In 10 Tagen - am 2.November 2022 ist es soweit: Dann starte ich hier meine Geschichte "Queer durchs Leben"!
Zehn Geschichten die alle für sich stehen und dennoch miteinander verbunden sind: Moritz will sich bei seinen Eltern outen und erlebt eine böse Überraschung; Jannik verknallt sich in seinen neuen Lehrer; Eric sitzt bei einem Therapeuten und arbeitet seine Vergangenheit auf; Manuela offenbart ihrem Ehemann auf Frauen zu stehen; Damian und sein Freund führen eine offene Beziehung; Nils sucht seinen Traummann und findet ihn; Felix lebt im Waisenhaus bis er von einer irren Familie adoptiert wird; Ricardo sucht nach ein wenig Spaß im Internet; Leonas wird von seinen Mitschülern gemobbt; Flo war einst ein Junge und ist nun ein Mädchen - all diese Personen haben ihre eigenen Probleme zu bewältigen, doch sind sie alle enger miteinander verflochten, als sie ahnen.
Es geht los! "Queer durchs Leben" erzählt nicht eine Geschichte, sondern ZEHN Geschichten! In den ersten zwei Kapitel starte ich gleich mit 5 dieser 10 Geschichten. Viel Spaß! Noch ein wichtiger Hinweis: Wer diese Geschichte vollends genießen möchte, sollte sich von den "Queer durchs Leben"-Threads in meinem Backstage-Bereich fern halten, denn dort gehe ich ziemlich detailliert auf jede einzelne Geschichte ein und nehme sogar das Ende vorweg!
Jannik – Teil 1 „Guten Morgen, Klasse 9c!“, rief Herr Meier quer durchs Klassenzimmer, als er zur Tür reinkam. Jannik schaute bei seinen Worten nicht auf, denn er kannte Herrn Meier noch vom letzten Schuljahr, als er ihn in Physik, Chemie und Mathematik unterrichtete. Stattdessen unterhielt er sich weiterhin angeregt mit seinem besten Kumpel über „Pokémon Go!“: „Ich hab neulich ein Relaxo gefangen.“, erzählte ihm sein Kumpel. „Seitdem fühlt sich mein Smartphone zehn Tonnen schwerer an.“ Jannik lachte, als er im Augenwinkel Herrn Meier an sich vorbei zu seinem Pult gehen sah. Doch lief noch eine weitere Person an ihm vorbei und erst jetzt bemerkte Jannik, dass alle Mädchen in dieser Klasse Herzchen in ihren kleinen Äuglein hatten und stier zum Lehrerpult starrten. Jannik blickte ebenfalls dorthin und stellte fest, dass Herr Meier nicht allein gekommen war. Neben ihm stand ein junger Mann, der sich leicht nervös in der Klasse umsah. Sein kurzes braunes Haar war top gestylt, sein Gesicht wies keinerlei Falten auf und auch sonst wirkte er noch ausgesprochen jung. Wenn Jannik einen Tipp abgeben musste, dann würde er ihn nicht älter als dreißig schätzen…, oder vielleicht noch jünger? „Wer ist denn das?“, hörte Jannik seinen Kumpel neben ihm fragen. So ziemlich jeder Schüler, insbesondere die Mädchen, stellten sich diese Frage, denn nachdem der junge Mann den Raum betreten hatte, waren alle Blicke auf ihn gerichtet. Herr Meier war es zu verdanken, dass sie nicht allzu lange im Dunkeln tappten. „Ich hoffe, ihr hattet alle schöne Sommerferien. Darf ich vorstellen: Der junge Mann neben mir ist Herr Kronthaler und ein neuer Referendar an unserer Schule. Er wird mir und auch euch in diesem Schuljahr zur Seite stehen. Wenn ihr also Fragen oder Probleme habt, dann könnt ihr euch gerne an ihn wenden. Er wird versuchen, diese aus der Welt zu schaffen, damit ihr ein sorgenfreies Schuljahr absolvieren könnt.“ Ein Mädchen, das einen Platz hinter Jannik saß, schmachtete vor sich dahin: „Mein Herz klopft schon jetzt wie verrückt, wenn ich ihn nur ansehe. Ein Kuss und all meine Sorgen wären dahin.“ Jannik rollte mit den Augen, doch als er Herrn Kronthaler einen Blick zuwarf und dieser für einen kurzen Moment seinen Blick erwiderte, glaubte auch er sein Herz klopfen zu hören.
Moritz – Teil 1 „Ich tu es, ich tu es, ich tu es.“ Moritz brabbelte immer wieder die gleichen Wörter vor sich hin, während er vor seiner eigenen Haustür stand und den Schlüssel fest umschlossen in seiner linken Hand hielt. Ein heftiger Wind zog an ihm vorbei und seine Haare waren vom Nachhauseweg schon ganz zerstreut. Doch der eigentliche Gegenwind stand ihm erst noch bevor, denn Moritz hatte sich nach reiflicher Überlegung dazu durchgerungen, sich endlich bei seinen Eltern zu outen. Er wollte aber nicht mit der Tür ins Haus fallen und hatte sich schon den ganzen Tag Gedanken darüber gemacht, welche Wort er benutzen wolle, um das Ganze möglichst friedlich über die Bühne zu bringen. Als einziger Sohn seiner Eltern, hatten diese natürlich immer von einer Schwiegertochter und einem zukünftigen Enkel geträumt. Doch die Realität sah nun einmal anders aus, denn Moritz wusste bereits seit fast zwei Jahren, dass er insgeheim auf Jungs stand. Damals war Moritz gerade einmal Vierzehn und ertappte sich immer wieder selber dabei, wie er im Schwimmbad den braungebrannten Jungs hinterherstarrte. Wenn sie dann auch noch aus dem Wasser stiegen und Wasser an jeder einzelnen Faser ihres Körpers hinuntertropfte, war es komplett um ihn geschehen. Einen Freund hatte Moritz zwar bis heute noch nicht gehabt, aber das war vermutlich auch besser so. Ihm war es lieber, seinen Eltern erst reinen Wein einzuschenken, bevor er ihnen auch noch seinen Freund vorstellte. „Also los Moritz, tu es!“, forderte er sich selber vom Neuen auf, als plötzlich wie durch Telepathie die Haustür von selber aufging. Seine Mutter stand plötzlich vor ihm, mit einem Müllbeutel in der Hand, und musterte ihren Sohn verwirrt. „Da bist du ja endlich. Ich hab mir schon Sorgen gemacht, wo du solange steckst.“, sagte sie. „Du kommst genau richtig. Bringst du bitte den Müllbeutel zum Mülleimer. Lass dich aber nicht vom Wind umnieten, der geht heute besonders stark.“ Seine Mutter reichte ihm den Müllbeutel und ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben, folgte er ihren Anweisungen. Moritz war das Herz in die Hose gerutscht und ihm war klar, dass sein Outing schwerer werden würde, als gedacht.
Eric – Teil 1 „Glauben Sie an Wiedergeburt?“ Eric saß auf einer weinroten Couch und versuchte möglichst cool rüberzukommen. Dabei war es ihm eigentlich egal, was sein Gegenüber von ihm hielt, hatte er doch eigentlich nicht das geringste Bedürfnis, sich mit diesem Menschen noch weiter zu unterhalten. „Ich meine…, wenn es so etwas wie Wiedergeburt tatsächlich gäbe, dann war ich in einem früheren Leben bestimmt so etwas wie ein römischer Zenturio oder so etwas in der Art. Allerdings würde ich nach diesem Leben jetzt hier, nicht wiedergeboren werden wollen. Klar, hab ich mir immer geträumt, mal wie ein Vogel zu fliegen, aber bei der Luftverschmutzung, die durch die Autoabgase und die Fabriken entstehen, würde ich vermutlich irgendwann nur noch hechelnd am Boden kraulen. Darauf kann ich gut und gerne verzichten.“ „Ich denke, ob man wiedergeboren wird oder nicht, das liegt nicht in unserer Hand.“, antwortete der Mann, der Eric gegenüber auf einem Sessel saß, doch noch nach einer Weile. „Oh nein!“ Eric klatschte sich die Hände vors Gesicht und ließ sich auf die Couch zurückfallen. Als er die Hände wieder von seinem Gesicht nahm, sagte er: „Sagen Sie mir bitte nicht, dass sie zu der Sorte Menschen gehören, die an Gott glauben. Gott existiert nicht! Niemals!“ „Warum glaubst du, dass das stimmt?“, fragte der Mann nach. „Niemand hat Gott je gesehen.“ „Ja eben und deshalb weiß ich auch, dass er nicht existiert!“, entgegnete Eric entschlossen und in seinen Augen war ein Anflug von Wut erkennbar. Doch als er merkte, wohin ihn diese Unterhaltung brachte, versuchte er an etwas anderes zu denken, um seine Emotionen wieder in den Griff zu kriegen. „Ha, jetzt weiß ich es!“, schrie er plötzlich auf. „Gelb. Sie sollten ihre Wände in einem schönen sonnigen Gelb streichen. Dieses Grau hier wirkt schon sehr trostlos und traurig.“ Der Mann nickte, als würden Erics Worte Sinn ergeben. Danach warf er einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr und verkündete anschließend: „Die Zeit ist um, Eric.“ „Na dem nicht existierenden Gott sei es gedankt.“, sagte Eric, der sich ohne Umschweife von der Couch erhob und ohne dem Mann einen letzten Blick zu würdigen, zur Tür rannte. Doch der Mann hielt Eric noch einmal auf: „Wir sehen uns dann am Freitag wieder, Eric.“ Eric blieb an der Tür haften, seine Hand bereits auf der Türklinke liegend und zitterte leicht. Danach öffnete er die Tür und schritt hinaus. Außerhalb des Zimmers, in dem sich Eric gerade befand, war neben der Tür ein Schild angebracht, auf dem geschrieben stand: „Prof. Dr. Heinz-Adolf Böhmer (Therapeut)“.
