit mit dem eines Menschen und auch die blaue Jeans, die er trug machte einen positiven Eindruck auf mich. Über seinen Oberkörper trug er eine grüne Stoffweste, doch konnte ich an den freien Stellen erkennen, dass es eine gutgeprägte Muskulatur besaß. War es nun ein Monster? Keine Ahnung, aber fürchten tu ich mich seltsamerweise nicht, dafür war ich zu neugierig auf das neue Geschöpf vor meinen Augen. Ich stand langsam auf, doch mein Mund blieb offen und meine Augen waren fest auf das fremde Wesen vor mir gerichtet. Es sah mich an und ich konnte ein Funkeln in seinen Augen erkennen. Es wirkte nicht bösartig auf mich. Ich trat schließlich vorsichtig näher, einen Schritt nach dem anderen. Bis ich nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt war und ich quasi seinen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Zaghaft streckte ich meinen rechten Arm aus. Ich wollte das fremde Wesen vor mir berühren, es anfassen, nur um mir selbst zu beweisen, dass das gerade kein Traum war. Das Wesen hielt still, als wartete es nur darauf, dass ich es berührte. Mein Handrücken streifte seinen Oberkörper, doch war mein Ziel sein Gesicht, das ich anschließend berührte. Sofort breitete sich eine Gänsehaut auf meinem Rücken aus. Das Wesen fühlte sich nicht wie ein Mensch an. Seine Haut war nicht so zart und weich wie die Unsere, sie fühlte sich eher wie Gummi an, dass jedoch von einer ganz dünnen Fellschicht überzogen war. Es war einfach nur phänomenal und ich ließ mich zu einem begeisterten Lächeln hinreißen. Nun setzte sich auch das Wesen in Bewegung und tat dasselbe wie ich. Es legte seine rechte Hand vorsichtig auf mein Gesicht und lächelte mich an. Gänsehautmoment pur! „Wer oder was bist du?“, fragte ich anschließend, um den nächsten Schritt zu wagen. Zu meiner Freude, antwortete mir das Wesen sogar: „Evo!“ Doch das sagte mir leider so gar nichts. „Evo?“ Ich blickte das Wesen an und stellte mir die Frage, ob es von einem anderen Planeten kam. Natürlich musste ich mir diese Frage stellen, denn menschlich sah es keinesfalls aus. Ich musste mehr in Erfahrung bringen: „Woher kommst du?“ „In deiner Sprache würde mein Heimatplanet wohl Neró heißen, Evo.“, antwortete das Wesen mir freundlich und es überraschte mich, dass er mir in meiner Sprache antwortete. „A-Aber woher …?“, fragte ich irritiert, doch schien das Wesen meine Frage bereits geahnt zu haben. „Ich bin schnell lernfähig in Bezug auf Sprachkenntnisse, Evo. Ich kann fast alle Sprachen deiner Welt, Evo. Hier eine kleine Kostprobe, Evo: „Měihǎo de yītiān“, das heißt „Guten Tag“ auf Chinesisch, Evo. „Creo que eres agradable“, das heißt „Ich finde dich nett“ auf Spanisch, Evo. „Таны нэр юу вэ?“, das heißt „Wie heißt du?“ auf Mongolisch, Evo. Und „Quot annorum es?“, heißt „Wie alt bist du?“ auf Latein, Evo.“ Ich fand dieses Wesen namens Evo äußerst sympathisch. Deshalb wollte ich seine Fragen auch gerne beantworten: „Hi, ich heiße Dylan Winter und bin fünfzehn Jahre alt.“ „Es freut mich sehr deine Bekanntschaft zu machen Dylan Winter, Evo. Mein vollständiger Name lautet O:Evo-1570, aber mein Alter kann ich dir leider nicht nennen, da ich keins besitze, Evo.“ Sein Name gab mir allerlei Rätsel auf. Doch dieses zu lösen, hatte Zeit bis morgen früh. „Es wird allmählich frisch hier draußen.“, sagte ich und steckte mir die Hände in die Hosentasche. „Lass uns reingehen. Ich bin allein zu Hause, dich wird also niemand sehen. Hast du vor länger zu bleiben? Wenn ja, kannst du ja bei uns wohnen. Mein Dad wird begeistert sein, ein Alien in unseren vier Wänden wohnen zu lassen. Wir hatten nämlich noch nie ein Alien zu Gast.“ „Ich bleibe gerne länger …, Evo.“, sagte Evo, in dessen Stimme sich plötzlich etwas Trauriges heraus kristallisierte. „Ihr wohnt in vier Wänden, Evo? Ist das nicht unbequem und schmerzhaft, Evo?“ „Was? Oh nein, das ist nur ein Sprichwort, das wir Menschen gerne benutzen.“, sagte ich lachend und Evo schien mich zu verstehen, glaubte ich … „Dieses ‚Evo‘ an jedem Satzende ist verstörend.“ „Tut mir Leid, eine alte Angewohnheit. Ich kann es auch sein lassen. Siehst du?“ Evo grinste mich breit an und ich lächelte dankbar zurück, als ich ein weiteres Merkmal an seinem Körper feststellte, dass sich vom Menschen unterschied. Es ragte plötzlich wie aus dem Nichts hinten aus ihm heraus. „Oh …, du hast aber einen langen Schwanz!“
Fortsetzung folgt ... am Freitag, den 23.September 2022!
H:Nacht-7 Ein Außerirdischer! Ein leibhaftiger Außerirdischer! Ein Außerirdischer in meinem Garten! Sein Name war O:Evo-1570, wie auch immer dieser Name auszusprechen war und was er bedeuten würde, denn bis auf die Tatsache, dass er nicht von der Erde stammte, sondern von einem Planeten namens Neró, wusste ich rein gar nichts über ihn. Ist es überhaupt ein „er“? Vielleicht ist es auch eine „sie“? Es könnte aber auch frei von jedem Geschlecht sein, doch wie pflanzte sich seine Rasse dann fort? Ob sie Eier legen, wie es Vögel oder Schildkröten tun? Wie lange existierten sie schon und wo genau befand sich sein Planet? Die interessanteste Frage jedoch war, was er auf unserem Planeten zu suchen hatte? Ist das der Beginn einer Invasion von Außerirdischen, wie man sie schon so oft in kitschigen Blockbuster-Filmen gesehen hat? Vielleicht will er aber auch einfach nur nach Hause telefonieren á la E.T. Ob unsere amerikanische Regierung und die NASA bereits wussten, dass ein Lebewesen von einem anderen Stern auf unserem Planeten gelandet ist? Wenn ja, würden sie hier bald auftauchen, versuchen ihn einzufangen und dann in einen isolierten Käfig stecken, um Experimente an ihm auszuprobieren? „Wieso bist du stehen geblieben?“, fragte Evo mich nach einer Weile, da ich vollkommen in meinen Gedanken versunken war und wie versteinert auf der Terrasse vor der Wohnzimmertür stand. „Wenn wir in dein Haus rein wollen, musst du die Tür öffnen …, oder weißt du nicht wie man eine Tür öffnet?“ Ich schüttelte den Kopf. „Natürlich weiß ich wie man eine Tür öffnet.“ Gesagt getan. Ich schob die Wohnzimmertür zur Seite und wir stapften leise ins Wohnzimmer. Evo sah sich neugierig um und ich konnte dabei beobachten, wie seine Augen größer und größer wurden. Ich lächelte, denn er wirkte wie ein kleines Kind auf mich, dass Bauklötze staunt. „Also äh, das ist unser Wohnzimmer. Mein Dad und ich wohnen hier alleine, sieh dich ruhig ein wenig um, solange du keine Schneise der Verwüstung hinterlässt. Für Verwüstung sorgt Hannibal schon immer reichlich.“ „Hannibal? Der Mann, der gegen Rom so oft Krieg führte? Der lebt noch?!“, gab Evo überrascht von sich, doch war ich nicht minder überrascht, dass er diesen Mann überhaupt kannte. „Wie ich sehe, beherrscht du nicht nur unsere Sprache, sondern hast auch unsere Geschichten studiert. Doch in diesem Fall ist Hannibal kein Mensch, sondern unser Kater.“ „Kater?“ Evo blickte mich verwirrt an. „Etwa eines dieser ‚Miau-ich-will-gestreichelt-werden-Dinger‘ „Ähm ja …“, antwortete ich ihm mit einem dezenten Schmunzeln im Gesicht. „Hannibal ist ein Kater und unser Haustier.“ „Dass ihr Menschen euch Tiere als Haustiere haltet, davon hab ich schon gelesen. Das ist ziemlich widerwärtig, wenn du mich fragst.“ Evo sah mich mit ernster Miene an, doch konnte ich darauf nichts entgegensetzen. Doch auf einmal lächelte mich Evo wieder an und er sagte: „Darf ich jetzt das Objekt eurer Trägheit begutachten? Man sagt, dass ihr euch darin wie im siebten Himmel fühlt und dort eure wildesten Fantasien auslebt.“ „Unser Objekt der Trägheit? Meinst du vielleicht ein Bett? Komm mit mir, dann siehst du eins.“ Wir verließen das Wohnzimmer und marschierten in den Flur und danach die Treppe hinauf ins nächste Stockwerk. Ich ließ das Licht im Haus aus, um nicht Gefahr zu laufen, dass jemand von draußen Evo zu Gesicht bekam, aber auch, weil der Mond diese Nacht so hell leuchtete, dass ich es nicht für notwendig hielt, das Licht einzuschalten. Man konnte genug sehen. Evo sah sich weiterhin begeistert und zugleich neugierig um. So entdeckte er auch meine Mutter auf einen der vielen Bilder, die an der Wand hingen, als wir die Treppe rauf stolzierten. „Deine Mama und dein Papa?“, fragte er mich und zeigte mit seinem orangefarbenen Finger auf meine Eltern, während er mich mit seinen großen blauen Augen anstarrte. Das Bild war bereits zehn Jahre alt und darauf waren meine Eltern und ich an einem sonnigen Sommertag zu sehen, wie wir uns auf einem Spielplatz befanden. Mein Dad hielt mich an der linken Hand und meine Mum an der rechten, während sie mich ausgelassen in die Lüfte hoben und dabei fröhlich lachten. Ich nickte Evo nur zu, denn bei der Erwähnung meiner Mutter musste ich wieder einmal kräftig schlucken. Der Verlust saß einfach immer noch sehr tief. Evo schien zu spüren, dass es mir nicht so gut ging, denn auf einmal spürte ich seine gummifellartige Hand auf meiner rechten Wange. Zuerst bekam ich eine Gänsehaut davon, doch dieses Gefühl wich schnell einem sehr warmen und geborgenen Gefühl. Evo streichelte mir zärtlich über die Wange und lächelte mich zugleich traurig an. Es war ein sehr bewegender Moment, der von einem Miauen unterbrochen wurde. In der Dunkelheit konnte ich etwas Schwarz-Weißes aus dem Schlafzimmer meiner Eltern heraustapsen sehen. „Hannibaaal …“, sagte ich mit einer tadelnden Stimme, während ich die letzten Stufen im Galopp nahm und den Kater in meine Arme hochhievte. „Warst du schon wieder an Daddys wertvoller Medaillon-Sammlung? Du weißt ganz genau, dass er das nicht gerne hat.“ „Oooooh, das ist also Hannibal.“, hörte ich Evo staunend hinter mir sagen. Ich hatte erwartet, dass Hannibal beim Anblick von Evo verrücktspielt und anfängt zu fauchen und um sich zu kratzen, doch schien der Kater genauso neugierig zu sein, wie unser außerirdischer Gast. „Möchtest du ihn mal halten?“, fragte ich Evo lächelnd und er nickte sofort mit dem Kopf. Ich reichte ihm den Kater also vorsichtig in die Arme und konnte dabei zusehen, wie die beiden Freundschaft miteinander zu schließen schienen. Mit Hannibal in seinen Armen folgte mir Evo schließlich auch in mein Zimmer, in dem er dann auch das ‚Objekt unserer Trägheit‘ bewundern konnte. „Wir nennen es Bett und schlafen darin, wenn wir nach einem langen Tag müde und erschöpft sind. Was wir dann träumen, können wir uns nicht aussuchen, denn es passiert einfach…“ „Ooooh.“ Ob Evo überhaupt verstand, was ich ihm da zu erklären versuchte? Naja auch egal… „Ich glaube wir haben in der Abstellkammer noch eine alte Matratze, auf der du heute Nacht schlafen kannst und eine Decke und ein Kissen hol ich dir selbstverständlich auch. Ich bin gleich wieder da. Ich ließ Evo mit Hannibal alleine in meinem Zimmer, doch hielt ich das kurz darauf für einen großen Fehler. Was wenn Evo eine Art Kannibale war und Hannibal nun lebendig verspeiste. Panik machte sich plötzlich in mir breit und mit Matratze und Bettzeug unter den Armen machte ich mich schnell auf den Rückweg in mein Zimmer. Dort angekommen lag es nun an mir, große Augen zu machen. Evo lag zusammen mit Hannibal in seinen Armen in meinem weichen und gemütlichen Bett und schlief. Dies machte mich zwar ein wenig wütend, doch sahen sie irgendwie süß zusammen aus. Ich legte die zusätzliche Matratze neben meinen Schreibtisch und musste wohl oder übel selber darauf nächtigen. Morgen würde ein interessanter Tag werden … Dad wird in Ohnmacht fallen!