Moritz – Teil 2 Moritz hatte es sich fest vorgenommen, seinen Eltern zu sagen, dass er auf Jungs stand, doch irgendwie brachte er es nicht über sich. Für ihn war es immer der falsche Zeitpunkt. Zuerst war seine Mutter mit dem Hausputz beschäftigt, bei der er sie keineswegs stören wollte, dann kam der Postbote und brachte die Stromrechnung, die diesen Monat besonders hoch ausfiel, weil Moritz selber so viel Zeit am Computer verbracht hatte, was seine Mutter mit Missfallen beäugelte und als dann sein Vater von der Arbeit nach Hause kam, wollte er ihm erst einmal etwas Zeit geben, sich davon zu erholen. Mit der Nachricht, dass er schwul sei, wollte er schließlich beide nicht einfach so überfallen. Dann gab es Abendessen und auch hier brachte Moritz keinen Ton heraus, denn sein Vater oder seine Mutter könnten sich ja an den Bandnudeln verschlucken. Doch wollte er wenigstens ein anständiger Sohn sein und räumte deshalb das Geschirr ab und spülte es gleich hinterher im Spülbecken. Danach gingen ihm aber allmählich die Ausreden aus und obwohl er sich fest vorgenommen hatte, sich bei seinen Eltern zu outen, war die Angst einfach zu groß, sie könnten ihn hinterher nicht mehr so sehr lieben, wie jetzt. „Mum, Dad…“, fing er an und in seinem Kopf ratterte es. Ganz falsch begonnen, dachte er sich, denn so wissen sie doch gleich, dass er ihnen etwas Ernstes mitteilen wollte. „Ich muss euch etwas Ernstes… äh ich meine Wichtiges mitteilen.“ Sein Vater, der bereits zur Tageszeitung gegriffen hatte, schaute zu Moritz auf und auch seine Mutter drehte sich zu ihrem Sohn um. Moritz könnte sich selber ins Gesicht klatschen, dass er gerade so rumstotterte. „Was ist denn Moritz?“, fragte ihn seine Mutter etwas ungeduldig. „Ich muss noch zu Max…“ „Ja ich weiß, aber bitte, ich muss noch etwas Dringendes loswerden.“, antwortet Moritz seiner Mutter und schluckte anschließend einmal kräftig. „Am besten setzt du dich noch einmal hin!“ „Hast du was ausgefressen?“, fragte sein Vater vorsichtshalber schon einmal im Voraus. „Nein, so würde ich das jetzt nicht bezeichnen.“, meinte Moritz, dessen Herz in seinem Brustkorb wie ein Flummi hin und her sprang, bevor es ihm gänzlich in die Hose rutschte. „Ich…, ich…“ Jetzt war es soweit. Moritz wollte sich tatsächlich outen… „Ich bin…“, …bis das Telefon klingelte!
Roland – Teil 1 „Ich bin wieder Zuhause!“, rief Roland Kaiser durch das Haus, als er spätabends von der Arbeit nach Hause kam. Er arbeitete als Pilot bei der Lufthansa und kam gerade eben erst von einem langen Flug aus dem Oman zurück. Als Pilot verdiente er nicht schlecht und so konnte er seiner Familie ein wohlhabendes und vergnügliches Leben bescheren. Roland lebte zusammen mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in einer kleinen, aber sehr modernen Villa. Ihr Einrichtungsstil war eher etwas abstrakt, aber durch die großen Fenster zur Südseite in den Garten hinaus, fiel immer genug Sonnenschein tagsüber in ihr Wohnzimmer, so dass ihr Zuhause dennoch eine sehr warme und einladende Wirkung auf Gäste ausübte. Rolands Familie fehlte es an Nichts. Seine Frau Manuela hatte als Stewardess am selben Flughafen gearbeitet, wo sie sich auch vor genau fünfzehn Jahren kennenlernten. Zwei Jahre später kam ihre Tochter Marie zur Welt und weitere drei Jahre später ihr Sohn Florian. Daraufhin hängte seine Frau ihren Beruf an den Nagel, um bei den Kindern zu sein, während er das Geld für die Familie nach Hause brachte. Als Pilot war er natürlich ständig unterwegs und bekam seine Kinder nicht oft zu Gesicht. Jedes Mal wenn er wieder nach Hause kam, waren sie wieder um ein paar Zentimeter gewachsen. Auch seine Frau sah er natürlich nur sehr selten, aber immer wenn er nach Hause kam, fielen ihm seine Kinder um den Hals und seine Frau küsste ihn besinnlich, bevor sie ihm sein Lieblingsessen zubereitete. Mehr brauchte Roland auch nicht zum Leben, als die Liebe seiner Familie. Doch mit der Zeit spielte schlich sich eine gewisse Routine in das Leben seiner Familie ein und wenn er heute nach Hause kam, wurde er nicht mehr ganz so herzlich wie früher empfangen. Sein Sohn war mit Videospielen beschäftigt, seine Tochter mit dem neuen Lippenstift und seine Frau... tja die war nicht einmal Zuhause! „Wo ist denn eure Mutter?“, fragte Roland seine Tochter, nachdem er es gewagt hatte, ungefragt ihr Zimmer zu betreten. Was blieb ihm auch anderes übrig? Es nahm ihn ja keiner mehr in Empfang und auf sein Klopfen wurde auch nicht eingegangen, hatte seine Tochter zudem auch noch ihre Kopfhörer auf und hörte in voller Lautstärke die Songs ihrer aktuell heißgeliebten Lieblings-Boygroup. „Hey Dad!“, begrüßte Marie ihren Vater mal so eben ganz beiläufig, nachdem sie endlich Notiz von ihm genommen hatte und ihre Kopfhörer abnahm. „Mum? Die hat sich zum Abendessen mit ein paar Freundinnen verabredet und mir das Kommando hier überlassen. Essen steht im Kühlschrank, du musst es dir nur in der Mikrowelle warm machen…“ Marie setzte sich ihre Kopfhörer wieder auf und hörte weiter ihre Musik. Roland legte seine Stirn in Falten. Wiedersehensfreude sah deutlich anders aus. Es hatte den Anschein, als wäre er hier unerwünscht, als ob er von seiner Familie gar nicht mehr gebraucht werden würde. Auf einmal fühlte er sich ganz leer und allein.
Damian – Teil 1 „Das war wirklich ein sehr schöner Abend mit dir.“, sagte Damian und bedankte sich bei dem Jungen, der noch immer nackt unter der Bettdecke lag, während er sich selber wieder seine Hose anzog und sein Hemd zuknöpfte. „Vielleicht können wir das eines Tages wiederholen…“ „Wäre ich in der Tat nicht abgeneigt.“, erwiderte der Junge lächelnd, während er sich im Bett leicht aufrichtete und eine Hand hinter seinen Kopf legte, wodurch sich seine Armmuskeln ganz besonders abzeichneten. „Deine Handynummer hab ich ja jetzt, aber falls ich mich nicht gleich melden sollte, tut es mir Leid. Ich hab die nächsten Tage viel um die Ohren.“ „Ach das geht schon in Ordnung.“, meinte Damian und winkte leicht ab. „Ich bin ohnehin nicht der Typ für eine feste Beziehung. Wo bleibt denn sonst der Spaß im Leben?“ Das Lächeln des Jungen, der noch immer im Bett lag, wurde breiter. „So einer bist du also. Stimmt schon: Spaß ist wichtig im Leben, aber es ist doch auch schön eine Person an seiner Seite zu wissen, die einen gern hat, sich Sorgen um dich macht und immer für dich da ist.“ „Hm…“ Damian brachte daraufhin kaum noch ein Wort aus sich heraus. Er wollte eigentlich nur noch nach Hause und diesen Abend ganz schnell wieder abhaken. Wobei er zugeben musste, dass sein heutiger Flirt, den er zuvor in einer Bar kennengelernt hatte, richtig geil im Bett war! „Also dann…“ „Mach´s gut und bis bald!“, rief der Junge ihm zu, als Damian auch schon zur Tür rausrannte.
Eric – Teil 2 „Guten Tag Eric, wie geht es dir denn heute?“, fragte Prof. Dr. Heinz-Adolf Böhmer, der Therapeut, zu dem Eric nun regelmäßig musste, um seine Vergangenheit aufzuarbeiten. „Hervorragend, Doktorchen.“, antworte Eric und alberte ein wenig herum, während er sich auf die Couch gegenüber seines Therapeuten niederließ. In seinem Gesicht konnte man bereits erkennen, dass es ihm alles andere als hervorragend ging, aber Dr. Böhmer wusste, dass er Eric nur dann helfen konnte, wenn es dieser auch von sich aus zuließ! Momentan sah es aber leider gar nicht danach aus… „Wollen wir heute darüber sprechen, weswegen du hier bist, oder weiterhin über die Farbe meiner Wände diskutieren?“, fragte Dr. Böhmer Eric vorsichtig. „Naja, wie ich sehe, haben sie sie noch immer nicht Gelb gestrichen.“, stellte Eric betrübt fest. „Ich verspreche dir, ich werde sie noch streichen, wenn du mir versprichst, dass wir darüber reden werden, weshalb du überhaupt hier bist.“, entgegnete Dr. Böhmer, der Eric auszutricksen versuchte. „Schließlich bezahlen mich deine Eltern nicht dafür, dass du mir Tipps zum Einrichtungsstil gibst.“ „Jaaa, was das anbelangt. Können sie meinen Eltern nicht einfach sagen, dass es mir gut geht?“, fragte Eric etwas genervt, aber auch erschöpft. „Dann müssen sie nicht weiter Geld für mich ausgeben, wo sie ohnehin schon so wenig verdienen und sie und ich haben dann auch unsere Ruhe.“ „Wieso glaubst du, dass ich meine Ruhe möchte?“, stellte Dr. Böhmer als Gegenfrage. „Denkst du, dass du mir auf die Nerven gehst? Du gehst mir nicht auf die Nerven!“ „Schön, da sind sie ja aber wohl auch der Erste.“, erwiderte Eric nun sichtlich genervt von dem Ganzen hier. Dr. Böhmer sah ihm an, dass er nicht hier sein wollte, aber wenn Eric sich nicht von ihm behandeln ließ, würde seine innere Verletzung niemals wieder verheilen.
Nils – Teil 1 „Wie war die Schule heute?“, hörte Nils seine Mutter ihn fragen, als er am späten Mittag nach Hause kam. Er beließ es jedoch bei einer knappen Antwort und verzog sich rasch in sein Zimmer, denn er wollte nicht über den heutigen Schultag reden. Nils war von der Statur her eher schmächtig, die Brille auf seiner Nase ließ ihn altklug aussehen und seine Sommersprossen und sein rotbraunes Haar waren auch immer wieder Thema in seiner Klasse. „Pumuckl“ nannten ihn einige seiner Mitschüler und lachten dabei lautstark. Zu Beginn fand Nils das ja noch ganz witzig, aber mit der Zeit wurde es nervig und irgendwann spürte er, dass sich seine Klassenkameraden nur noch über ihn lustig machten. Hinzu kam, dass seine Familie nicht besonders viel Geld hatte, weshalb an allen Ecken und Enden gespart werden musste. Als zweiter Sohn der Familie, bekam er deshalb auch immer die abgetragenen Hosen und Pullovers seines großen Bruders, der aber mindestens einen Kopf größer und auch sehr viel fester gebaut als Nils war, weshalb ihm die Klamotten seines Bruders auch immer viel zu groß waren. „Der Pulli geht beim Waschen noch ein und die Hose krempelst du unten einfach ein wenig hoch.“, so die Aussage seiner Mutter, als Nils sich über die zu große Kleidung beschwerte. Das war zwar eine Lösung, aber wahrlich nicht die Beste. Er fühlte sich wie ein Clown, nur dass man nicht mit ihm lachte, sondern über ihn! Nils hatte es satt – er hatte sein Leben so richtig satt! Eines Tages jedoch, sollte sich sein Schicksal zum Positiven verändern. Die Hose war ihm wieder einmal viel zu lang, aufgrund dessen er ins Stolpern geriet und beinahe zu Boden gefallen wäre, hätte ihn nicht noch rechtzeitig eine Hand gepackt und festgehalten. Nils blickte überrascht zu seinem Retter auf. Es war ein Junge, etwa in seinem Alter. Nils konnte seine Augen gar nicht mehr von ihm abwenden, denn der Junge hatte eine makellose Haut, Augen so blau wie der Ozean und ein Lächeln, bei dem selbst die Sonne dahinschmelzen würde. „Das war aber ganz schön knapp.“, sagte der Junge und lächelte Nils nach wie vor an. Sollte sich Nils Schicksal tatsächlich zum Guten wenden?
Damian – Teil 2 Völlig erschöpft und leicht angetrunken, kam Damian bei sich zuhause an. Er wohnte in einer kleinen Wohnung im dritten Stock, etwas außerhalb der Stadt. Nachdem ihm in der S-Bahn bereits fast die Augen zugefallen waren, konnte er sich nur noch mit letzter Kraft die Treppenstufen raufschleppen. Einen Aufzug gab es in diesem altertümlichen Gebäude nicht, dass noch aus der Kriegszeit stammte, aber immerhin war die Wohnung billig und geräumig, das war alles was zählte. Völlig erschöpft entledigte sich Damian seiner Schuhe und schlurfte in sein Schlafzimmer. Zähne putzen musste heute ausfallen. Er wollte einfach nur noch ins Bett und schlafen. Er wundert sich selbst über sein ausgelaugtes Verhalten, denn normalerweise wurde er nicht so schnell Träge, aber der Junge, den er heute in der Bar abgeschleppt hatte, war so eine Granate im Bett, dass ihm zum ersten Mal seit langer Zeit nach dem Sex wieder alles wehtat. Damian blickte sich kurz im Schlafzimmer um. Das große Bett war leer und unbenutzt. Leicht taumelnd zog er sich Hose und Hemd aus, bis er nur noch Boxershorts trug. Danach fiel er einfach nur noch kerzengerade bäuchlings in sein Bett rein. Er driftete sofort ins Reich der Träume ab, bekam am Rande aber dennoch mit, wie sein Handy vibrierte. Offenbar hatte ihm jemand eine Nachricht geschickt, aber die konnte er morgen auch noch lesen. Damian wälzte sich im Bett hin und her, bis es ihn ein wenig fror und er sich enger unter seine Bettdecke kuschelte. Nach einiger Zeit betrat eine zweite Person die Wohnung. Aus dem Gang wurde ein Lichtkegel ins Zimmer geworfen. Kurz darauf betrat diese Person Damians Zimmer, zog sich ebenfalls bis auf die Unterwäsche aus und legte sich zu Damian ins Bett. Damian bemerkt zwar das Eintreffen dieser Person, schnurrte aber lediglich vor sich hin. Die andere Person lächelte und legte seine Arme um Damian. „Ich hoffe du hattest einen schönen Abend, Schatz.“
Roland – Teil 2 Es war schon spät nach Mitternacht und Rolands Kinder waren bereits im Bett, als auch ihm die Müdigkeit überkam. Kein Wunder, wo er doch einen so langen Flug hinter sich hatte. Doch es seinen Kindern gleich zu tun und ins Bett zu gehen, das wollte er noch nicht. Seine Frau Manuela war noch immer nicht nach Hause zurückgekehrt und allmählich machte er sich große Sorgen um sie. Mit welchen Freundinnen war sie wohl unterwegs? Bestimmt mit dieser Labertasche Petra, die ihren Mund nicht zubekam, selbst wenn er zugeklebt wäre. Vielleicht war auch Charlotte bei dem Abendessen dabei. Sie und ihre Familie waren gute Freunde von ihnen. Roland blickte erneut auf seine Uhr am Armgelenk – Viertel vor Zwei! Natürlich hatte Roland versucht, seine Frau auf dem Handy zu erreichen, aber es ging immer nur ihre Mailbox ran und seine Nachrichten schienen auch noch nicht angekommen zu sein. Verfluchtes Netz, dachte sich Roland, als er plötzlich hörte, wie ein Schlüssel die Haustür aufsperrte. Ihm fiel ein schwerer Stein vom Herzen, als er Manuela zur Tür reinkommen sah. „Da bist du ja endlich! Ich hab mir schon Sorgen gemacht!“ „Oh hallo Roland, du bist noch auf?!“, stellte seine Frau überraschend fest. „Was denkst du denn?!“, erwiderte Roland leicht säuerlich. „Ich komm nach Hause, kein Abendessen auf dem Tisch, die Kinder allein in ihren Zimmern und meine Frau treibt sich irgendwo in der Gegend herum und hält es nicht einmal für nötig, mich anzurufen!“ „Tut mir wirklich leid. Ich wollte anrufen, aber der Akku von meinem Handy war leer.“, entgegnete seine Frau. „Ich war mit Petra und Charlotte noch auf einem Absacker in einer Bar und hab völlig die Zeit um mich herum vergessen. Es war ein Frauenabend und wir haben uns gut unterhalten…“ Roland war vom Verhalten seiner Frau leicht enttäuscht. Er liebte seine Frau, aber er hatte das Gefühl, dass es in ihrer Ehe aktuell nicht mehr sonderlich rund lief. „Aber jetzt bin ich müde…“, meinte Manuela und gähnte kräftig. „Lass uns ins Bett gehen und morgen weiter darüber reden.“ Ohne einen Kuss ging seine Frau an ihm vorbei, die Treppe rauf, in Richtung Schlafzimmer.