Fortsetzung folgt ... am Montag, den 26.September 2022!
Guten Morgen! Heute gibt es eine kleine Besonderheit im Kapitel, denn ich hab einen Musiklink eingefügt. Ihr könnt euch das Lied ganz einfach anhören, wenn ihr auf das leicht blau gefärbte Wort klickt. In diesem Fall ist das Wort 'Lied'. Viel Spaß beim Hören ..., oder auch nicht .
Θ:Erwachen-8 Ich hatte meine Augen noch geschlossen, doch konnte ich schon die ersten Sonnenstrahlen auf meiner Haut spüren. Ein neuer Tag brach an, doch wie an jedem Morgen, wollte ich auch heute einfach noch nicht aufstehen. Ich hatte einen echt abgefahrenen Traum. Ich träumte davon, wie ein Wesen aus dem Weltall vom Himmel in unseren Pool fiel. Es nannte sich Evo und seine Haut war wie Gummi, doch mit einer dünnen Fellschicht bedeckt. Zudem war es komplett orange, hatte gelbe Haare und einen langen Schwanz, der ihm hinten rausragte. Ich sag ja … abgefahren. Ich vernahm Vogelgezwitscher aus unserem Garten. Bestimmt saßen wieder ein paar Vögel in dem von mir und meinem Dad errichteten Baumhaus. Eine sanfte Herbstbrise zog durch mein Zimmer, da ich mein Fenster zumeist gekippt hielt. Ich drehte mich um und kuschelte mich enger an meine Bettdecke. Mein Dad wird mich schon aus dem Bett treiben, wenn ich mal wieder nicht auf die Beine kam, denn das tat er immer. Früh aufstehen lag mir nun einmal nicht. Schule um acht Uhr sollte verboten werden. Ich hielt meine Augen weiterhin geschlossen und wartete … und wartete … und … Moment mal! Neben dem Vogelgezwitscher vernahm ich noch ein ganz anders Geräusch. Es klang wie Musik – um furchtbare Musik! Seit wann hört mein Dad sich so eine grauenvolle Musik an? Das ist eindeutig keine Country-Musik, sondern eher Musik bis die Ohren bluteten. Auf einmal hörte ich auch die Stimme meines Dad´s im Flur laut sagen: „Es ist ja schön, dass du heute mal früh auf den Beinen bist, aber könntest du die Musik bitte etwas leiser drehen, Dylan?!“ Dylan? Aber ich bin doch Dylan und die Musik kam auch nicht von mir. Mit wem in Herrgottes Namen quatschte mein Dad also da? Ich beschloss aus meinem Bett aufzustehen, doch der Weg für meine Füße zum Boden war alles andere weit – denn ich lag bereits zur Hälfte auf dem Boden! Da schieß mir doch einer den Mond in die Umlaufbahn! Jetzt erinnere ich mich wieder! Letzte Nacht, der Außerirdische aus dem Weltall! Das war kein Traum, sondern es ist wirklich geschehen! Mit einem Mal war ich hellwach und stand auf zwei Beinen. Meine Augen wanderten zu meinem Bett, in dem letzte Nacht das Wesen namens Evo gelegen hat. Das Bett war nun leer und auch Hannibal schien inzwischen wieder das Weite gesucht zu haben. Komischerweise lag die Bettdecke da, wo normalerweise das Kopfkissen lag, während ich das Kopfkissen am Boden vorfand. Der muss ja in der Nacht um sich geschlagen haben wie ein Boxweltmeister. Evo war real und er war bei mir Zuhause! Doch um ganz sicher zu sein, wollte ich das lieber noch einmal genauer überprüfen. Die Musik kam aus dem Badezimmer und mein Dad schien dem Glauben verfallen zu sein, ich würde mich gerade dort drin aufhalten. Das konnte nur bedeuten, dass er Evo noch nicht entdeckt hat. Natürlich nicht, denn dann hätte ich schon längst einen Schuss aus seiner Dienstwaffe gehört, die jegliche Musik und Vogelgezwitscher bei weitem übertönt hätte. Wie sollte ich meinem Dad nur schonend beibringen, dass wir ein Alien in unseren vier Wänden haben? Er wird durchdrehen. Noch in Schlafhose und Shirt betrat ich vorsichtig den Flur. Aus der Küche von unten vernahm ich klirrendes Geschirr und der angenehme Duft von frischem Kaffee zog mir durch die Nase. Mein Dad befand sich wohl gerade beim Frühstück. Barfuß näherte ich mich dem Badezimmer und versuchte an der Tür zu lauschen. Die furchtbare Musik schien in einer Dauerschleife zu laufen, denn das Lied begann immer wieder vorne. Mir hing es bereits nach einmaligem Hören zu den Ohren raus. Ich klopfte an der Tür und flüsterte leise: „Evo? Bist du da drin? Mach bitte die Tür auf!“ Ich nahm natürlich an, dass das Badezimmer von innen abgeriegelt war, doch da irrte ich mich. Als ich die Türklinke hinunter drückte, ließ sie sich ganz einfach öffnen. Sofort schoss mir heißer Dampf entgegen und als ich das Badezimmer betrat, hatte ich das Gefühl eine Sauna zu betreten. Doch die schwüle Hitze war nichts im Vergleich dazu, was mich sonst noch da drinnen erwartete. Es herrschte ein heilloses Durcheinander. Überall am Boden waren Handtücher verteilt, eine Rolle Klopapier hatte sich komplett entrollt und hing zum Teil auch über der Kloschüssel, und der Spiegel über dem Waschbecken war mit Rasierschaum bedeckt. Nur stellenweise konnte man noch einen Spiegel darunter erkennen, da ein großer Smiley mir entgegen lachte. Ich hingegen fand dass alles andere als lustig, vor allem als ich endlich Evo entdeckte, der feuchtfröhlich ein Schaumbad in der Badewanne nahm. Sein ganzer Körper war von Schaum umgeben, ja sogar auf dem Boden und an den Wänden befand sich noch reichlich Schaum. Lediglich sein langer Schwanz hing noch etwas hinaus. Sein Kopf war mit der Haube meiner verstorbenen Mutter bedeckt, die sie immer dann trug, wenn sie nicht wollte, dass ihre Haare nass wurden. Ein gelbes Quietsche-Entchen plantschte auch noch mit. Mir blieb die Zunge im Halse stecken und konnte nur noch folgendes von mir geben: „What the fuck!“ „Heeey Dylan!“, begrüßte mich Evo erfreut und spritzte mit dem Schaum rum. „Guck mal, ich habe euren Wasserspielplatz gefunden. Ist das nicht toll?“ „Hier sieht es ja furchtbar aus, aber das erklärt jetzt auch dieses nervige Lied, dass du dir da die ganze Zeit anhörst. Mal ganz davon abgesehen, sperre das nächste Mal wenigstens hinter dir zu, oder willst du, dass mein Dad einen Herzinfarkt erleidet? Ich hab schon ein Elternteil verloren.“ „Oh, bist du sauer auf mich?“, fragte Evo mich nun mit deprimierter Miene. Ich musste kurz überlegen, aber wirklich sauer war ich eigentlich gar nicht. Innerlich fand ich es sogar ganz amüsant, wie es hier im Badezimmer aussah – und vor allem wie Evo in der Wanne aussah! „Nein, ich bin nicht sauer, aber dieses Chaos muss wieder bereinigt werden und zwar sofort!“ Sofort war wohl leider nicht schnell genug, denn auf einmal hörte ich die Stimme meines Vaters im Flur draußen. „Dylan, wie lange willst du eigentlich noch da drin bleiben? Die Schule beginnt bald und du hast auch noch gar nicht gefrühstückt. Ich war heute früh extra beim Bäcker um frische Brötchen zu kaufen.“ „Äh … ich bin gleich fertig Dad!“, rief ich entgegen und hielt meinen rechten Zeigefinger zugleich vor den Mund, damit Evo kein Mucks von sich gab. Doch das verstand er wohl leider nicht … „Hallooo, Vater von Dylan!“, rief Evo meinem Dad laut zu und mein Herz blieb stehen.
Fortsetzung folgt ... am Mittwoch, den 28.September 2022!
I:Regeln-9 Schon immer gab es gewisse Regeln in diesem Haus – die wohl hauptsächlich an mich gerichtet waren, damit ich nicht so viel Unfug anstellte. Regel Nummer 1: Gehe niemals fort, ohne dem anderen Bescheid zu sagen, wohin du gehst und wann du wieder kommst. Regel Nummer 2: Sei bis spätestens 22 Uhr wieder Zuhause, oder es gibt Hausarrest. Regel Nummer 3: Es wird gegessen was auf den Tisch kommt. Regel Nummer 4: Sei ehrlich zu anderen, denn auch du möchtest, dass man ehrlich zu dir ist. Regel Nummer 5: Bring keine fremden Leute mit nach Hause, ohne es vorher mit dem anderen abzusprechen. Regel Nummer 6: Finger weg von der Dienstwaffe deines Vaters! Nun gut, eigentlich habe ich ja nicht wirklich gegen Regel Nummer 5 verstoßen. Schließlich hab ich niemand Fremdes mit nach Hause gebracht, er ist einfach in unserem Pool gelandet Demnach ist es wohl eher ein Eindringling, aber wie man es auch dreht und wendet … mein Dad rastete aus! Und das Regel Nummer 6 speziell für mich vorgesehen war, dürfte wohl auch klar sein, denn mein Dad zog es vor, seine Dienstwaffe jederzeit in die Finger zu nehmen, wenn ihm danach stand. So auch jetzt! „DAD! Jetzt warte doch bitte!“, schrie ich ihm hinterher, doch da rannte er auch schon die Treppe runter, um seine Dienstwaffe zu holen. Es herrschte eine explodierende Stimmung in unseren vier Wänden und das hatte viel mehr mit dem Außerirdischen Evo zu tun, als mit dem heillosen Chaos, das in unserem Badezimmer herrschte. „Evo, du solltest jetzt besser schnell verschwinden. Wenn mein Dad so drauf ist, ist er weder ansprechbar, noch aufzuhalten.“, warnte ich das fremde Wesen. „Mag dein Dad mich etwa nicht?“, fragte mich Evo unbekümmert, während er klatschnass vor mir stand und mit nichts weiter als ein Handtuch um die Hüfte bekleidet war. Seine unschuldige Miene und sein etwas kindliches Verhalten, ließen ihn sehr süß auf mich wirken. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was ich sah, als er aus der Badewanne stieg und jeglicher Badeschaum von ihm abfiel. Wer hätte gedacht, dass auch Außerirdische vorne rum so gut bestückt sind. Eines stand nun jedenfalls fest: Evo ist definitiv männlich und besaß mehr als nur EINEN langen Schwanz, der ihm hinten rausragte! Wenn der Spiegel gerade nicht voller Rasierschaum wäre, könnte ich mich darin sehen, wie ich rot wie eine Tomate anlief. Na wenigstens konnte ich die Beule in meiner Hose halbwegs unterdrücken. Das ist doch verrückt! Ein Außerirdischer der mich anturnt! „Evo, jetzt verschwinde endlich!“, forderte ich Evo erneut auf. „Mein Dad ist gerade dabei seine Waffe zu holen und glaube mir, der zögert keine Sekunde, um auf dich zu schießen.“ „Waffe? Schießen? Hab ich denn was Böses angestellt?“, fragte Evo mich weiterhin mit seiner unschuldigen und unbeholfenen Art. Ich wurde zunehmend nervös und ängstlich. Ich fand Evo nett, von ihm schien keine Gefahr auszugehen. Doch wie sollte ich das meinem Dad verklickern? Hier steht schließlich ein waschechter Außerirdischer … splitterfasernackt…! „Bitte Evo…“, drängte ich nun panisch, während ich ihm am Arm packte und aus dem Badezimmer schleifen wollte, da ich meinen Dad die Treppe raufpoltern hören konnte. „Evo kann und will aber nicht gehen.“ Ich blickte Evo verständnislos an, während dieser aber fest entschlossen zu sein schien. „Evo ist doch nur deinetwegen gekommen. Ich bin das Ergebnis deines Wunsches!“ Nun war ich wirklich überrascht und ich war nicht der Einzige! Mit gezogener Waffe stand mein Dad vor uns, der die gleichen Worte wie ich vernahm. Seine Augen waren auf Evo gerichtet, doch wanderten sie gelegentlich zu mir und wieder zurück. „Bitte, Vater von Dylan, erschießen Sie mich nicht. Ich will Ihnen und ihrem Sohn keinen Schaden zufügen. Ich will ihnen wirklich nur helfen!“ „H-Helfen? Wieso sollte ei-ein Wesen wie DU uns bitte helfen wollen?“, fragte mein Dad ihn und ich konnte die Furcht vor dem Unbekannten in seinem Gesicht ablesen. „Ich weiß ja noch nicht einmal was genau du eigentlich bist! Du könntest ein fleischfressendes Monster sein, oder ein Parasit, der unheilbare Krankheiten überträgt. Wir wissen schließlich gar nichts über dich – ICH weiß gar nichts über dich!