Jannik – Teil 2 Der erste Schultag war zum Glück schnell überstanden und Jannik konnte sich Zuhause aktuell wieder seiner Lieblingsbeschäftigung widmen: „Pokémon Go!“ spielen. Er fing schnell ein Flamara mit einem Pokéball ein, als dieses auf seinem Bett in seinem Zimmer saß. Danach spielte er noch weiter, bekam aber ständig irgendwelche WhatsApp-Nachrichten, was sein Handy dauervibrieren ließ. Irgendwann war es ihm zu lästig und er sah nach, wer ihm denn ständig schrieb. Die Nachrichten stammten alle aus der Gruppe seiner Klasse. Offenbar hatte es den meisten Mädels noch nicht gereicht, in der Schule heimlich miteinander über den neuen Referendar, Herrn Kronthaler, zu tuscheln, jetzt mussten sie es auch noch im Handy weiter ausdiskutierten. Jannik fand das etwas lästig, las sich aber aus Langeweile trotzdem alle Nachrichten sorgfältig durch: „Der neue Referendar sieht so unbeschreiblich gut aus.“, schrieb eine Mitschülerin. „Hab ich in der Schule doch schon gesagt. Hast du seinen knackigen Hintern gesehen?“, fragte eine andere Schülerin, woraufhin sich auch erstmals ein Junge aus der Klasse zu Wort meldete. „Hey Mädels, ich hab auch einen knackigen Hintern!“ „Du bist ja noch ein Kind, aber Herr Kronthaler ist ein richtiger Mann!“, entgegnete daraufhin das Mädchen, dass die erste Nachricht heute abgeschickt hatte. „Mann? Wie alt war der? Der sah gerade einmal zehn Jahre älter als wir aus.“, meinte ein anderer Junge daraufhin, dessen Verdacht Jannik mit ihm teilte. Wie alt Herr Kronthaler wohl war… und ob er eine Freundin hatte? Jannik stellte sich plötzlich ganz viele Fragen über den neuen Referendar und musste daran denken, wie Herr Kronthaler ihn, wenn auch nur kurz, tief in die Augen sah.
Moritz – Teil 3 Unfassbar! Da hatte Moritz endlich all seinen Mut gesammelt, um sich bei seinen Eltern zu outen und dann klingelt im entscheidenden Moment das Telefon. Zwar hätte Moritz einfach weiter reden können, aber sein Vater stand auf und nahm den Hörer ab. Er telefonierte nur ganz kurz, aber als er wieder auflegte, schien er nicht sonderlich erfreut zu sein. „Das war Doris. Ihr Keller steht unter Wasser. Ich muss sofort zu ihr!“ „Oje, bei dem Unwetter da draußen ist das auch kein Wunder. Es gießt wie aus Eimern.“, meinte Moritz Mutter und warf dabei einen Blick aus dem Fenster. Es regnete wirklich in Strömen und der Wind war gegenüber heute Nachmittag noch stärker geworden. „Ich begleite dich besser.“ „Aber Mum, Dad…“ „Tut uns Leid Moritz, aber wir sprechen morgen über das, was du uns erzählen wolltest.“, entschuldigte sich sein Vater bei ihm. „Du kennst ja deine Großtante, bei Unwettern wird sie immer ganz unruhig. Ich ruf unterwegs die Feuerwehr an, dass sie das Wasser aus dem Keller abpumpen.“ Seine Eltern schienen Moritz gar nicht mehr richtig zuzuhören und ehe er sich versah, waren sie auch schon zur Tür raus und ließen ihn ganz alleine. Er blickte zum Fenster hinaus, wie ihr Auto rückwärts die Einfahrt verließ und sie die Straße entlang fuhren, bis er selbst die Rücklichter des Autos nicht mehr sehen konnte. Traurig schlenderte er ins Wohnzimmer und flackte sich auf die Couch. Sein Outing musste wohl bis zum Morgengrauen warten. Zum Glück hatte er morgen keine Schule, denn bei seiner aktuellen Gefühlslage und dem Unwetter hätte er ohnehin kein Auge zugebracht. Plötzlich knallte es am Nachthimmel. Moritz blickte erschrocken auf und sah, wie der Himmel von einem Blitz erhellt wurde, während das Donnergrollen immer lauter und beängstigender wurde. Moritz beschloss sich einen Film anzusehen und schob deshalb eine DVD in den Recorder. Ein Action-Film war jetzt genau das, was er brauchte. Doch nach etwa einer Stunde klingelte es plötzlich an der Haustür. Moritz erschrak und fiel beinahe von der Couch. Wer konnte das noch so spät sein? Er öffnete die Haustür nur einen Spalt breit und das auch nur ganz vorsichtig, um erst einmal nachzusehen, wer das sein könnte. Es war die Polizei! „Bist du Moritz?“, fragte ein freundlich aussehender junger Polizist, woraufhin Moritz etwas schüchtern nickte. Der Polizist blickte Moritz bedrückt an, denn er hatte eine schreckliche Nachricht zu vermelden: „Du musst jetzt ganz stark sein Junge. Das Auto deiner Eltern wurde von einem umfallenden Baum getroffen. Sie haben es leider nicht überlebt!“
Jannik – Teil 3 Die Unterhaltung über Herr Kronthaler in der WhatsApp-Gruppe brach nicht ab. Es war ein wildes Durcheinander von verliebten Mädchen, die den Referendar in den höchsten Tönen lobten, und eifersüchtigen Jungs, die alles daran setzten Herrn Kronthaler schlecht zu reden. Lediglich Jannik hielt sich aus der ganzen Diskussion heraus. Was sollte er auch schon groß schreiben? Den Mädels Recht geben und schreiben, dass Herr Kronthaler wirklich fabelhaft aussah? Das käme einem Outing gleich und soweit fühlte sich Jannik noch nicht. Er lehnte sich lieber zurück und las sich die Unterhaltung in Ruhe durch. Wer weiß…, vielleicht würde er so ein wenig mehr über den Referendar erfahren. „Glaubt ihr, er ist verheiratet und hat Kinder?“, fragte eine Mitschülerin. Eine andere Mitschülerin antwortete ihr sofort: „Bestimmt, oder zumindest eine Freundin hat er. Seht ihn euch doch nur einmal an – ein Traum von einem Mann!“ Nachdem Jannik das las, wurde er ein wenig traurig. Er legte sein Handy kurz beiseite, denn diese Nachricht deprimierte ihn irgendwie. Irgendwann nahm er es dennoch wieder in die Hand, nachdem sein Handy das Ankommen von weiteren Nachrichten vermeldete. Ein Schüler schrieb: „Boah Mädels, spammt hier nicht alles voll!“ „Ja voll ey, das nervt ey!“, pflichtete ein anderer Schüler ihm bei. „Ihr seid ja nur neidisch und eifersüchtig, weil er besser aussieht als ihr!“, schrieb daraufhin eine Mitschülerin, womit der Kampf „Jungs gegen Mädchen“ eröffnet war. Es folgten Nachrichten, in denen sie sich gegenseitig beschimpften, bis ein Junge folgende Textnachricht verfasste: „Jetzt hört schon auf! Herr Kronthaler ist doch sowieso schwul!“ Jannik musste sich diese Nachricht mehrmals durchlesen, bis seine Augen so groß wie Äpfel waren. Sollte das stimmen? War Herr Kronthaler vielleicht tatsächlich schwul?
Damian – Teil 3 Als Damian am nächsten Morgen aufwachte, lag er ganz alleine im Bett. Er fühlte sich leicht verkatert und streckte Beine und Füße aus, damit sein Körper wieder etwas fitter wurde. Es brauchte ein Weilchen, bis die Erinnerungen von gestern Abend ihm wieder hochkamen. Da hatte er doch tatsächlich einen älteren Jungen in der Bar kennengelernt und anschließend Sex mit ihm gehabt. Damian lächelte innerlich, so gut ging es ihm, als die Tür aufsprang und ein Junge mit einem Tablett in seinen Händen hereinkam. „Guten Morgen Schlafmütze!“, begrüßte der Junge ihn freundlich und setzte sich neben Damian aufs Bett, während er das Tablett auf seinem Schoß abstellte. „Ich hab dir dein Frühstück zubereitet: Ein Marmeladenbrot, etwas Obst mit Naturjoghurt und natürlich Kaffee mit Milch und Zucker, so wie du es gerne magst.“ „Oh Mann, danke dir! Was würde ich nur ohne dich machen?“, erwiderte Damian dankbar und drückte dem Jungen zugleich einen Kuss auf den Mund. „Vermutlich würdest du ohne mich überleben, aber ohne deinen Kaffee bestimmt nicht!“, antwortete sein Freund lächelnd. „Das stimmt nicht. Ohne dich bin ich aufgeschmissen.“, widersprach Damian und trank vorsichtig einen Schluck Kaffee, der noch ziemlich heiß war. „Oha, jetzt bin ich wirklich wach!“ Sein Freund lachte. „War wohl eine ziemlich heftige Nacht gestern. Was hast denn getrieben?“ „Och dies und jenes.“, antwortete Damian etwas zaghaft. „Bin mit ein paar Freunden um die Häuser gezogen, habe sie aber dann irgendwann aus den Augen verloren und joa…“ „Und sonst war nichts?“, fragte sein Freund etwas genauer. „Nö…“, log Damian, schaute seinem Freund dabei nicht in die Augen. „Krieg ich noch einen Kuss?“ „Erst wenn du dir die Zähne geputzt hast.“, antwortete ihm sein Freund grinsend, stand auf und verließ das Zimmer wieder. Damian machte sich über das schmackhafte Frühstück her, als ihm wieder einfiel, dass er gestern Abend noch eine Nachricht erhalten hatte. Er zog sein Handy heran und sah, dass sein Flirt von gestern Abend ihm noch eine Nachricht zukommen lassen hat: „War wirklich schön mit dir. Würde mich sehr darüber freuen, wenn du dich bei mir meldest!“ Anbei war auch ein Bild, bei dem Damian einmal kräftig schlucken musste. Das Bild zeigte seinen Flirt in sexy Pose im Bett liegen.