“ Und genau dies schien das Problem zu sein. Vermutlich ging es meinem Dad nicht einmal darum, dass Evo ein Außerirdischer war, denn gegen das Übernatürliche und neuartige Dinge war mein Dad immer recht aufgeschlossen. Als Polizist stellte er liebend gerne Nachforschungen über alle möglichen Sachen an, auch um sich selbst weiterzubilden. Etwas was er nicht kannte, bereitete ihm Angst, beziehungsweise dem oder das misstraute er, bis er mehr darüber wusste. Deshalb auch Regel Nummer 5, keine Fremden mit nach Hause zu bringen. Hinzu kam, dass er mich einfach nur vor allen möglichen Gefahren beschützen wollte. Das fing schon an, als ich noch ein kleiner Steppke war und Rutschen auf Spielplätzen nach möglichen Mängeln absuchte. Weiter ging es, als ich in die erste Klasse kam und mein Dad alles Mögliche über meinen Klassenkameraden herauszufinden versuchte, indem er mit allen betreffenden Elternteilen redete. Und so ging es weiter und weiter. Nach dem Tod meiner Mum wurde es zunehmend schlimmer, aber schließlich will er nur eines: Mich beschützen! Mich zu verlieren, würde ihn den Rest geben und ihn in ein tiefes schwarzes Loch fallen lassen, aus dem er nie wieder herauskäme. Doch in diesem Fall glaubte ich, dass ich keinen Schutz notwendig hatte und deshalb entschloss ich mich zu folgender Tat: Ich stellte mich zwischen Evo und den Lauf der Pistole meines Vaters. „Dylan, was tust du denn da?!“ „Bitte tu ihm nichts Dad!“, flehte ich ihn an. „Ich weiß wir wissen nichts über ihn, aber mein Gefühl sagt mir, dass er uns keinen Schaden zufügen will. Gib ihm wenigstens eine Chance.“ Mit meinen sanften Kulleraugen hatte ich meinen Blick starr auf meinen Dad gerichtet. Ich konnte noch immer die Angst und Besorgnis in seinem Gesicht erkennen, doch auch, dass er Vertrauen zu mir hatte. Er nahm schließlich seine Waffe leicht runter, ehe er sie ganz in seine Gürteltasche zurücksteckte. „Huuuiiii, das war aber aufregend.“, hörte ich Evo hinter mir sagen und als ich mich zu ihm umdrehte, grinste er uns über beide Ohren an, indessen ihm das Handtuch von der Hüfte glitt und er wieder splitterfasernackt und in vollster Pracht vor uns stand. Wieder lief ich rot an. „In fünf Minuten. In der Küche!“, befahl mein Dad, der zugleich die Treppe runtermarschierte. Fünf Minuten später fanden wir uns alle Drei – angezogen – in der Küche wieder. Mein Dad fing an Evo einige Fragen zu stellen, doch konnte er nicht viel mehr in Erfahrung bringen, als ich bereits wusste. Das er vom Planeten Neró stammte, schnell lernfähig war und er als Sternschnuppe vom Himmel stürzte, nur weil ich mir etwas gewünscht hatte. Was jedoch neu für mich war, war Evos Antwort auf die Frage, ob er weiß, wie er wieder auf seinen Planeten zurückkäme. Die lautete nämlich: „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich überhaupt jemals wieder auf meinen Heimatplaneten zurück kann. Eine Regel bei uns besagt nämlich, dass wenn wir uns mit fremden Lebewesen anfreunden, wir für immer verstoßen werden.“ „Eine Regel die mir gar nicht mal so missfällt.“, meinte mein Dad daraufhin sarkastisch, mit einem strengen elterlichen Seitenblick auf mich gerichtet. Daraufhin entgegnete ich jedoch: „Regeln sind dazu da, um gebrochen zu werden.“ „Die Regeln in unserem Haus nicht und ab sofort gibt es auch eine Regel Nummer 7.“, sagte mein Dad und ich rollte schon innerlich mit den Augen. Doch Evo und ich hörten ihm aufmerksam zu. „Evo darf fürs ERSTE bei uns wohnen bleiben, doch ihn darf KEINER sehen! Des Weiteren wird das Chaos im Badezimmer bereinigt, oder ich überlege mir, ob ich nicht doch noch Gebrauch von meiner Waffe mache!“ Mir fiel ein Stein vom Herzen, war überglücklich und meinem Dad so unglaublich dankbar. Evo ging es wohl ganz genauso, denn der nahm meinen Dad zu dessen Überraschung vor Freude in die Arme und ich konnte mein Grinsen nicht mehr länger verbergen.
Fortsetzung folgt ... am Freitag, den 30.September 2022!
Ab heute wird es vor jedem Kapitel auch eine Liste aller Charaktere geben, die in dem Kapitel auftauchen, oder erwähnt werden.
Hauptrollen: Dylan Winter: Er ist homosexuell und hegt Gefühle für seinen Mitschüler Emmet. Dylan ist ein talentierter Zeichner. O:Evo-1570: Ein außerirdisches Wesen vom Planeten Neró. Philip "Phil" Winter: Er ist Dylans Vater und von Beruf der Sheriff einer amerikanischen Kleinstadt. Seine Frau verstarb vor etwa einem Jahr.
Nebenrollen: Emmet Harding: Mitschüler und Schwarm von Dylan; Zwillingsbruder von Tamara. Tamara Harding: Mitschülerin von Dylan; Zwillingsschwester von Emmet. Mika Stone: Mitschüler von Dylan; Klassenclown. Elijah Richfield: Mitschüler von Dylan; bester Kumpel von Mika. Dr. Archimedes Tibbet: Lehrer für Geschichte und Geografie. Frau Silly: Spanischlehrerin; Sie ist sehr streng, alt und bieder.
K:Schule-10 Durch das turbulente Chaos, dass Evo bei mir Zuhause verursacht hat, gelang es mir unangenehme Gedanken zu verdrängen. Erst als ich mich wieder in der Schule befand, wurden jene Gedanken in meinem Kopf wieder freigesetzt: Emmet. Der Kuss. Ich könnte schon wieder im Erdboden versinken, doch das würde meine Probleme nicht lösen. Heute werde ich Emmet in der Schule wieder sehen und es war mehr als fraglich, dass er sich von dem gestrigen Schock schon wieder erholt hat. Vielleicht hat er auch seiner Schwester Tamara von dem Kuss erzählt und die würde mir nun die Hölle heiß machen. Verdient hätte ich es vermutlich. Ich hab es gestern einfach überstürzt, weil ich zu sehr und zu viel auf einmal wollte, dabei hätte mir der Ausgang von vornherein klar sein müssen. Leider konnte ich mich von all diesen Gedanken und Problemen auch nur schwer wieder lösen, da wir in der ersten Stunde Spanisch-Unterricht bei Frau Silly hatten. Diese Frau, sofern sie sich als solche bezeichnen ließ, war der Schrecken dieser Schule. Eine strenge, biedere und alte Schachtel, die in alten Jahrzehnten feststeckte und dem Fluss der Zeit trotzte. Ihre Art zu unterrichten war trocken und steif, mit ihr zu diskutieren war zwecklos und was am schlimmsten von allen war: Sie hatte mich derbe auf den Kicker, nur weil ich einmal versehentlich ihren rechten Außenspiegel am Auto mit einem Fußball abgeschossen hatte. Zum Glück war ich nicht der Einzige, der diese Frau nicht leiden konnte, denn so ziemlich jeder in meiner Klasse wartete freudig auf ihre baldige Pensionierung. Heute war sie für mich allerdings das geringere Übel. Mein Blick wanderte über die Tische schräg nach vorne zu dem Platz, an dem Emmet saß. Ich konnte nur seine linke Gesichtshälfte erspähen. Es hatte den Anschein, als würde er in dem Spanischbuch lesen, doch wenn ich mit meiner Einschätzung richtig lag, dann döste er wieder einmal vor sich hin, da er Frau Sillys Vortrag wie jeder andere im Klassenzimmer ermüdend fand. Neben ihm saß wieder seine Schwester Tamara. Die Zwei saßen immer nebeneinander, zu jeder Stunde und in jedem Klassenzimmer. Sie waren unzertrennlich. Ein Platz hinter mir saßen die Klassenclowns Mika und Elijah, die dem Unterricht von Frau Silly natürlich ebenfalls nicht folgten und sich stattdessen einem ganz anderen Thema widmeten. Leise hörte ich Elijah zu Mika flüstern: „Dieser Prince ist so megastark. An dem ist absolut kein herankommen!“ Prince? Soll das irgendein Codewort für eine neue dämliche Aktion der Beiden sein? Ich belauschte sie weiter und erhielt zugleich eine Antwort auf meine Frage. „Der Kerl hält sich für eine Art Gott der Online-Games. Doch ich werde nicht aufgeben, bis ich ihn von seinem hohen Ross runtergestoßen habe.“, sagte Mika leise zu seinem Kumpel. „Er ist kein Gott, aber eben ein Prinz dieser Prince.“, meinte Elijah daraufhin und ich rollte genervt mit den Augen. Online-Games … bis vor ein paar Monaten habe ich solche Spiele auch häufiger gespielt, aber nun nicht mehr. Ich weiß mit meiner Zeit wertvolleres anzufangen. „Mir scheißegal was er ist. In ‚Galaxy War‘ war ich die unangefochtene Nummer 1, bis dieser Amateur aufkreuzte und mir mit seiner Laserkanone den Gar ausmachte.“, zischte Mika gekränkt. „Aber Mika …, wenn er wie du sagst ein Amateur ist, wieso konnte er dich dann platt machen?“, fragte Elijah triezend seinen Kumpel und handelte sich damit einen Schlag auf die Schulter ein. „Galaxy War“ – ein Online-Spiel, dass sich im Weltall abspielt. Sofort musste ich wieder an meinen außerirdischen Besucher denken, der es sich gerade bei mir Zuhause gemütlich machte. Was er wohl gerade trieb? Ob es so eine gute Idee war, ihn dort allein zu lassen? Doch was hatten mein Dad und ich für eine andere Wahl? Mein Dad musste wieder zur Arbeit und ich in die Schule. Zugegeben, ganz wohl bei dem Gedanken, ihn alleine zu lassen, war uns nicht…
Vor noch etwa einer Stunde: „Du gehst jetzt zur Schule, Dylan.“, sagte mein Dad zu mir, nachdem wir unseren neuen Hausgast willkommen hießen und alles Weitere geklärt hatten. „Ja aber Dad. Ich kann Evo doch nicht hier alleine zurück lassen.“, entgegnete ich und hoffte inständig mich vor dem heutigen Schultag retten zu können. „Es ist Freitag, kannst du da nicht ein Auge zudrücken? Bitteee!“ „Niemals! Die Schule ist wichtig für dich und deine weitere Zukunft. Kein aber und das Betteln und dein trauriger Welpenblick nützen dir da auch nicht.“, sagte mein Dad eisenhart zu mir und sofort wechselte ich wieder vom „Welpenblick“ in den „Jetzt-bin-ich-bockig-Blick“. „Schule? Was ist das?“, fragte uns Evo neugierig, während er seinen Kopf schräg hielt. „Die Erwachsenen nennen es zwar eine Schule, aber in Wirklichkeit ist es die reinste Folterkammer, in der Kinder wie ich bis zum ‚Schlag-mich-tot‘ gequält werden.“, erklärte ich ihm sarkastisch. Dylaaan.“, mahnte mich mein Vater langsam. „Ist ja schon gut, ich hol nur noch meinen Schulranzen.“, sagte ich mürrisch. „Braver Junge und du … äh Evo richtig?“ Mein Dad blickte Evo fragwürdig an und dieser nickte nur. „Gut, also Evo. Ich muss zur Arbeit und während wir weg sind, stellst du keinen Unfug an. Mach es dir hier einfach gemütlich, bis wir wieder da sind. Nur tu mir einen Gefallen … lass bitte das Haus stehen!“
Und so saß ich nun hier … in meiner sogenannten Folterkammer. Ich ließ meinen Kopf mit dem Gesicht nach unten auf das Spanischbuch fallen und machte dabei ein unfreiwilliges dumpfes Geräusch. Dies rief Frau Silly natürlich sofort auf den Plan. „Langweile ich Sie etwa Herr Winter?“, fragte sie mich mit herausfordernder Stimme. Sie war übrigens auch die einzige Lehrerin an dieser Schule, die ihre Schüler mit ihrem Familiennamen aufrief, abgesehen von Dr. Tibbet, der dies aber nur machte, um uns zu tadeln, während es bei Frau Silly zum angemessenen Standard gehörte. „Nein, natürlich nicht, Frau Silly.“, log ich fein säuberlich und saß wieder kerzengerade da. „Dann ist ja gut. Dachte schon mein pädagogisch wertvoller Unterricht würde sie zu Tode langweilen. Augen und Ohren auf, das hat oberste Priorität!“, rief Frau Silly laut durchs Klassenzimmer. Ehrlich gesagt wünschte ich mir gerade sogar, ich würde mich zu Tode langweilen, denn dann würde ich dieser Hölle entkommen. Endlich warf Emmet einen kurzen Blick zu mir nach hinten. Unsere Blicke trafen sich in der Mitte, doch als auch Tamara sich zu mir umdrehte, wandte ich meine Augen schnell auf eine andere Stelle im Klassenzimmer. Ich Idiot, ich verhalte mich wie der größte Volldepp.