Moritz – Teil 4 Regentropfen prasselten gegen die Fensterscheibe und an der Wand hing eine alte Kuckucksuhr die tickte. Das waren die einzigen Geräusche, die zurzeit im Haus zu hören waren. Moritz stand noch immer unter Schock und saß still auf der Couch, während eine Beamtin ihm in der Küche gerade einen Tee zubereitete. Vor ein paar Stunden hatte Moritz erfahren, dass seine Eltern bei einem Unfall ums Leben kamen. Ein Baum, der bei dem Unwetter vom Blitz getroffen wurde, fiel gerade in dem Moment auf die Straße, als seine Eltern mit dem Auto vorbei fuhren. Der Baum traf das Auto mit voller Wucht und seine Eltern konnten nicht mehr lebend aus dem Wrack geborgen werden. Das alles klang wie der schlimmste Albtraum auf Erden für Moritz. Mit seinen Händen krallte er sich an seinen Kopf. Er versuchte sich Schmerzen zuzufügen, um aus diesem Albtraum wieder aufzuwachen, doch der Albtraum war die grausame Realität. „Hier ist dein Tee, Moritz.“, sagte die Frau, die Moritz eigentlich gar nicht kannte, sich aber gerade um ihn kümmerte, weil es kein anderer tat. „Trink, er wird dir gut tun.“ „Haben sie meine Großtante angerufen?“, fragte Moritz die Frau, ohne auch nur einen Schluck von dem Tee zu nehmen. Der Geruch des Tees war ihm soeben zuwider, so wie alles gerade. „Ja, haben wir. Sie steht genauso unter Schock wie du, aber es wird gut für sie gesorgt und die Feuerwehr pumpt gerade das Wasser aus ihrem Keller.“, antwortete ihm die Frau. „Hast du noch andere lebende Verwandte?“ „Nein, meine Großtante und ich sind die Letzten.“, antwortete Moritz ihr. „Was wird nun geschehen? Muss ich… muss ich in ein Heim?“ Die Frau blickte Moritz mit einem traurigen Lächeln an. „Ich befürchte, dass wir keine andere Wahl haben. Deine Großtante hat zwar angeboten, dich bei sich aufzunehmen, aber aufgrund ihres hohen Alters wäre das unverantwortlich.“ Moritz nickte, als ob er alles verstand, was man ihm sagte, dabei empfand er so viel Trauer und Wut, dass er am liebsten schreien würde. „Wenn ich in ein Heim muss…, dann sollten sie eines vorher noch wissen.“ Die Frau blickte Moritz interessiert an. „Ich bin schwul.“ Moritz war es wichtig das zu sagen, denn seinen Eltern konnte er es nicht sagen… und sie werden es nun auch nie erfahren.
Felix – Teil 1 „Ich will nicht, dass du schon wieder gehst.“, sagte Felix zu seinem Freund, nachdem die Zwei eine Stunde lang ungestört zusammen in einem Bett verbracht haben und dabei ein wenig Spaß hatten. „Kommst du morgen wieder?“, fragte Felix hoffnungsvoll. „Nur, wenn mich keiner erwischt.“, antwortete sein Freund lächelnd. „Mein Fenster steht dir jederzeit offen.“, erwiderte Felix daraufhin lächelnd. „Es hat schon seine Vorteile, ein Einzelzimmer im Erdgeschoss zu haben. Es hätte mich auch deutlich schlimmer treffen können.“ „Schlimmer als diese Rumpelkammer?“, fragte sein Freund argwöhnisch. „Naja, wenigstens hab ich hier meine Ruhe und muss mich nicht mit anderen Jungs abgeben, die mich andauernd nerven.“, erklärte Felix ihm. „Also kommst du morgen Abend wieder?“ Felix´ Freund lächelte ihn an und gab ihm einen Abschiedskuss auf den Mund. „Ich verspreche es!“, war seine Antwort. Danach stand er auf und kletterte hurtig aus dem Fenster, bevor er von einem Erwachsenen erwischt wurde. Felix ging ebenfalls zum Fenster und blickte ihm noch sehnsüchtig hinterher, bevor er hinter der nächsten Hecke verschwand. Sein Freund war gerade rechtzeitig verschwunden, denn bereits kurz darauf, klopfte es an Felix seiner Tür. Ein etwas älterer Herr betrat zusammen mit einer sehr vornehm aussehenden Frau sein Zimmer. Den Herren kannte Felix, das war Herr Hendricks, der Betreuer des Kinderheims, in dem sich Felix gerade befand! Die Frau war Felix jedoch vollkommen unbekannt und so stand für ihn außer Frage, dass sie eine kinderlose Frau war, die gerne ein Kind adoptieren wollen würde. Nun gut, mit seinen siebzehn Jahren, war Felix vermutlich schon etwas zu alt, um noch adoptiert zu werden. Er selber glaubte zumindest nicht mehr daran und wollte seine Zeit hier eigentlich nur noch einfach absitzen, bis er in ein paar Monaten achtzehn und somit volljährig wurde. „Das ist Felix, von denen ich Ihnen erzählt habe.“, stellte Herr Hendricks ihn vor. „Sehr schön.“, sagte die Frau etwas vornehm. „Ich nehme ihn!“ Bitte was? Felix glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Was ging hier gerade vor? So einfach geht das doch eigentlich nicht…!
Nils – Teil 2 Nils konnte sein Glück kaum fassen. Der Junge, der ihm vor einen schlimmen Sturz bewahrt hatte, fing tatsächlich an, eine Unterhaltung mit ihm zu führen. Verwunderlich genug, dass er ihm zu Hilfe kam, aber dass der fremde Junge sich auch noch bereitwillig mit ihm unterhielt, war Nils fast schon wieder zu viel. Er wurde so nervös, dass er unter seinem Pulli so richtig ins Schwitzen kam. Vielleicht lag das aber auch einfach nur an der Ausstrahlung des Jungen, der sich kurz darauf als Valentin bei ihm vorstellte. Was für ein ungewöhnlicher Name dachte sich Nils, andererseits schien Valentin alles andere als gewöhnlich zu sein. Seine Ausstrahlung war bemerkenswert, seine Stimme so schön wie die eines Engels und… ach in Nils Augen war Valentin einfach nur ein Traummann schlechthin. „Und wie ist dein Name?“, fragte Valentin ihn nach einer ganzen Weile, nachdem Nils noch immer kein Ton aus sich herausbrachte. Nicht einmal „Danke“ konnte er bisher sagen. „N…“, fing Nils zu Stottern an, woraufhin Valentin ihn stirnrunzelnd anstarrte. „Ni…“ „Niklas? Nigel? Dein Name ist doch hoffentlich nicht Nicole!“, riet Valentin, der Nils Stottern offenbar mit Humor nahm, denn sein Lächeln war ihm einfach nicht aus dem Gesicht zu zaubern. „Ni…ls.“, kam es schließlich doch noch aus Nils heraus, musste bei Valentins geratenen Namen – vor allem bei Nicole – aber letztendlich auch schmunzeln. Danach ging die Unterhaltung zum Glück viel flüssiger vonstatten: „Danke, dass du mich gerettet hast.“ „Ach gerne doch. Jeder andere in meiner Lage, hätte doch genauso gehandelt.“, meinte Valentin. „Hm… das denke ich eher nicht.“, entgegnete Nils betrübt, doch konnte er nicht sehr lange Trübsal blasen, sorgte doch die bloße Anwesenheit Valentins bei ihm für pure Freude am Leben. „Versteh ich nicht. Wenn so ein netter Kerl wie du in Not ist, dann muss man ihm doch zu Hilfe eilen.“, meinte Valentin daraufhin. „Wie auch immer. Leider muss ich jetzt weiter. Ich hab noch einen Termin, den ich nicht verpassen sollte, aber vielleicht sieht man sich ja irgendwann mal wieder?!“ „Das wäre schön.“, antwortete Nils, ehe sich Beide voneinander verabschiedeten. Valentin rannte in entgegengesetzter Richtung davon, doch Nils blickt ihm noch lange Zeit hinterher.