Nach einer weiteren halben qualvollen Unterrichtsstunde bei Frau Silly, klingelte schließlich die Schulglocke und läutete dadurch die zwanzigminütige Pause ein. Im Schulflur herrschte reges Treiben, denn alle liefen wie wild geworden durcheinander, da jeder seine Schulbücher in seinen Spind legen wollte. Als ich an meinem Spind ankam, begegnete ich zufällig Dr. Tibbet und ohne jeglichen Grund, wollte ich ihm von meiner gestrigen schicksalshaften Nacht berichten. „Dr. Tibbet, Sie werden es mir vielleicht nicht glauben, aber ich hab gestern tatsächlich eine Sternschnuppe gesehen und dann…“ „Oh das freut mich sehr für Sie Dylan, aber verraten sie mir ja nicht, was Sie sich gewünscht haben, sonst geht es womöglich nicht in Erfüllung.“, sagte Dr. Tibbet, der mir dadurch quasi ins Wort fiel. Ich wollte etwas entgegnen, doch dann zog etwas völlig anderes, meine, die von Dr. Tibbet und auch aller anderen Schüler Aufmerksamkeit auf sich. Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen…
Fortsetzung folgt ... am Montag, den 3.Oktober 2022!
Hauptrollen: Dylan Winter: Er ist homosexuell und hegt Gefühle für seinen Mitschüler Emmet. Dylan ist ein talentierter Zeichner. O:Evo-1570: Ein außerirdisches Wesen vom Planeten Neró.
Nebenrollen: Emmet Harding: Mitschüler und Schwarm von Dylan; Zwillingsbruder von Tamara. Dr. Archimedes Tibbet: Lehrer für Geschichte und Geografie.
Λ:Verwandlung -11 Bis vor wenigen Sekunden herrschte in den Gängen der Schule nur ein großer Tumult, doch inzwischen brach eine regelrechte Hysterie aus. Der Grund dafür war relativ simpel, wenn auch für eine amerikanische Kleinstadt wie unsere ungewöhnlich. Die Eingangstüren der Schule öffneten sich und ein junger Mann trat herein, der sowohl die Herzen der Mädchen, als auch das meinige, höher schlagen ließ. Er war dunkelhaarig, gebürtiger Engländer und … ein ehemaliges Mitglied meiner Lieblings-Boyband „One Direction“: Es war Zayn Malik! Von allen Mitgliedern dieser britisch-irischen Boyband, musste es ausgerechnet ER sein. Der, von dem ich schon immer am meisten geschwärmt habe. Das muss ein Traum sein! Wenn, dann will ich aber bitte nicht aufwachen, denn Zayn Malik stolzierte geradewegs auf mich zu. Völlig gebannt, hatte ich ganz vergessen, dass Dr. Tibbet immer noch neben mir stand. Ich geriet etwas in Panik, da ich schon glaubte, dass er mein Herz schlagen hören konnte, was natürlich ausgemachter Schwachsinn war. Vor allem schon deswegen, weil das Gekreische vieler Mädchen das sicherlich übertönte. „Oh Gott Zayn, ich liebe dich!“, schrie ein Mädchen mit rosa Herzen in den Augen ihm zu, während ihre Freundin neben ihr beinahe in Ohnmacht fiel. Ein anderes Mädchen rief: „Zayn, ich will deine Freundin sein!“ Und wieder ein anderes Mädchen rief: „Zayn, ich will ein Kind von dir!“ Das ist doch verrückt, total irre! „Wer ist dieser Knabe? Geht der auf unsere Schule?“, hörte ich Dr. Tibbet neben mir fragen. „Nein…, leider nicht.“, antwortete ich meinem Lehrer, während mir ein leichter Seufzer entglitt. Dies führte zu einer peinlichen Stille. „Äh also, ich meine, weil die armen Mädchen und so, sie verstehen?“ Plötzlich stand Zayn vor mir und er lächelte mich an. Sein strahlendes Lächeln, seine sanften Augen, sein wunderschönes Haar. Ich war sowas von verknallt in ihn! Doch wieso war er jetzt eigentlich hier an dieser Schule? Und was noch viel interessanter wäre: Warum hat er ausgerechnet vor mir Halt gemacht? „Hi Dylan.“, begrüßte er mich weiterhin lächelnd, während es in mir drin Sektkorken knallte und ein Feuerwerk an rosa Herzen, bunten Blumen und Konfetti regnete. Zayn Malik schien mich zu kennen und das überraschte mich nur mich. Auch die Mädchen waren mehr als überrascht. Einige verspürten sofort eine tiefe Abneigung gegen mich, weil sich Zayn für mich und nicht für sie interessierte, andere wiederum schienen mich auf einmal fast genauso zu bewundern wie ihr großes Idol. Vielleicht dachten sie, dass sie mich hinterher in die Mangel nehmen konnten, um mehr über Zayn zu erfahren, aber da müsste ich sie wohl enttäuschen. Nebenbei gesagt: Zehn Prozent der Jungs an dieser Schule schienen ebenfalls über den Besuch begeistert zu sein, vierzig Prozent machten wütende Gesichter, schienen eifersüchtig auf seinen Erfolg zu sein und das er bei den Mädchen so beliebt ist, und die restlichen fünfzig Prozent … die kannten ihn erst gar nicht. Doch genug davon. Was will der Sänger hier an dieser Schule und was will er von mir?! „Erkennst du mich etwa nicht mehr?“, fragte Zayn mich, doch war ich zu schüchtern um ihm eine Antwort zu geben. Stattdessen schüttelte ich einfach nur mit dem Kopf. „Hm … vielleicht hätte ich mich doch eher in diesen Dustin Fieber verwandeln sollen? Hieß der überhaupt so? Moment, muss meine menschliche Festplatte untersuchen. Ah … ich meinte Justin Bieber!“ „Heilige Scheiße.“, stieß ich nun entsetzt aus, denn nun wurde mir gerade so manches klar. Der hier anwesende Zayn Malik ist in Wirklichkeit Evo! Zumindest wäre das die einzige logische Erklärung dafür, warum er mich kannte und was er an dieser Schule zu suchen hatte. Eine Erklärung dafür, warum er allerdings jetzt so aussieht, wollte mir gerade partout nicht einfallen. Er erwähnte etwas von einer Verwandlung? Kann sich Evo in andere Wesen transformieren? Da fiel mir gerade ein, dass Dr. Tibbet ja immer noch hinter mir stand und jedes Wort mit anhörte. Ich drehte mich abrupt um. Dr. Tibbet fummelte mit seinen Fingern in seinen Ohren rum. „Du meine Güte, ich glaube das Schreien der Mädchen hat mein Trommelfell beschädigt. Ich verstehe kein Wort mehr…! „Dylan? Freust du dich denn gar nicht mich zu sehen?“, fragte Zayn mich, also eigentlich ja Evo, aber gerade hat er ja die Gestalt von Zayn Malik von „One Direction“. Also nicht der echte Zayn Malik, sondern der Unechte, Evo eben. Verdammte Kacke ist das verwirrend. „Du Idiot!“, stieß ich schließlich schreiend aus, doch sollte sich dies als ein großer Fehler erweisen. Evo blickte mich nur erschrocken an, doch waren es die Blicke der vielen Mädchen, die ich nun auf mich zog. Sie alle blickten mich böse und zornig an, denn wie konnte ich es nur wagen, ihr großes Idol anzuschreien und ihn dann auch noch als Idioten zu beschimpfen. „Äh … also ich äh … meine…“, brachte ich dann nur noch stotternd aus mir hervor. „Natürlich freue ich mich dich zu sehen, Zayn!“ Evo beugte sich zu mir vor, um mir etwas leise ins Ohr zu flüstern. Dadurch kam auch mein Idol mir unerwartet nahe, auch wenn er es natürlich nicht in echt war. „Ich wollte unbedingt wissen, wie es so in einer Schule ist und was ihr dort so alles lernt. Doch habe ich mir gedacht, dass ich dort natürlich nicht einfach so als ich selbst aufkreuzen kann. Da habe ich das Poster in deinem Zimmer entdeckt und mich kurzerhand in einen der fünf Jungs verwandelt. Ist das nicht prima? Ich sehe gut aus!“ „J-Ja, du siehst wirklich gut aus.“, erwiderte ich leicht verlegen. Evo war also auch noch eine Art Gestaltwandler. Das kann ja heiter werden… „Lass uns wo anders hingehen, wo wir ungestört reden können … und vor allem, wo uns unerwünschte Blicke fern bleiben.“ Kurzerhand packte ich Evo alias Zayn am Arm und zerrte ihn mit in den nächstgelegenen leeren Raum: Die Besenkammer! Mir war natürlich klar, dass vor der Tür eine Horde wild gewordener Mädchen auf uns lauerte. „Okay, das wird die Meute da draußen nicht davon abhalten, auf dich zu warten, aber wenigstens können wir hier ungestört miteinander reden.“, sagte ich und folglich fing ich mit meiner Strafpredigt für Evo an: „Bist du jetzt eigentlich völlig übergeschnappt?! Du kannst dich doch nicht einfach mir nichts dir nichts in einen Promi verwandeln. Das sorgt für Aufsehen! Zumal du auch noch ausgerechnet den erwischt hast, der die Band vor kurzem erst verlassen hat. Was hast du dir nur dabei gedacht? Ich sag dir was du dir dabei gedacht hast, nämlich gar nichts! Du handelst unüberlegt, ohne dir vorher über die Konsequenzen Gedanken zu machen. Du bist…“ Auf einmal hielt ich inne, denn meine eigenen Worte hallten in mir wieder und erinnerten mich an den Kuss, den ich Emmet quasi aufzwang. Wie sich gerade herausstellte, war ich eigentlich nicht viel besonnener als Evo. Zumal Evo in der Gestalt von Zayn mich nun traurig ansah und ich nicht wusste, wie ich darauf reagieren sollte. „Ich … ich wollte doch nur in deiner Nähe sein.“, meinte Evo traurig und mit einem Mal blieb mir die Stimme weg. Bei mir sein? Moment mal, sagte er heute Morgen nicht so etwas Ähnliches? Heute Morgen: „Evo kann und will aber nicht gehen. Evo ist doch nur deinetwegen gekommen. Ich bin das Ergebnis deines Wunsches!“ „Na toll…“, sagte ich schließlich, doch mehr wollte mir dazu gerade auch nicht einfallen. „Ich möchte auch zur Schule gehen, so wie du.“, sagte Evo zu mir. „Okay, aber lass uns bitte zuhause darüber reden.“, meinte ich daraufhin zu ihm und versuchte ihn dadurch auch irgendwie zu besänftigen. Er will zur Schule gehen? Ich dreh noch durch! „Evo geht wieder nach Hause und wartet dort auf dich.“, beschloss Evo schließlich und mir fiel ein Stein vom Herzen. „Doch zuerst muss ich wieder durch diese Meute an Í̱lio vorbei.“ Ich setzte einen verwirrten Blick auf und Evo fügte hinzu: „Wesen im Weltall, weiblich und total durchgeknallt!“
Fortsetzung folgt ... am Mittwoch, den 5.Oktober 2022!
Hauptrollen: Dylan Winter: Er ist homosexuell und hegt Gefühle für seinen Mitschüler Emmet. Dylan ist ein talentierter Zeichner. O:Evo-1570: Ein außerirdisches Wesen vom Planeten Neró. Philip "Phil" Winter: Er ist Dylans Vater und von Beruf der Sheriff einer amerikanischen Kleinstadt. Seine Frau verstarb vor etwa einem Jahr.