Roland– Teil 3 Die Unterhaltung mit seiner Frau, ging Roland die ganze Nacht nicht mehr aus dem Kopf. Er fühlte sich allein und von seiner Frau ein wenig in Stich gelassen. Doch dagegen wollte er schnellstmöglich vorgehen. Die Kinder waren bereits in der Schule und Roland und Manuela saßen beide noch am Frühstückstisch. Bisher hatten sie kaum ein Wort miteinander gewechselt, außer „Guten Morgen“ und „Auch noch Kaffee?“. Er las gerade die Morgenzeitung fertig, während seine Frau sich im Sudoku versuchte. Schließlich legte er die Zeitung zur Seite und sprach seine Frau auf seine Sorgen hin an. Manuela legte augenblicklich ihren Stift zur Seite und hörte ihrem Mann aufmerksam zu. Sie hatte schon immer Interesse daran, zu hören, was ihr Mann ihr zu sagen hatte, doch heute sollte es auch einmal umgekehrt sein, denn Manuela hatte auch ihrem Mann etwas Wichtiges zu sagen. „Ich verstehe wie du dich fühlst.“, sagte sie und zeigte durchaus Verständnis für ihren Mann. Dennoch schien ihr etwas schwer auf der Seele zu lasten, was unbedingt raus wollte. „Wir sind jetzt beinahe seit fünfzehn Jahren verheiratet, fünfzehn wundervolle Jahre, in denen wir auch zwei wundervolle Kinder zur Welt brachten und sie großzogen. Leider ist auch mir aufgefallen, dass sich einiges verändert hat und es brennt mir in der Seele, dich so leiden zu sehen.“ „Na dann lass uns an unserer Ehe arbeiten. Zusammen schaffen wir alles!“, meinte Roland, der sich sehr erleichtert fühlte, dass seine Frau ihn verstand und Mitgefühl zeigte. „Ich weiß, die Dinge ändern sich, aber du und ich, wir waren doch immer das perfekte Dreamteam!“ „Roland…“ Manuela blickte ihren Mann bedrückt an. „Wenn es sein muss, dann nehme ich mir auch eine Auszeit von der Arbeit. Ich kann meinen Urlaub schon etwas früher einreichen und wir fahren gemeinsam weg, nur du und ich. Meine Mutter passt sicherlich liebend gerne auf Marie und Florian auf. Sie ist vernarrt in die Kleinen!“ Roland sprach pausenlos weiter und bemerkte gar nicht, dass Manuela etwas schwer auf der Seele lastete. „Roland bitte hör mir zu!“, rief sie laut über den Tisch, woraufhin ihr Mann endlich verstummte und ihr zuhörte. „Das was du sagst, mag sich gut anhören, aber es wäre leider nicht richtig!“ „Ich verstehe nicht.“, meinte Roland verwirrt. „Roland, es sind nicht nur ein paar einfache Dinge, die sich verändert haben, ICH habe mich verändert! Ich bin nicht mehr die Frau, die du vor fünfzehn Jahren am Flughafen kennengelernt hast. Ich… ich…“ Manuela starrte ihren Mann kurz nach Worte ringend an, bis sie endlich mit der ganzen Wahrheit rausrückte: „Ich steh auf Frauen, Roland. Ich glaube ich bin lesbisch!“
Roland -> Manuela – Teil 4 Roland schaute seine Frau mit einem Blick an, vor dem sie immer Angst hatte. Es war eine Mischung aus Unverständnis, Abscheu und Wut. Einerseits konnte sie es ihm zwar nicht verdenken, andererseits sorgte dieser Blick dafür, dass sie sich in seiner Gegenwart einfach nur noch unwohl fühlte. „Was soll das heißen, du glaubst lesbisch zu sein?!“, fragte ihr Mann sie in einem Ton, der eben genau die soeben genannten Gefühle wiederspiegelte. „Ich weiß, das muss schwer für dich sein dies zu begreifen – ich selber begreife es ja noch immer nicht ganz – aber es stimmt. Ich bin lesbisch!“, erklärte Manuela ihrem Mann. „Was stimmt? Das du glaubst lesbisch zu sein?“, fragte Roland weiter, der mit jeder Silbe lauter und auch ein klein wenig wütender wurde. „Glauben lesbisch zu sein, gibt es nicht! Entweder man ist es – oder eben nicht, aber du bist ganz sicher NICHT lesbisch. Du bist meine Frau!“ „Bitte lass mich versuchen, dir das zu erklären, Roland.“, bat Manuela ihren Mann möglichst ruhig. Seine Reaktion war zwar verständlich, aber dennoch brachte er sie dazu, ebenfalls wütend zu werden. Sie vermied es dennoch laut zu werden, denn wenn sie das tat, wäre die ganze Unterhaltung zum Scheitern verurteilt. Sie musste versuchen, es ihm irgendwie vernünftig zu erklären. „Na dann erklär mal. Bist du heute Morgen aufgewacht und hast dir gesagt ‚Och heute mach ich glaub ich mal auf lesbisch' oder wie?“ Manuela atmete einmal tief durch. Sie versuchte sich die Worte ihres Mannes nicht zu sehr zu Herzen gehen zu lassen. Das war jedoch viel leichter gedacht, als getan. „Dieses Gefühl, auf Frauen zu stehen, hab ich nicht erst seit heute, auch nicht erst seit gestern. Dieses Gefühl begleitet mich schon eine längere Zeit. Ich wollte es dir zuerst nicht sagen, ja gar verleugnen, aber ich muss der Wahrheit ins Auge sehen. Auch du hast die Wahrheit verdient. Also sag ich dir jetzt klar und unmissverständlich: Ja ich bin lesbisch und nein ich glaube es nicht, ich weiß es!“ Roland starrte seine Frau mit weit geöffneten Augen und offenem Mund. Er verstand die Welt nicht mehr.
Eric – Teil 3 „Ich denke, dass dies hier reine Zeitverschwendung und rausgeschmissenes Geld ist.“, sagte Eric, als er wieder einmal in seiner Therapiesitzung bei Dr. Böhmer saß. „Nichts gegen sie. Ich hab eine Hochachtung vor allen Seelenklempnern dieser Welt, aber das hier ist einfach nichts für mich. Die wievielte Stunde ist das jetzt? Die Dritte? Die Vierte? Und wir sind noch keinen Schritt weiter gekommen. Ja guuut, das liegt vielleicht auch daran, dass ich nicht sehr kooperativ bin, aber ich hab ja meinen Eltern von vornherein gesagt, dass das hier alles unnötig ist.“ „Nichts im Leben ist unnötig. Alles hat seinen Sinn, nur meistens hinterfragen wir es, weil wir den Sinn dahinter einfach nicht verstehen.“, entgegnete Dr. Böhmer. „Es ist doch so Eric. Wir können weiterhin hier einfach nur rumsitzen und über belangloses Zeug reden, oder wir reden über die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Am besten auch aus deinem und nicht aus meinem Leben!“ „Hm…, dabei hab ich gerade angefangen, sie zu mögen…“, sagte Eric nachdenklich. Dr. Böhmer lächelte. „Ich mag dich auch Eric. Du scheinst ein sehr cleverer junger Mann zu sein, aber ich gehe stark davon aus, dass das nicht ausreichen wird, um das zu behandeln, was dich bedrückt.“ Eric gab ein süffisantes Lächeln von sich, das von Schmerz untermalt war. „Ich wollte sie doch nur ein wenig besser kennenlernen. Mit einem wildfremden Mann über meine Gefühle zu reden, erschien mir irgendwie komisch und auch nicht richtig. „Bedeutet das, dass wir ab sofort über deine Probleme reden werden?“, fragte Dr. Böhmer nach. „Von mir aus…, aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll…“ „Das Beste wäre es, wenn du am Anfang anfängst.“ Eric lächelte erneut, dieses Mal eine Spur schadenfroher. „Also schön. Sie haben es so gewollt. Alles hat damit angefangen, dass ich das Licht der Welt erblickte…, hm… naja eigentlich mit den Spermien meines Vaters, der in die Eizelle meiner Mutter… ach irrrelevant…“
Ricardo – Teil 1 „Hey Kleiner, na du bist ja ein Schnuckel. Haste Bock?“ Ricardo las die Nachricht und rollte zugleich mit seinen Augen. Er mochte es nicht, „Kleiner“ genannt zu werden, aber noch weniger mochte er diese plumpe Frage „Haste Bock?“. Da konnte er nicht anders, als nur mit dem Kopf zu schütteln. Aber in der Tat hatte er Bock…, Bock die Nachricht schnell wieder zu schließen. Kurze Zeit später erhielt er eine noch schlimmere Nachricht, von einer anderen Person: „Na du. geiles ding. wie gehts. willste ficken.“ Der Mann beherrschte augenscheinlich keinerlei Fähigkeiten in der deutschen Rechtschreibung. Seine direkte Anmache war zwar genau das, was Ricardo auf den blauen Seiten suchte, ohne großes Rumgerede, aber etwas Niveau wäre auch nicht verkehrt. Okay… Niveau und Gayromeo, eine Internetseite zum Flirten für schwule Jungs, das passte ohnehin nicht ganz zusammen, aber Ricardo war da dann doch ein wenig pingelig. Klar, er war nur auf eine schnelle Nummer aus, aber ganz hatte er sein Hirn auch noch nicht weggeblasen, dass er sich auf jeden x-beliebigen Typen einlassen würde. Neue Nachricht. Ein Mann schreibt lediglich ein „Hey“, schickt zeitgleich aber ein Bild mit, welches in Ricardo Abscheu hervorruft. „Schreck lass nach, da sehen ja selbst faule Eier noch besser aus…“ Doch in der nächsten Stunde ging es unzählige Male so weiter. Waren denn inzwischen alle Männer nur noch Idioten? Ricardo war die Suche inzwischen leid und wollte seinen Laptop schon zuklappen, als ihn eine Nachricht ereilte, die doch noch brauchbar aussah. Die Nachricht stammte von einem Mann, so um die Mitte Dreißig, der sich „HotShoot“ nannte. Der Username rief in Ricardo zwar erst einmal Stirnrunzeln hervor, aber er las sich die Nachricht trotzdem aufmerksam durch: „Guten Tag. Ich heiße Martin. Du siehst hübsch aus und ich wäre einem Treffen mit dir nicht abgeneigt. Wenn du also Lust hast, dann melde dich bei Gelegenheit doch einfach mal bei dir. Würde mich sehr freuen!“ Dieser Martin weckte das Interesse in Ricardo. Er klickte auf dessen Profil und stöberte darin ein wenig herum. 34 Jahre alt, vom Beruf selbstständig, reist gerne um die Welt und sucht Jungs im Alter zwischen 18 und 35. Dass der Mann pädophil sein könnte, beunruhigte Ricardo keineswegs. No risk no Fun, sagte er immer. Auf dem Profilbild sah er auch nicht schlecht aus, sogar jünger als sein Alter angab. Ricardo überlegte kurz, dann antwortete er dem Mann zurück.
Damian – Teil 4 Dreimal die Woche versuchte Damian sich die Zeit zum Joggen zu nehmen. Dafür nutzte er den großangelegten Park aus, der um einen kleinen See gelegen war. Ideal für Jogger, Biker, Skater und natürlich Hundebesitzer. Damian hatte sich nach der Uni in seine Sportklamotten geschmissen und sich auf den Weg dorthin gemacht, wo er mehrere Runden um den See joggte. Die entgegen kommenden Passanten wichen ihm kontinuierlich aus. Nur die Radfahrer waren nicht ganz ungefährlich. Einer von ihnen schien es besonders eilig zu haben. Er kam von hinten, für Damian demnach völlig unsichtbar, und verfehlte ihn nur um Haaresbreite. Ein Windstoß zog an Damian vorbei, er verlor leicht sein Gleichgewicht und landete folglich in der Wiese, oder genauer gesagt in Hundekacke. „Bäh. Scheiße!“ „Sorry Kumpel! Hab´s eilig!“, schrie der Radfahrer ihm noch nach, ohne anzuhalten. Damian warf dem Radfahrer einen mürrischen Blick nach. So ein ungehobelter Rowdy, dachte er sich. Damit war der Tag für ihn gelaufen, denn seine Laune kippte zur Zeit sehr schnell. Um dies zu beheben, hätte er jetzt gerne den restlichen Tag mit seinem Freund verbracht, aber von dem wusste er, dass er heute mit seinem Bruder verabredet war. Folglich war er tagsüber allein zu Hause… hm allein? Damian kam ein Gedanke, um sich den Tag doch noch schöner zu gestalten.
Felix – Teil 2 Felix Mund stand noch immer weit offen. Wie aus dem Nichts, tauchte diese fremde Frau hier im Kinderheim auf und entschloss sich einfach mal so dazu ihn zu adoptieren? Das war nicht nur einfach seltsam, sondern total hirnrissig! Er war siebzehn Jahre alt, also fast volljährig, sie kannten sich gerade einmal eine Minute und jetzt durfte sie ihn mit nach Hause nehmen? Einfach so? „Da ist doch was faul…“, ließ sich Felix zu einer Bemerkung hinreißen, als Herr Hendricks, der Betreuer des Kinderheims ihn darum bat, seinen Koffer zu packen. „Kein Mensch taucht hier einfach so auf und adoptiert einen fast volljährigen Jungen, ohne ihn auch nur im Entferntesten zu kennen. Sie hat sich ja nicht einmal die Mühe gemacht, mich zu begrüßen. Im Gegenteil – Er kam sich wie eine Wurst in einer Metzgerei vor, oder wie ein Sofa in einem Möbelhaus, als die Frau sagte „Sehr schön. Ich nehme ihn!“ Was sollte das Ganze? War das eine Verrückte? „Freu dich doch, dass du in deinem Alter noch adoptiert wirst. Es gibt hier genug Kinder, die jetzt nur allzu gerne deinen Platz tauschen würden.“, meinte Herr Hendricks dazu. „Dann sollen sie mal beten, dass ich eine Wurst und kein Möbelstück bin, denn eine Wurst wird schneller alt…“, merkte Felix an, woraufhin Herr Hendricks ihn nur verstört ansah. Doch der Betreuer des Kinderheims fing sich schnell wieder, klatschte in die Hände und rieb sie sich ganz ungeduldig aneinander, als wäre er erleichtert, Felix endlich loszuwerden. „Wie auch immer. Die Dokumente sind bereits unterzeichnet und Frau Brecheisen wartet bereits in der Lobby auf dich.“ Frau Brecheisen? Na das kann ja heiter werden, dachte Felix sich. „Ehm…, gehen sie doch bitte schon einmal vor.“, bat Felix seinen Betreuer. „Ich hab hier so viele Jahre in diesem Zimmer verbracht, da würde ich gerne noch eine Minute allein sein.“ Herr Hendricks schien zunächst zwar verwirrt über Felix Verhalten zu sein, zog sich aber dann doch leise zurück. Felix nutzte die Gelegenheit und kramte noch schnell ein Blatt Papier und einen Bleistift hervor, um seinem Freund eine Nachricht zu hinterlassen. Leider wusste er nicht, wohin die Frau ihn brachte, aber egal wie, er würde versuchen, so schnell wie möglich, zurückzukehren. Felix versteckte den Brief an einem sicheren Ort, von wo er glaubte, dass sein Freund ihn finden würde. Dann verließ er sein altes Zimmer und schlenderte im gemächlichen Schritt in die Lobby, wo Herr Hendricks und Frau Brecheisen bereits auf ihn warteten. „Ah, da kommt er ja schon.“ Hörte Felix Herr Hendricks sagen. „Wir werden dich hier sicherlich sehr vermissen Felix, aber jetzt kommst du endlich in eine Familie, wo man sich gut um dich kümmern wird.“ „Krieg ich das schriftlich?“, ließ sich Felix zu einer sarkastischen Bemerkung hinreißen. Herr Hendricks warf ihm einen kurzen drohenden Blick zu, aber Frau Brecheisen blieb unbeirrt. Sie schien zufrieden mit ihrem „Kauf“ zu sein. „Dir wird es bei uns gefallen Felix – ganz sicher.“ …nicht; fügte Felix noch im Gedanken hinzu.
Moritz – Teil 5 Der Regen prasselte auf die Fensterscheiben nieder, als das Auto, in dem Moritz saß, in eine Hofeinfahrt einfuhr und allmählich langsamer wurde. Er hatte es sich auf der Rückbank gemütlich gemacht und blickte traurig in die regnerische Nacht hinaus. Moritz wünschte sich, er könnte den Regen abstellen, einfach so, per Knopfdruck. „Wir sind da Moritz.“, sagte die Frau am Lenkrad, die Moritz in den nächsten Wochen zur Trauerbewältigung zur Seite stand. „Ich weiß, dass das komisch für dich sein muss, aber es wird nur übergangsweise sein. Nur solange, bis wir jemanden gefunden haben, der sich um dich kümmert.“ Moritz wusste zwar, dass die Frau es nur gut mit ihm meinte, aber er glaubte ihr kein Wort. Von wegen übergangsweise. Er wusste genau, wenn er auch einen Fuß über die Türschwelle dieses Gebäudes setzte, würde er es nicht mehr so schnell verlassen. Allerdings war es ihm auch egal… Das Auto kam auf dem vorgesehenen Parkplatz zum Stillstand und ein junger Mann kam sofort herbeigeeilt, um Moritz` Gepäck aus dem Kofferraum auszuladen. Der Regen prasselte unentwegt nieder, doch die Frau von der Trauerbewältigung – dessen Name Moritz schon wieder vergessen hatte – hielt sich und ihm einen Regenschirm über ihre Köpfe. „Komm, beeilen wir uns. Ehe wir vom Regen völlig durchnässt sind.“ Im Eiltempo überquerten Moritz und die Frau den Parkplatz, bis zu dem Gebäude, wo sie endlich ein Dach über den Kopf hatten, der ihnen Schutz vor dem Regen bot. Moritz blickte sich desinteressiert im Eingangsbereich um, als eine Frau und ein Junge seine Aufmerksamkeit auf ihn zogen. „Dir wird es bei uns gefallen Felix – ganz sicher.“, sagte die Frau zu dem Jungen, der allerdings ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter zog. Nun ja… Moritz fühlte mit ihm. Die Frau und der Junge gingen schließlich an ihm vorbei, dabei rempelte der andere Junge Moritz kurz an. „Entschuldigung.“, sagte der Junge, von dem der Rempler keine Absicht war. Moritz erwiderte nichts, ihm schien irgendwie alles egal geworden zu sein. „Herzlich Willkommen bei uns im Kinderheim!“, rief plötzlich eine Stimme und ein Mann kam auf Moritz zugeschritten. „Mein Name ist Herr Hendricks und du musst Moritz sein. Wir wurden über dein Eintreffen bereits in Kenntnis gesetzt. Mein herzliches Beileid über den Verlust deiner Eltern…“ Der Mann redete und redete, doch Moritz schaltete irgendwann einfach nur noch ab.
Nils – Teil 3 Valentin – ein wunderschöner Name. Nils konnte an nichts anderes mehr denken, als an diesen einen Jungen, der so ganz anders zu sein schien, als alle anderen. Doch wer war er und woher kam er? In der Schule hatte er ihn noch nie gesehen. Vielleicht ein neuer Schüler? Es bestand aber auch die Möglichkeit, dass er auf eine andere Schule ging, oder Zuhause unterrichtet wurde. „Hey Nils, du Träumer. Wo bist du denn schon wieder mit deinen Gedanken?“, fragte sein großer Bruder Ralf ihn, als sie nach dem Abendessen noch zusammen Videospiele spielten, aber Nils ihn immer gewinnen ließ, weil er mit seinen Gedanken wo ganz anders war. „Tut mir Leid.“, entschuldigte sich Nils bei seinen großen Bruder. „Entweder du konzentrierst dich jetzt mal, oder wir lassen es sein. So zu gewinnen macht nämlich überhaupt keinen Spaß.“, entgegnete Ralf ihm. „Dann lassen wir es besser sein…“, meinte Nils leicht niedergeschlagen. „Was ist denn los mit dir? Schon wieder Ärger in der Schule?“, fragte ihn sein großer Bruder. Nils schnaubte verächtlich. „Wann nicht?!“ „Wenn ich jemanden für dich verprügeln soll, dann musst du mir das nur sagen.“, sagte Ralf und schlug dabei demonstrativ mit seiner rechten Faust in seine linke Handfläche. „Bloß nicht!“, verneinte Nils sofort. „Am Ende machen sich die anderen nur wieder lustig über mich. Nicht das das jemals anders wäre…, aber ich muss es ja nicht auch noch provozieren.“ „Du bist ein Spinner kleiner Bruder.“, sagte Ralf sanft lächelnd, legte seine rechte Hand auf Nils Kopf und verstrubbelte ihm das Haar. „Ich bin immer für dich da. Das weißt du hoffentlich.“ „Jaaa…“, gab Nils leicht genervt von sich, weil Ralf ihm öfters durch die Haare ging, was er aber nicht mochte und ihm auch schon mehrmals erklärt hatte. Doch immerhin hatte er einen großen Bruder, der sich um ihn sorgte… und wer weiß, vielleicht schon bald noch einen anderen Menschen.