Nebenrollen: Emmet Harding: Mitschüler und Schwarm von Dylan; Zwillingsbruder von Tamara. Tamara Harding: Mitschülerin von Dylan; Zwillingsschwester von Emmet. Dr. Archimedes Tibbet: Lehrer für Geschichte und Geografie.
M:Hausarbeit-12 „Jetzt sag schon…, woher kennst du ihn und wie gut kennst du ihn?“ Ich war es Leid … ich war es sowas von Leid. Seitdem Evo in der Gestalt von Zayn Malik die Schule wieder verließ, war ich umringt von Mädchen, die unzählige Fragen an mich richteten. Nur gut, dass ich ein guter Märchenerzähler war, denn das stillte den Wissensdurst vieler Mädchen, wenn auch nur vorübergehend. Hinzu kam natürlich auch, dass die Pause ihr Ende fand und sich alle wieder in ihre Klassenzimmer begeben mussten. Nur einer Person entkam ich nicht so leicht… Ich saß im Geografie-Unterricht von Dr. Tibbet und zur Überraschung aller, saßen die Zwillinge dieses eine Mal nicht nebeneinander. Mit der Begründung, MICH besser kennen lernen zu wollen, saß auf einmal Tamara neben mir – mit einem aufgesetzten Lächeln. „Glaubst du, Zayn gibt mir ein Autogramm? Kannst du mir eins besorgen? Oder besser noch: Du stellst mich ihm vor. Das wäre mein größter Traum!“ Warum mussten Mädchen nur so verrückt nach Boygroup-Sängern sein? Normal war das jedenfalls nicht, denn es gab sogar Mädchen, die ihre BH´s auf die Bühne ihres Idols warfen. Mal im Ernst: Was soll er mit einem BH?! Hallo?! Sofern er sich nicht unters Messer legen lassen möchte, oder irgendwelche perverse Spielchen damit treibt … Fragezeichen? „Schau mal, dein Bruder sitzt ganz allein da vorne. Möchtest du nicht zu ihm?“, fragte ich Tamara schließlich genervt, doch ohne es mir anmerken zu lassen. „Och der, der kommt auch ohne mich gut zurecht, aber wage es nicht, dies schamlos auszunutzen und dich nun selber neben ihn zu hocken.“, warnte Tamara mich und schaute mich dabei nun mit einem großen schwesterlichen Blick an. Ich senkte meinen Kopf ein wenig, denn sie rief das peinliche und dumme Erlebnis von gestern wieder in mir hervor. „Guck nicht so dämlich. Emmet hat mir alles erzählt. Ich hab ihm auch gar keine andere Wahl gelassen, nachdem er gestern völlig aufgelöst von eurem Treffen wieder nach Hause kam. Wie konntest du ihn nur so übertölpeln, du Tölpel?!“ „Ich … äh … ich … habe nicht nachgedacht.“, brachte ich schließlich stotternd heraus. „Wäre ja auch mal was Neues.“, entgegnete Tamara tadelnd. „Mein Bruder war deswegen fix und fertig und nun mache ich mir selbst Vorwürfe, weil ich wusste, wie du drauf bist.“ „Du wusstest, dass ich in ihn verliebt bin?“, harkte ich nun etwas genauer nach. „Natürlich Dylan, ich hab doch schließlich Augen im Kopf. Nun gut, die hat Emmet zwar auch, aber der lebt mehr oder weniger in seiner eigenen Welt, da achtet er weniger auf seine Mitmenschen.“ Es war ein ernstes und mir sehr unangenehmes Gespräch, doch andererseits fühlte es sich mal gut an, mit jemanden darüber zu reden. Vielleicht war es ja doch mal an der Zeit, mich bei allen zu outen. Einfach, um mich endlich wieder frei zu fühlen und so zu leben, wie ich möchte. „Wenn ich dir einen Tipp geben darf.“, sagte Tamara schließlich zu mir. „Lass Emmet erst einmal Ruhe. Er ist nicht nachtragend, aber er benötigt immer etwas Zeit um das Erlebte zu verdauen. Und um den Kuss mit einem anderen Jungen zu verdauen … dazu benötigt es sehr viel Zeit!“ Ich nickte Tamara dankbar für ihren Rat und anschließend wendeten wir uns wieder dem Unterricht zu. Gerade zur rechten Zeit, denn Dr. Tibbet sendete bereits warnende Signale mit seinen Augen zu uns hinter.
Als ich am späten Nachmittag nach Hause kam, hörte ich bereits in der Hofeinfahrt lautstarke Musik, die von drinnen erklang. Der Polizeiwagen meines Dad´s stand noch nicht in der Hofeinfahrt, also befand er sich noch in der Arbeit. Das bedeutete, dass Evo mal wieder irre Musik hörte. Ich sollte das schleunigst beenden, bevor unsere Nachbarn noch eine Anzeige wegen Lärmbelästigung erstatten. Ich sperrte die Tür auf und sofort schoss mir eine frischriechende Duftwolke entgegen. Was war das? Ich stellte meinen Schulrucksack ab und wollte nachsehen was Evo trieb, als auch schon sein Schwanz aus dem Wohnzimmer herausragte, der mit der Musik im Einklang war und auf und ab und hin und her tanzte. Mit dem Rücken zu mir, kam er langsam auf mich zu und in seiner rechten Hand hielt er einen … Staubsauger? „Evo, was tust du da?!“, rief ich ihm laut entgegen, doch durch den Lärm des Staubsaugers und der zusätzlich sehr lauten Musik, konnte er mich nicht hören. Also tippte ich ihm von hinten auf die Schulter, was ich kurz darauf aber bereuen sollte. Wie ferngesteuert schnellte sein Schwanz nach meinem Handgelenk und umschlang es so fest, dass ich Schmerzen verspürte. Evo drehte sich zu mir um und als er sah, dass ich es war, ließ er mich sofort wieder los. Er machte den Staubsauger aus und sagte: „Oh Verzeihung Dylan, ich hab dich nicht nach Hause kommen hören. Hab ich dir wehgetan?“ „Etwas, aber nicht so tragisch. Dein Schwanz hat erstaunliche Reflexe.“, antwortete ich ihm, während ich mein Handgelenk sanft streichelte. „Nun ja, wir Evos sind ausgebildete Kämpfer, musst du wissen. In den Weiten des Universums gibt es genug Geschöpfe, die es auf einen abgesehen haben könnten.“, erklärte Evo mir, was ich zwar recht spannend fand, doch machte mich die aktuelle Situation viel neugieriger. „Wieso hast du einen Staubsauger in der Hand?“, fragte ich ihn schließlich. „Während ich auf dich gewartete habe, ist mir so galaktisch langweilig geworden. Da hab ich mich daran erinnert, dass du und dein Dad ja von mir verlangt habt, dass ich das Badezimmer sauber mache. Als ich dann damit fertig war, war ich so in meiner Arbeit vertieft, dass ich einfach nicht mehr aufhören konnte. Jetzt ist das ganze Haus blitzblank á la Evomania.“ Als Evo mir seine Gründe für sein Handeln schilderte, bereitete sich in mir drin ein zunehmend starkes ungutes Gefühl aus. Hat er etwa…? Ist das Haus jetzt etwa…? Er wird doch wohl nicht…? Gleicht das Haus nun einem Schlachtfeld? Oh bitte nicht. Mein Dad wird mich massakrieren! Wie von der Tarantel gestochen, rannte ich ins Wohnzimmer und erlitt wie erwartet den Schock meines Lebens. Allerdings im positiven Sinne! Das Wohnzimmer war picobello aufgeräumt und kein Staubkorn war mehr zu finden. Alle Bücher standen ordentlich im Regal und sogar nach dem Alphabet geordnet. Auf dem Sofa lagen keine Kekskrümel oder sonstige Essensreste mehr und die Kissen und Decken versprühten einen leichten Hauch von Pfirsichduft in der Nase. „Wo sind die Vorhänge?“, fragte ich Evo, als ich die kahlen Fenster sah. „In der Waschmaschine, die sind als einzige noch nicht ganz sauber.“, antwortete Evo mir. Mein Blick schweifte weiter umher und in den Garten hinaus. Der Rasen war frisch gemäht und das heruntergefallene Laub wurde eingesammelt. „Wow … jetzt bin ich sprachlos.“, gab ich von mir. „Das ist noch nicht alles. Geh doch mal in die Küche!“, forderte Evo mich grinsend auf. Auch in der Küche war alles blitzblank. Ich konnte mich im Spülbecken sogar spiegeln und auch der Ofen roch nicht mehr nach verbranntem Käse. Doch das Beste erwartete mich, als ich den Kühlschrank öffnete und dieser randvoll mit Lebensmitteln war. Eier, Wurst, Käse, Joghurts, Milch, Sahne, Salat, Marmelade, Butter – alles was das Herz, oder besser gesagt der Magen begehrt. Doch meine Begeisterung hielt nur kurz an. „Äh … wo hast du das alles her?“, fragte ich misstrauisch. „In diesem Bauwerk um die Ecke. Die hatten so viel davon, dass ich mir da einfach was genommen habe.“, antwortete Evo mir unbekümmert und ich sah ihn sorgsam an. „Einfach mitgenommen? Soll das etwas bedeuten, du hast es gestohlen? Und warst du etwa in dieser Gestalt dort?“, quetschte ich ihn weiter aus, denn so langsam verflog meine Begeisterung wieder. „Nein, natürlich nicht. Ich hab mich in deinen Dad verwandelt und die nette Frau an der Kasse schien ihn zu kennen, da war sie so gnädig und hat mich ohne bezahlen ziehen lassen. Sie meinte, dein Dad soll einfach später noch einmal vorbeikommen und bezahlen, solange streckt sie es ihm vor.“ „Nett…, da wird sich mein Dad aber freuen.“ „Und du auch, sobald du dein Zimmer gesehen hast.“, meinte Evo über beide Ohren grinsend. „Mein … Zimmer…?“ Evo und ich gingen in den ersten Stock rauf und als wir mein Zimmer betraten, fiel mir sofort auf, dass mein Schreibtisch samt Stuhl verschwunden war und stattdessen ein zweites Bett an jener Stelle stand. „Toll oder? Jetzt kann ich immer in deiner Nähe sein.“, sagte Evo überglücklich, während mir noch nicht ganz wohl bei dem Gedanken war, ob das so gut sei. Was mein Dad dazu wohl sagt…? „Was hast du mit meinem Schreibtisch angestellt?“, fragte ich verwundert. Evo gab mir eine Antwort, mit der ich so gar nicht gerechnet hatte: „Gegessen!“ Mit großen Augen starrte ich ihn entsetzt an, doch dann: „Nur Spaß! Der steht nun in dem Raum, aus dem du die Matratze besorgt hast. „Das ist ja alles schön und gut, nur … warum bekomme ich gerade nasse Füße?“ Der Boden wurde rutschig, denn Wasser floss aus dem Flur in mein Zimmer. Schon bald kam auch Schaum dazu… „Evo … ist das etwa…?“ Evo machte ein unschuldiges Gesicht und nickte verlegen. „Ich hab die Vorhänge in die Wanne gelegt, in der ich heute Morgen gebadet habe. Dann hab ich bisschen von diesem Blubberzeug dazu gemischt und das Wasser einfach laufen lassen. War das etwa falsch?“ Da er es bis jetzt noch nicht getan hat, wird mein Dad mich spätestens jetzt umbringen!
Fortsetzung folgt ... am Montag, den 10.Oktober 2022!
Tut mir leid, dass ich am Freitag kein neues Kapitel hochlud, aber ich bin zeitlich einfach nicht dazugekommen. Dafür gibt es heute gleich zwei Kapitel, was sich am Ende als Glücksfall herausstellt, denn gerade im ersten der beiden Kapitel passiert eigentlich nicht sooo viel. Viel Spaß beim lesen!
Hauptrollen: Dylan Winter: Er ist homosexuell und hegt Gefühle für seinen Mitschüler Emmet. Dylan ist ein talentierter Zeichner. O:Evo-1570: Ein außerirdisches Wesen vom Planeten Neró. Philip "Phil" Winter: Er ist Dylans Vater und von Beruf der Sheriff einer amerikanischen Kleinstadt. Seine Frau verstarb vor etwa einem Jahr.
N:Verhaltensweisen-13 Wasser. Überall Wasser. Die Badewanne schwappte über und überall auf dem Boden im ersten Stock verteilte sich das Wasser samt Schaum. Natürlich floss es auch die Treppe hinunter und so bekam mein Dad als erstes ein paar Tropfen auf seinem Kopf zu spüren, als er nach Hause kam. Doch das war noch harmlos im Vergleich zu dem Schock, den er zusätzlich erlitt. Nach seinem mächtigen Gebrüll, bei dem sogar Evo vor Furcht zusammen zuckte und sich schnell unter seinem Bett verkroch, rief er schließlich die Feuerwehr. Ein Sondereinsatz der Sonderklasse. Es dauerte Stunden, bis der Schaden einigermaßen behoben werden konnte. Spezielle Heizkörper wurden im ersten Stockwerk aufgestellt, die Boden, Wände und Mobiliar wieder trocken legen sollten. Im Erdgeschoss hingegen wurde die Fußbodenheizung eingeschalten, die in unserem Haus integriert war. So verging der Tag und ich fühlte mich wie einem Tropenhaus, denn es war warm, feucht und stickig. Als ich auf die Uhr sah, zeigten die Zeiger auf zehn nach ein Uhr nachts. Evo, mein Dad und ich saßen stillschweigend in der Küche und verzerrten gerade unser verspätetes Abendessen – Suppe! Evo schlürfte genüsslich aus seinem Teller, während ich lediglich darin im Kreis rumrührte, da ich keine Flüssigkeiten mehr sehen konnte. Keiner wagte es, auch nur ein Wort von sich zu geben. Die Feuerwehr war vor einer halben Stunde abgerückt und seitdem glich unser Haus einer Leichenhalle. Ich konnte wage abschätzen, was mich noch erwarten würde. Entweder würde Evo als Erstes das Wort ergreifen und wieder etwas total unpassendes von sich geben, oder aber mein Dad sagt als Erstes etwas, dass dann aber bestimmt nicht erfreulich wäre. Und ich sollte mit meiner Vermutung Recht behalten, denn mein Dad durchbrach schließlich als Erster die unangenehme Stille. „Also…“ „Die Suppe schmeckt gut. Kann ich bitte Nachschlag haben?“, quatschte Evo ihm dazwischen. Mein Dad und ich starrten ihn völlig entgeistert an und ich befürchtete bereits, dass es für Evo statt Nachschlag einen richtigen Schlag in die Magengrube gab, aber zum Glück war mein Dad nicht von Brutalität gezeugt. Er versuchte immer das Gute in einem Menschen zu sehen … und in Evos Fall auch das Gute in einem Außerirdischen. Bevor er handgreiflich wurde, versuchte er die Probleme immer mit Kommunikation aus der Welt zu schaffen. Ob das bei Evo allerdings half, durfte angezweifelt werden. „Also…“, sagte er erneut und etwas langsamer. „Es ist Wochenende und ich habe mir aus privaten Gründen – die ihr sicher nachvollziehen könnt – freigenommen. Deshalb…“ Evo starrte meinen Dad neugierig an, während ich noch etwas verunsichert war und mich auf meinem Stuhl ganz klein machte. „Deshalb wird es dieses Wochenende einen Schnellkurs für Evo geben, damit er menschliche Verhaltensweisen lernt, Grundkenntnisse im Haushalt, Schule und der Öffentlichkeit erlernt und erst dann überlege ich mir, ob ich ihn auf die Menschheit loslasse, oder nicht doch lieber von meiner Waffe Gebrauch mache. Jedes Gericht würde für Notwehr plädieren, angesichts dessen, was hier heute vorgefallen ist. Dylan, deine Aufgabe wird es sein, ihm das alles unter meiner Aufsicht beizubringen. Du bist mein Sohn, weshalb ich dich schlecht erschießen kann, aber dir dabei zuzuschauen, wie du dich dieses Wochenende quälst, reicht erstmal als Schadensbegrenzung.“
Ich hatte keine andere Wahl. Mit meinem Dad legte sich niemand an, nicht einmal ein völlig chaotisches Wesen aus dem Weltall. Also warf uns mein Dad am Samstag zu früher Stunde aus dem Bett und als erstes an der Tagesordnung stand natürlich der Haushalt an. Ich zeigte Evo unsere Waschmaschine und wie sie zu bedienen war, wie der Gasherd funktionierte und das Hannibal niemals in den Backofen geschoben werden darf. Den Rasen hat Evo zwar sauber gemäht, allerdings hat er das gemähte Gras aus dem Rasenmäher zum Nachbarn rüber geworfen. Herr Yard war darüber alles andere als erfreut und hat diesbezüglich bereits gestern Abend an unserer Haustür geklingelt, als die Feuerwehr noch zugange war. Nebenbei gesagt, hat sich Evo während der ganzen Zeit im Baumhaus versteckt, beziehungsweise verkrochen, aus Schutz vor meinen wütenden Dad, als auch zur Tarnung vor der Feuerwehr. Doch seine Fähigkeit zur Transformation in andere Lebewesen war sehr praktisch, weshalb mein Dad überhaupt in Erwägung zog, darüber nachzudenken, Evo mit mir in die Schule zu schicken. Doch zurück zu unserem Tagesplan: Ich brachte Evo bei, wie man bei uns recycelt und wie die verschiedensten Kleidungsstücke ordentlich zusammen gefaltet werden. Evo war sehr lernfähig, was alles erheblich vereinfachte. Am Samstag war die Stimmung zwar noch etwas gedämpft, aber am Sonntag lockerte sie sich bereits wieder und mein Dad richtete für uns alle drei ein üppiges Frühstück mit frischgebackenen Brötchen, Speck, gekochten Eiern und frischgepressten Orangensaft her. Evo haute ordentlich rein und so lag es an mir, ihm auch noch ein paar Tischmanieren beizubringen. Ich hab noch niemanden gesehen, der gekochte Eier samt der Schale aß. Mein Dad und ich waren jedoch sehr angetan von seinen spitzen Zähnen, mit denen er alles in Sekundenschnelle zerkleinerte. Und da er so schnell aß, wurde sein langer Schwanz einfach zur dritten Hand, die seinen Rachen möglichst schnell füllte. Als er schließlich mit seinem Schwanz wieder nach einem Brötchen greifen wollte, packte mein Dad ihn reflexartig und blickte ihn drohend an: „Benutz deine Hände!“ Nach dieser Ansage schluckte Evo sein gekautes Essen herunter und benutzte fortan nur noch seine zwei Hände, während sein Schwanz einfach nur vom Stuhl baumelte und er sich damit gelegentlich am Hintern kratzte.
„Also schön.“, sagte mein Dad am Abend im Wohnzimmer, nachdem wir Evo noch über ein paar Verhaltensweisen in der Öffentlichkeit aufgeklärt haben. „Du willst also zur Schule gehen, Evo?“ Evo nickte ihm freudig zu, doch mein Dad ließ sich nicht beirren, stand mit verschränkten Armen vor ihm und starrte ihn von oben bis unten an. „Nehmen wir mal an, ich würde deiner Bitte beigeben und du würdest dich sogar an die Regeln halten, in deiner jetzigen Gestalt wäre das dennoch unmöglich!“ „Ich kann mich ja wieder in diesen Musiker verwandeln.“, meinte Evo zuversichtlich. „Nein!“, riefen mein Dad und ich diesmal gleichzeitig und Evo ließ betrübt seine Ohrenspitzen sinken. „Es muss jemand sein den keiner kennt.“, sagte mein Dad schließlich. „Dann kann ich mir auch eine Geschichte ausdenken, woher du kommst und wieso du bei uns wohnst. Ich dachte da vielleicht an einen entfernten Cousin aus Europa oder so. Die Europäer sind ja alle etwas verrückt, das würde also gut zu dir passen. Nur lass es bitte kein Deutscher sein, denn die haben alle einen Stock im Arsch!“ „Okay, wie wäre es damit?“ Evo fing an sich zu verwandeln und ich schaute gespannt zu, wie sich seine Körperteile nach und nach verwandelten. Seine Körper wurde breiter, Füße und Hände bekamen jeweils ein fünftes Glied, seine Ohren wurden weniger spitz, seine orange Farbe wich einem Hautton, seine Haare wurden schwarz, und seine Fühler und sein Schwanz verschwand gänzlich. Er sah eigentlich schon sehr menschlich aus, wenn auch fett und kleinwüchsig. „Wow …. das ist zu viel. So glaubt uns doch kein Mensch, dass du mit uns verwandt bist.“, meinte mein Dad und ich pflichtete ihm natürlich bei. „Zumal du schlecht als Dylans Cousin durchgehst, wenn du wie ein vierzigjähriger Neandertaler ausschaust.“ „Okay, ich glaube jetzt habe ich verstanden was ihr genau wollt.“, sagte Evo schließlich breit grinsend, während seine Wangen sich in seiner aktuellen Gestalt fett aufplusterten. Kurz darauf verwandelte er sich erneut und diesmal war das Ergebnis einfach nur perfekt!
Ξ:Cosmo-14 Die Abendsonne strahlte über die Dächer hinweg und tauchte unsere Kleinstadt in ein warmes Licht. Drei Schatten spiegelten sich auf der geteerten Straße wieder, die zu mir, meinem Vater und Evo in seiner neuen Gestalt gehörten. Wir schlenderten am Rathaus vorbei, marschierten über die Straße und rüber zum Park, der an einem See gelegen war. Dort befand sich ein Spielplatz mit Karussell, einem Klettergerüst, einer großen Rutsche und zwei Schaukeln. Auch eine Tischtennisplatte und ein überdimensionales Schachbrett befanden sich auf dem gut gepflegten Rasen. Es war ein schöner Ort, an dem sich immer viele Eltern mit ihren Kindern tummelten. Da es schon spät war, war im Park nun aber nicht mehr allzu viel los. Ein Mann schlenderte gerade über dem Rasen, während sein Hund, ein Rotrevier, mit dem er gerade Gassi ging, den Tauben hinterherjagte. Auf dem Spielplatz kletterten noch zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, auf dem Klettergerüst rum, während ihre Mutter die letzten Seiten eines Buches zu Ende las und gelegentlich zu ihren Kindern rüber sah. „Denk daran was wir dir beigebracht haben. Verhalte dich unauffällig.“, erinnerte mein Vater Evo, der zum ersten Mal in seiner neuen menschlichen Gestalt in der Öffentlichkeit auftrat. „Du bist jetzt einer von uns, also musst du dich auch so verhalten.“, fügte ich hinzu. „Das schaff ich. Es ist leicht ein Mensch zu sein.“, meinte Evo frohen Mutes und ich hoffte, dass sein Optimismus ihn und auch uns nicht im Stich ließ. Wir schlenderten also weiterhin über den Rasen und steuerten geradewegs auf den Spielplatz zu. Als wir an der Frau vorbei kamen, sah sie nicht zu uns auf, dafür beobachteten uns deren Kinder bereits mit neugierigen Blicken. Vor allem Evos neue Gestalt galt ihrer Neugier. Evo hatte sich in einen völlig neuen Menschen verwandelt. Von der Statur her war er eher schmächtig und auch etwas kleiner als ich, aber er hatte eine schöne weiche Haut. Seine Haare waren nun so schwarz wie die Nacht und seine grünen Augen hatten den Glanz von Smaragden. Wenn er seinen Mund öffnete, konnte man seine strahlend weißen Zähne erkennen, während sich ein Lächeln in seinem Gesicht abzeichnete, das den Nordpol zum Schmelzen bringen dürfte – nicht das das bei dem aktuellen Klimawandel von Nöten gewesen wäre. Nachdem er seine Wandlung vollzogen hatte, sagte ich zu ihm: „Jetzt siehst du wie ein normaler Bürger unseres Planeten aus…, wenn auch mit ein paar netten Accessoires.“ „Ist das eine Schaukel?“, fragte Evo mich flüsternd, als er sich zu mir rüber beugte. Ich nickte leicht und daraufhin rannte Evo auch schon auf die zwei Schaukeln zu. Auf eine der Beiden setzte er sich und fing an, sich freudig hin und her zu schaukeln. Dabei strahlte er überglücklich, was eine anziehende und ansteckende Wirkung auf mich ausübte. Ich rannte also zur anderen Schaukel und fing ebenfalls damit an, mich in die Lüfte gleiten zu lassen. Die Kinder beobachteten uns auch weiterhin, bis ihre Mutter das Buch zuschlug und sie aufforderte, nun von dem Klettergerüst runter zu kommen, damit sie nach Hause gehen konnten. Indessen führte mein Dad ein Telefongespräch. Eine halbe Stunde später gingen wir wieder nach Hause, aber nicht ehe ich Evo im Karussell einen Drehwurm bescherte, indem ich das Karussell von außen anschob. Mein Dad schlug gerade die Tür zu Hause zu, als er auch schon sagte: „Ich habe mit einem Bekannten telefoniert, der einen Posten in der Gemeinde inne hat. Er ist mir noch einen Gefallen schuldig, also hab ich ihn darum gebeten, dich Evo in der Gemeinde als Dylans Cousin eintragen zu lassen. Demnach verzichtet er auch auf eine Geburtsurkunde, aber einen Namen und Geburtstag benötigen wir dennoch für dich.“ „Wie wäre es mit Hugo?“, schlug ich breit grinsend vor. „Hugo klingt nett.“, pflichtete Evo mir bei. Er verstand wohl die Ironie hinter meinem Vorschlag nicht. „Jungs bitte.“, sagte mein Dad kopfschüttelnd, während wir alle drei ins Wohnzimmer stolzierten und es uns gemütlich machten. „Das ist eine ernste Angelegenheit. Ich breche hier schließlich ein Gesetz. Also hat hier noch einer einen konstruktiven Vorschlag, ansonsten suche ich den Namen aus?!“ „Sag lieber schnell einen Namen, denn sonst heißt du am Ende Melvin oder Dustin.“, meinte ich zu Evo. „Mir persönlich würde es ja gefallen, wenn dein Name was mit Astronomie zu tun hat.“ „Dann nennen wir ihn also Pluto?“, fragte mein Dad irritiert in die Runde. Sieh an. Uns um etwas mehr Ernsthaftigkeit bitten, aber dann den Namen von Micky Maus` Hund vorschlagen. „Kann ich mich dann Téleios nennen?“, fragte Evo uns. „Tee was?“, kam es aus unseren Mündern gleichzeitig. „Téleois! In eurer Sprache bedeutet das, dass ich ‚perfekt‘ bin.“, erklärte Evo uns grinsend. Ich starrte Evo grimmig an. „Erstens ist das kein menschlicher Name, zweitens bist du alles andere als perfekt und drittens, hör auf immer so blöd zu grinsen, das macht mich nervös.“ „Wenn wir uns nicht auf einen Namen einigen können, müssen wir ihn eben doch Melvin oder so nennen.“, meinte mein Dad daraufhin, was ich aber strikt ablehnte. „Ich will keinen Cousin haben, der sich Melvin nennt. Er wird auf meine Schule gehen und ich möchte nicht zum Gespött meiner Mitschüler werden!“, erklärte ich. Nach einer kurzen Stille, in der wir alle fleißig weiter überlegten, sagte ich schließlich: „Was hältst du von dem Namen Cosmo? Der Name leitet sich von ‚Kosmos‘ ab und übersetzt bedeutet er ‚die Schönheit‘ und ‚die Ordnung‘.“ „Ach und bei dem Namen Cosmo wird ihn keiner verspotten?“, entgegnete mein Dad fragwürdig. „Ich finde den Namen schön. Cosmo mag ich und ich mag mich.“, sagte Evo glücklich und zufrieden. „Na bitte, geht doch.“, sagte ich stolz. „Also Cosmo. Und ihr seid euch da auch ganz sicher?“, harkte mein Dad noch einmal vorsichtig nach. „Ist der Name erst einmal eingetragen, lässt er sich nicht mehr umändern.“ „So sicher wie mein Schwanz lang ist.“, bestätigte Evo ihm, während ich ein wenig rot im Gesicht wurde, bei dem unpassenden Vergleich, den er von sich gab. „Und was nehmen wir als Geburtsdatum?“, fragte mein Dad uns. Auch hierfür hatte ich einen Vorschlag parat. „15.Oktober 1999. An jenem Tag ist Evo nämlich in unserem Pool gelandet und seitdem wohnt er bei uns. Er sollte in etwa so alt sein wie ich, deshalb Jahrgang 1999, oder was meint ihr?!“ „Finde ich evotastisch!“, rief unser außerirdischer Hausgast hocherfreut. „Sehr gut. Dann wäre das ja schon mal geklärt.“, meinte mein Dad zufrieden. „Es wird langsam spät und morgen ist Schule. Geht lieber gleich ins Bett, ihr wollt doch morgen nicht verschlafen. Ach und noch ganz wichtig: Evo heißt jetzt Cosmo. Merkt euch das Beide und benutzt fortan nur noch diesen Namen. Wenn der Schwindel auffliegt, bekommen wir eine Menge Probleme.“
Fortsetzung folgt ... am Mittwoch, den 12.Oktober 2022!
Hauptrollen: Dylan Winter: Er ist homosexuell und hegt Gefühle für seinen Mitschüler Emmet. Dylan ist ein talentierter Zeichner. Cosmo Winter (O:Evo-1570): Ein außerirdisches Wesen vom Planeten Neró. Er kann sich in andere Lebensformen verwandeln und tarnt sich dadurch als Dylans Cousin. Philip "Phil" Winter: Er ist Dylans Vater und von Beruf der Sheriff einer amerikanischen Kleinstadt. Seine Frau verstarb vor etwa einem Jahr.
Nebenrollen: Emmet Harding: Mitschüler und Schwarm von Dylan; Zwillingsbruder von Tamara. Tamara Harding: Mitschülerin von Dylan; Zwillingsschwester von Emmet. Mika Stone: Mitschüler von Dylan; Klassenclown. Elijah Richfield: Mitschüler von Dylan; bester Kumpel von Mika. Mr. T
O:Evolution-15 Die Schulglocke ertönte und in meiner Klasse herrschte noch reger Aufruhr. Ein paar Jungs fanden es lustig sich mit Papierknäulen zu bewerfen, während die Mädchen aus der ersten Reihe die neusten Modetipps untereinander austauschen. Natürlich war der Hype um Zayn Malik vom Freitag noch nicht abgeklungen und so kam es auch jetzt, dass noch das ein oder andere Mädchen zu mir kam und mich seinetwegen durchlöcherte. Meistens gab ich jedoch immer dieselbe Antwort: „Zayn ist nicht mehr in der Stadt, also nervt mich nicht ständig!“ Auch wenn das unhöflich rüberkam. Meine Unfreundlichkeit hatte auch einen ganz anderen Grund, denn heute war Evos … pardon … Cosmos erster Schultag, weshalb ich irre nervös war. Mir wurde bereits mitgeteilt, dass er auch in meine Klasse kam, wodurch ich ihn zwar besser im Auge behalten konnte, aber gleichzeitig nun auch jeden Tag Babysitter spielen durfte. Meine Nervosität war sogar so stark, dass ich auch nur Bruchstückweise mitbekam, wie Emmet und Tamara, eine Reihe vor mir, miteinander tuschelten. Bruchstücke wie „Damals“ oder „vergessen“ konnte ich gelegentlich aufschnappen. „Ich glaube Mr. T hat heute verschlafen!“, rief Mika hellauf begeistert durchs Klassenzimmer. „Yeah, Party!“, stimmte Elijah begeistert mit ein. „Redet doch nicht so einen Stuss.“, sagte Tamara, die ihr Tuscheln mit ihrem Zwillingsbruder damit auch einstellte. „Mr. T hat sich noch nie verspätet. Es gibt sicher einen triftigen Grund für sein Zuspätkommen.“ „Eigentlich kann es uns doch auch egal sein. Er ist nicht da und fertig.“, meinte Emmet dazu. „Wer hat dich denn gefragt ‚Caterpillar‘?!“, warf Mika Emmet an die Ohren, der sich daraufhin wieder umdrehte und gekränkt zur Tafel starrte. Tamara warf Mika einen bösen Blick zu, doch hielt sie sich mit ihrem Gegenangriff zurück, da Mr. T endlich ins Klassenzimmer stolzierte. „Guten Morgen, Klasse 9B!“, rief er mit einer eindrucksvollen tiefen Stimme durch den Raum und schon wurde es mucksmäuschenstill im Klassenzimmer und jeder setzte sich wieder auf seinen Platz. Mr. T wirkte etwas außer Atem und zerstreut, doch das Augenmerk lag weniger auf ihn und vielmehr auf den Jungen, den er im Schlepptau hatte. Mr. T suchte nach ein paar Unterlagen auf seinen Schreibtisch. Inzwischen trafen sich meine und Cosmos Blicke. Er schenkte mir ein anmutiges Lächeln, dass ich nur zu erwidern wusste. Ein paar Klassenkameraden entging das nicht und so wandten sich Emmet und Tamara auch relativ zeitnah zu mir um und starrten mich perplex an. „Schon wieder ein prominenter Sänger den du kennst?“, fragte Tamara mich flüsternd. Ich schüttelte nur mit dem Kopf, denn ich war nach wie vor irre nervös und wollte nichts Falsches von mir geben. Cosmo blickte sich derweil neugierig und wenig aufgeregt im Klassenzimmer um. Vor seinen Füßen lag eines der Papierknäulen, dass er kurz darauf auch bemerkte. Er bückte sich und hob es zu meinem größten Bedauern auf. „Oh nein, bitte tu jetzt nichts Unüberlegtes!“, schoss es mir durch den Kopf. Doch wider Erwarten, warf Cosmo das Papier im hohen Bogen in den Papierkorb. Ein „Wow“ war von einigen zu hören, da er so selbstbewusst und zielsicher den Papierkorb traf. Mir hingegen fiel einfach nur ein Stein vom Herzen. Cosmo hätte ich es zugetraut, dass er gleich am ersten Tag unseren Schuldirektor – Mr. T – einen Papierknäul an den Kopf wirft. Vielleicht sollte ich lernen, ihm etwas mehr Vertrauen zu schenken. Ganz dumm war er ja schließlich auch nicht. Schließlich kam Mr. T zu dem Entschluss, dass das Dokument, dass er suchte, offenbar nicht auf dem Schreibtisch lag, weshalb er sich auch endlich Cosmo und seiner Klasse zuwandte. „Ich möchte euch heute einen neuen Mitschüler vorstellen. Er ist erst dieses Wochenende in unsere Kleinstadt gezogen. Wie er heißt und was er sonst noch so zu erzählen hat, kann er euch gerne selber sagen.“ Nun lag es an Cosmo, die passenden Worte zu finden. „Howdy Leute!“ Ich ließ meinen Kopf mit dem Gesicht nach unten auf die Tischplatte fallen. Von allen Grußformeln musste es ausgerechnet „Howdy“ sein? „Ja, was gibt es über mich zu sagen? Eigentlich sehr viel, doch das Beste wird es sein, ihr findet es einfach selber heraus. Ach ja eines noch. Ich heiße Cosmo Winter und bin der Cousin von dem Jungen, der gerade seinen Kopf auf den Tisch gehämmert hat.“ Mit einem Mal waren alle Blicke auf mich gerichtet. In den letzten Tagen stand ich meines Erachtens eindeutig zu oft im Mittelpunkt. Das empfand wohl auch Mika so, dessen Mimik Bände sprach. „Sehr schön.“, sagte Mr. T, der einmal kräftig in die Hände klatschte. „Was hältst du davon, wenn du dich gleich auf den leeren Stuhl neben deinem Cousin setzt, Cosmo. Ich denke, da bist du am besten aufgehoben und ihr anderen kümmert euch darum, dass Cosmo sich wohl bei uns fühlt.“ Cosmo schlich auf leisen Sohlen zu mir nach hinten und setzte sich mit einem breiten Grinsen neben mich. Dieses Grinsen wird mir irgendwann noch Albträume bescheren! „Schön.“, sagte Mr. T zufrieden und sein Unterricht konnte beginnen. „Ich möchte heute mit euch ein neues Thema in Biologie beginnen. Das ist gut, denn so erleichtert sich auch der Einstieg für Cosmo an unserer Schule. Wer kann mir etwas zu der Evolution des Menschen erzählen?“ Ich konnte eine Reihe von unwissenden Gesichtern erkennen, doch der erste der seine Hand hob war … Cosmo! „Ja bitte, Cosmo.“, rief Mr. T ihn hocherfreut über dessen Einsatz auf. „Die ersten Menschen auf der Erde waren die nackte Eva und der nackte Adam.“, sagte Cosmo und ich begann mich kleiner zu machen und unter den Tisch zu fallen. Das hat er gerade nicht wirklich gesagt, oder? Meine Klassenkameraden fanden das natürlich lustig, doch Mr. T verzog keine Miene. „Nein, nur Spaß. Nachdem die Dinosaurier alle bei einem Asteroideneinschlag ums Leben kamen, dauerte es viele Jahrhunderte, bis die ersten Menschen über die Erde wanderten. Die ersten Menschen wurden Hominini oder auch Menschenaffen genannt. Sie hatten bereits die Gestalt eines Menschen, doch mit dem Kopf eines Schimpansen und mindestens genauso beharrt. Die Intimrasur gab es damals ja leider noch nicht. Viele Jahrhunderte später entstand daraus der Homo erectus, den wir als Neandertaler kennen. Sie lebten in der sogenannten Steinzeit, zusammen mit Mammuts, Säbelzahntigern und anderen heute nicht mehr existierenden Lebewesen. Die Ausbreitung des Menschen, heute Homo sapiens genannt, begann in Afrika, dann im Nahen Osten, Südasien und vermutlich vor etwa 50.000 Jahren dann auch in Australien. Erst später besiedelte der Mensch auch beide Teile Amerikas und Europa. Die Homo sapiens und die Homo erectus teilten sich eine lange Zeit den Lebensraum, ehe der Homo erectus ausstarb, so wie die Amerikaner die Indianer ausrotteten.“ Nach diesem kleinen Exkurs in der Evolution des Menschen herrschte eine beeindruckende und angespannte Stille im Klassenzimmer. Wir Schüler, darunter auch ich, waren natürlich restlos begeistert von Cosmos Wissen über die Evolution des Menschen, doch auch Mr. T schien es die Sprache verschlagen zu haben. „Du weißt ja eine ganze Menge darüber.“, sagte Mr. T schließlich, nachdem er seine Stimme wieder fand. „Dürfte ich erfahren, woher du so viel darüber weißt?“ „Öhm…“ Ich merkte Cosmo an, dass er sich gerade eine Lüge im Kopf zu Recht legte. Ich hatte ja keine Ahnung, dass Evos, auch die irdischen Medien studierten. „Naja ich sehe mir gerne Filme an: ‚Ice Age‘, ‚Jurassic Park‘, ‚Die Croods‘, ‚Es war einmal… der Mensch‘ und naja…“ Peinliche Stille, doch ich konnte mir das Kichern nicht verkneifen. Auch Emmet und Tamara eine Reihe vor uns und ein paar anderen Schülern erging es so. Mr. T stand wie versteinert im Raum, unfähig, den Unterricht wieder aufzunehmen. Nach einer Weile sagte er: „Ah ja … also dann, dass beste wird es sein, wir fahren fort und…“ Cosmos Hand schnellte ein weiteres Mal in die Höhe, was Mr. T erneut aus der Fassung brachte. „Oh … äh … Cosmo. Wolltest du noch etwas hinzufügen?“ „Nein, aber kann ich bitte aufs Klo? Meine Blase drückt!“ Schallendes Gelächter war die Folge.
Fortsetzung folgt ... am Freitag, den 14.Oktober 2022!
Hauptrollen: Dylan Winter: Er ist homosexuell und hegt Gefühle für seinen Mitschüler Emmet. Dylan ist ein talentierter Zeichner. Cosmo Winter (O:Evo-1570): Ein außerirdisches Wesen vom Planeten Neró. Er kann sich in andere Lebensformen verwandeln und tarnt sich dadurch als Dylans Cousin. Philip "Phil" Winter: Er ist Dylans Vater und von Beruf der Sheriff einer amerikanischen Kleinstadt. Seine Frau verstarb vor etwa einem Jahr.
Nebenrollen: Emmet Harding: Mitschüler und Schwarm von Dylan; Zwillingsbruder von Tamara. Tamara Harding: Mitschülerin von Dylan; Zwillingsschwester von Emmet. Mika Stone: Mitschüler von Dylan; Klassenclown. Elijah Richfield: Mitschüler von Dylan; bester Kumpel von Mika. Dr. Archimedes Tibbet: Lehrer für Geschichte und Geografie.
Π:Astronomen-16 „Von woher kommst du?“, „Bleibst du nun für immer bei den Winters wohnen?“, Wo sind deine Eltern?“, „Hattest du schon einmal eine Freundin?“ Unzählige Fragen prasselten in der großen Pause auf Cosmo ein und weder er, noch ich, wussten wo uns der Kopf stand. Zu unserer beider Glück, stellte sich Cosmo als großartiger Geschichtenerzähler heraus – oder um es auf den Punkt zu bringen: Er erzählte unseren Mitschülern eine Lüge nach der anderen, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. „Ich komme aus der Nähe von Baltimore und meine Eltern mussten geschäftlich nach Asien reisen. Ich hab keine Ahnung wann sie wieder kommen, aber dieses Schuljahr bleibe ich auf jeden Fall bei meinem Onkel und meinem Cousin wohnen. Und nein, eine Freundin hatte ich bisher noch nicht, aber ich habe einen Freund, Dylan, er ist ein Schatz!“ Bei seinen letzten Worten musste ich einmal kräftig schlucken. Dieser Idiot! Wieso sagt er sowas? Da kann ich mich ja gleich vor gesammelter Mannschaft outen. Elijah fand Cosmos Aussage mehr als ulkig und unter Gelächter, zeigte er mit dem Finger auf mich und machte sich über mich lustig. Zwei Mädchen kicherten vergnügt und etwas abseits standen Emmet und Tamara, die schon wieder miteinander tuschelten. Alles eigentlich ganz normal, bis auf die Tatsache, dass Mika still und leise auf der Bank im Pausenhof saß und teilnahmslos wirkte. Elijah schien das nicht zu bekümmern, der war damit beschäftigt, sich über mich lustig zu machen… Die Schulglocke ertönte und gab uns das Zeichen, dass die Pause nun vorüber war. Nur widerwillig zogen wir uns in das Schulgebäude zurück, denn Geschichte bei Dr. Tibbet stand auf dem Stundenplan. Keiner hatte so wirklich Lust darauf, da wir gerade die Barock-Epoche behandelten, einen ziemlich trockenen Stoff. Dennoch war ich gespannt darauf, ob Cosmo diesbezüglich auch so viel wusste, wie zu der Evolution des Menschen. Wir setzten uns alle auf unsere Plätze, doch Ruhe kehrte im Klassenzimmer so schnell keine ein. Dr. Tibbet war noch nicht da, weshalb sich jeder noch mit anderen Dingen beschäftigte. Elijah und Mika diskutierten über ein neues Videospiel, dass auf dem Markt raus kam, Tamara unterhielt sich mit einer Freundin, Emmet kritzelte irgendwas in sein Notizheft und ein anderer Klassenkamerad bohrte in der Nase herum… „Lass das.“, sagte ich schließlich und Cosmo zog sich den Finger aus der Nase. „Das ist einfach nur eklig.“ Cosmo grinste mich an, stand auf und schlenderte zum Waschbecken rüber, um sich die Hände zu waschen, dass sich neben der Tür befand. Genau in diesem Moment tauchte Dr. Tibbet auf, doch zur Überraschung aller war er in Begleitung zweier Personen. Ein Mann und eine Frau. Die Frau hatte schulterlanges, dunkelblondes Haar. Ihr Alter schätzte ich so an die Ende Dreißig. Beim Betreten des Klassenzimmers, schenkte sie uns ein liebevolles Lächeln. Der Mann hatte kurzes, stinknormales braunes Haar und dürfte älter als die Frau sein – so Anfang Vierzig. Zudem trug er eine Brille und wirkte dadurch etwas hochnäsig und altklug. Allerdings waren beide recht leger gekleidet. Doch was hatten sie hier zu suchen? Hat Dr. Tibbet sie eingeladen, da sie etwas über die Barock-Epoche wussten? Eher unwahrscheinlich, da dies zu Dr. Tibbets Lieblingsthemen gehörte und er sehr viel darüber wusste. „Guten Morgen, Klasse!“, rief er quer durchs Klassenzimmer, während Cosmo noch immer mit Hände waschen beschäftigt war. „Ach, du bist bestimmt der Neue an unserer Schule. Freut mich sehr, deine Bekanntschaft zu machen.“ Dr. Tibbet streckte Cosmo freundlich die Hand entgegen. Cosmos Hände waren auch nach dem Abtrocknen noch feucht, aber dies schien ihm egal zu sein. „Nun denn, setz dich doch bitte, wir fangen sofort mit dem Unterricht an und solltest du Fragen haben, dann wende dich einfach an deinen Banknachbarn. Dylan ist einer meiner aufgewecktesten Schülern.“ Den letzten Satz richtete er mit einem Augenzwinkern auf mich und mir war natürlich klar, dass er damit auf den Unterricht am Donnerstag anspielte, wo er voller Eifer über die Milchstraße unterrichtete, während ich geistig nur zur Hälfte anwesend war. „Also schön, legen wir los!“ Dr. Tibbet klatschte einmal in die Hände und der Unterricht begann. „Wie ihr alle sehen könnt, bin ich heute nicht alleine gekommen. Eigentlich steht Geschichte auf dem heutigen Stundenplan, aber ich tausche das Fach heute mit Geografie vom Donnerstag. Wie ihr ja alle wisst, gab es Donnerstagabend einige Sternschnuppen zu bewundern. Wie viele von euch sind aufgeblieben und haben am Nachthimmel Ausschau gehalten? Bitte Hände hoch!“ Fast 90 Prozent der Klasse, einschließlich mir, hob seine Hand. Cosmos Hand blieb zum Glück unten. „Sehr schön … und wie viele von euch haben an jenem Abend auch eine Sternschnuppe entdeckt?“ Fast alle Schüler ließen ihre Hände fallen, so das letzten Endes nur noch meine Hand und die eines anderen in die Lüfte ragte. Ich war etwas überrascht, denn der andere Schüler war Mika! „Dylan und Mika, das ist großartig. Ich freu mich für euch.“, sagte Dr. Tibbet stolz. „Ihr dürft jetzt auch eure Hände runter nehmen. Ihr Zwei seid nämlich nicht die Einzigen, die an jenem Abend Sternschnuppen zu sehen bekamen. Darf ich euch vorstellen: Frau Kovnikovo und Herr Prokkowitch! Sie sind russische Astronomen und derzeit zu Besuch in Amerika, um unseren Nachthimmel genauestens zu studieren. Sie haben am Donnerstag ebenfalls etwas entdeckt, wovon sie euch jetzt aber selber erzählen werden.“ Mit diesen Worten, zog sich Dr. Tibbet in die Ecke zurück, wo er sich auf dem Fenstersims niederließ, während er uns alle aus den Augenwinkeln heraus beobachtete. „Es freut uns sehr, heute hier bei euch sein zu dürfen.“, sagte Frau Kovnikovo freundlich, deren warme Ausstrahlung ich mir nicht nur eingebildet zu haben schien. Herr Prokkowitch verzog keine Miene und begrüßte uns auch nicht. Stattdessen fing er einfach zu reden an, was sich jedoch als sehr interessant herausstellte. „Donnerstagabend wurden im gesamten US-Bundestaat an die 238 Sternschnuppen gesichtet. Vermutlich gab es noch mehr, aber flogen sie so schnell, dass das menschliche Auge sie nicht zu erfassen vermochte. Meine Kollegin und ich befanden uns auf dem kleinen Hügel am Ortsende, wo wir unsere Arbeitsgeräte aufstellten. Mit Neugier und Interesse beobachteten wir den Nachthimmel und entdeckten dabei etwas ganz Außergewöhnliches, um nicht zu sagen, sehr Ungewöhnliches.“ „Weiß hier einer von euch, aus was eine Sternschnuppe besteht und wie sie in unseren Augen aussehen?“, stellte Frau Kovnikovo uns die Frage. Tamara war dieses Mal diejenige, die ihre Hand erhob und wurde zugleich auch von der Astronomin aufgerufen. „Sternschnuppen sind in Wirklichkeit kleine Meteoren, die beim Eindringen in die Erdatmosphäre verglühen. In unseren Augen leuchten sie hell und sind weiß.“ „Sehr gut. Prima gemacht.“, lobte Frau Kovnikovo glücklich. „In der Tat ist das korrekt, aber am Donnerstag konnten wir eine ganz besondere Sternschnuppe ausfindig machen.“, sagte Herr Prokkowitch, der seine Arme hinterm Rücken überkreuzte und recht steif vor der Klasse stand, während Frau Kovnikovo sich lässig das Haar hinters Ohr streichelte. „Meine Kollegin und ich konnten eine Sternschnuppe direkt über dieser amerikanischen Kleinstadt entdecken, die in einem leuchtenden Blau schimmerte. Es war nur ein kleines Schimmern, doch durch unsere Teleskope konnten wir genau beobachten, wie diese Sternschnuppe, beziehungsweise dieser Meteor, hier herunterkam. Wir wissen nicht genau wo, aber wir wissen, dass er hier irgendwo sein muss. Meteoren hinterlassen Spuren. Für Leute, mit wenig Fachwissen über Astronomie, kaum sichtbar. Doch manchmal sieht das Auge mehr, als es dem Menschen bewusst ist. Zwei von euch haben sich vorhin gemeldet, sie hätten Sternschnuppen gesehen. Deshalb meine Frage an die zwei Jungs: Ist euch an diesen Sternschnuppen irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen? Vielleicht wisst ihr sogar, wo unsere gesuchte Sternschnuppe gelandet ist.“ Der Typ redete und redete, ich war sichtlich genervt von ihm, doch weitaus wichtiger war nun, dass sich die Schnur schneller zuzog, als mein Vater und ich dachten. Ich versuchte absichtlich nicht zu Cosmo zu sehen, um keinen Verdacht auf ihn zu schöpfen. Die Astronomen konnten ja kaum wissen, dass ein Alien mit dieser Sternschnuppe auf der Erde gelandet ist…, oder etwa doch? Zu meiner und auch Cosmos großer Überraschung, war es Mika, der den Astronomen eine Antwort gab: „Ich! Ich habe etwas gesehen…!“
Fortsetzung folgt ... am Montag, den 17.Oktober 2022!