Jannik – Teil 4 Jannik ging am nächsten Tag mit gemischten Gefühlen zur Schule. Zum einen war er natürlich noch müde, weil er das Frühaufstehen hasste, und zum anderen musste er auch die ganze Zeit daran denken, ob der neue Referendar tatsächlich schwul sein könnte. Vielleicht auch bisexuell, das würde ja schon reichen. Moment… für was sollte es reichen? Jannik schlug sich die Hände auf den Kopf. Was für absurde Gedanken verbreiteten sich da in seinem kleinen Schädel? „Alles okay bei dir?“, fragte ihn eine Stimme plötzlich. Jannik erschrak und blieb so abrupt stehen, dass zwei Mädchen hinter ihm fast in ihn hinein gelaufen wären. „Oha, da ist wohl jemand mit dem falschen Fuß aufgestanden.“, sagte die Person neben ihm. Jannik fühlte sich ertappt und in jedem billigen Hollywood-Film wäre jetzt der gutaussehende Referendar neben ihm gestanden und hätte ihm diese Fragen gestellt. Zum Glück waren dies kein Film und auch keine blöde Liebesgeschichte eines einfältigen Amateurautors. Es war die Realität und neben ihm stand nicht der Referendar, sondern sein Mitschüler Nils, von dem Jannik aber eigentlich nie Notiz nahm, weil er immer so ruhig war. „Schon okay. Du musst nicht antworten. Ich bin es gewohnt, dass Keiner mit mir redet.“ „Äh… wie, was?“ Jannik blickte Nils verwirrt und teils auch etwas müde an. Auf eine Konversation mit ihm war er so gar nicht vorbereitet. „Du hast ein wenig zerstreut ausgesehen, da wollte ich nur fragen, ob alles okay ist.“, erklärte Nils. „Äh ja, alles bestens.“, antwortete Jannik lediglich, fing zeitgleich aber zum Gähnen an. „O-Okay, aber du wirkst ein wenig müde. Ich hingegen hab hervorragend geschlafen.“, meinte Nils, doch Jannik schenkte ihm nur ein halbes Ohr. Was wollte er eigentlich von ihm. „Oh, guten Morgen Herr Kronthaler, warten Sie, ich halte Ihnen die Tür auf!“ Nun erschrak Jannik aber wirklich. Bevor er die Schule betrat, tauchte der junge Referendar mit einem Stapel Bücher in seinen Händen auf. „Danke dir…, äh Nils richtig?“ „Jap.“ Janniks Augen waren starr auf Herrn Kronthaler gewidmet und wieder stellte er sich die Frage, ob die Aussage seines Mitschülers stimmte und ihr neuer Referendar schwul ist. „Was ist, kommst du? Ich halt die Tür schließlich nicht ewig auf.“, sagte Nils, der Jannik aus seinen Gedanken riss. Jannik schluckte und hoffte, dass niemand bemerkt hatte, wie er Herrn Kronthaler angestarrt hatte.
Damian – Teil 5 Zuhause angekommen, durfte sich Damian erst einmal die Hundekacke von den Sohlen kratzen. Er konnte es nur immer wieder sagen: „Was für eine Scheiße! Wenn ich den Idioten in die Finger kriege...“ Damian stellte seine Turnschuhe auf den Balkon und entledigte sich seiner restlichen Sportkleidung. Er zog sich bis auf seine Unterwäsche aus und schnappte sich sein Handy. Er öffnete die Bilddatei, die ihm sein One-Night-Stand von neulich geschickt hat und schmunzelte. Er sah wirklich sehr ansehnlich aus. Jeder Körperteil wirkte gut durchtrainiert, aber nicht übertrieben – eben einfach makellos. Zudem strahlte sein Gesicht pure Freude aus, was auch Damian sofort glücklich stimmte. Ihm wurde auf einmal ganz heiß und er wusste ganz genau, was er nun machen wollte. Er zog seine Skiny-Unterwäsche aus und warf sie auf den Boden. Seine Hand fuhr nach unten und er legte sofort los. Bereits nach sehr kurzer Zeit war Damian von dem Bild so erregt, dass er sich ihn selbst mit geschlossenen Augen gut vorstellen konnte. Seine Fantasie ging mit ihm durch und er stellte sich vor, wie der Typ – dessen Namen, er übrigens er nicht kannte – sich jetzt über ihn beugte und zuerst seinen Nacken küsste und sich dann ganz langsam immer weiter nach unten arbeitete. Damian stöhnte leise vor sich hin. Natürlich hätte er ihn jetzt anrufen können, aber dann war das Wort „One-Night-Stand“ überfällig und das wollte er keinesfalls. Zumal daraus dann noch mehr entstehen könnte, was seine Beziehung zu seinem Freund in Gefahr bringen würde. Also weiter mit der heißen Fantasie, in der sowieso alles möglich war: Damian entspannte sich und ließ den Typen alles mit ihm machen, was er wollte. Oberkörperfrei saß er auf Damian und seine Brustmuskeln spannten sich bei jeder kleinsten Bewegung an. Damian legte seine Hände verführerisch auf dessen stählerne Brust, als sich plötzlich zwei weitere Hände von hinten um den heißen Typen schlangen. Damians Freund war zu ihnen gestoßen und zog dem Typen die Hose runter. Damian lächelte breit, als sich seine Fantasie zu einem heißen Dreier entwickelte. Damian stöhnte noch einmal kräftig laut, bis er nicht mehr an sich halten konnte und alles raus ließ…!
Ricardo – Teil 2 Martin, oder „HotShoot“ wie er sich nannte, wohnte in keiner schlechten Gegend. Von gewöhnlichen Häusern konnte hier nicht die Rede sein, eher von kleinen Villen. Nicht zu pompös, aber jedes Haus war entweder mit einer zwei Meter hohen Hecke, oder einer Mauer mit Stacheldrahtzaun versehen. An ein paar Einfahrten konnte Ricardo auch ein paar Kameras ausmachen. Hier lebten wohl die Stinkreichen und plötzlich fing Ricardo an zu zweifeln, ob dieser Martin der Richtige war. Er wollte nur spontanen Sex, aber auf einen Kaviar trinkenden Snob im schnieken Anzug und Krawatte hatte er eher weniger Bock. Was arbeitete der Typ doch gleich wieder? Soweit sich Ricardo erinnern konnte, stand in Martins Profil unter Arbeit „selbstständig“. Als Ricardo schließlich vor dessen Villa stand, bekam er plötzlich Muffensausen. Sollte er klingeln? Er war sich unsicher. Immerhin schienen an dieser Villa keine Kameras angebracht worden zu sein. Dieser Martin war vielleicht ein ganz bodenständiger Typ. Ricardo schloss kurz seine Augen und betätigte die Klingel. Fünf Sekunden später vibrierte das Gattertor und Ricardo konnte hinein marschieren. Hinter der Haustür konnte er Hundegebell vernehmen. Damit war eins schon einmal sicher: Sie waren nicht zu zweit! „Ruhig Rambo, ruhig! Das ist nur ein Gast den ich bereits erwartet habe.“ Rambo? Wer wohnt hier? Sylvester Stallone? Ricardo wollte schon wieder kehrt machen, als die Haustür aufging und der Mann vor ihm stand, den Ricardo bisher nur vom Chatten her kannte. Dieser Martin trug eine einfache Jeans und ein weißes Hemd. Er wirkte sehr reinlich und seine Frisur saß einwandfrei. Zudem hatte er einen Dreitagebart, der ihm aber ausgesprochen gut stand. Das ließ ihn sehr männlich wirken. „Hallo Ricardo.“, begrüßte er mich mit einem strahlenden Lächeln. „Ich würde dir ja gerne die Hand schütteln, aber zunächst einmal muss ich Rambo beruhigen, dass du kein Einbrecher oder dergleichen bist. Auf Fremde ist er nie gut zu sprechen.“ Ricardo sagte kein Wort. Ihm hatte es die Stimme verschlagen und er hob nur seine Hände in die Höhe, dass alles gut sei und Martin sich ruhig um den Hund kümmern kann. Hoffentlich hatte der Hund heute schon was zu fressen, schoss es ihm noch durch den Kopf, als Ricardo ihn dennoch schon einmal herein bat und er die Tür hinter sich Zufallen ließ.
Leonas – Teil 1 „Ich bin jung, gutaussehend, intelligent und… äh… nett?!“ „Nein, nein, nein!“ Leonas beste Freundin Sarah schritt sofort ein, wenn er etwas von sich gab, was so gar nicht gut ankam. „Nett ist die kleine Schwester von du-weißt-schon-was.“ „Nett ist also die Schwester von Voldemort?“, fragte Leonas verwirrt. „Wer ist Woldemar?“, fragte Sarah seinen besten Freund nun ebenfalls verwirrt. „Nicht Woldemar. Voldemort! Der böse Zauberer aus den „Harry Potter“-Büchern.“, erklärte Leonas seiner Freundin, während sie in der Pause im Schulhof auf einer Tischtennisplatte saßen. „Du weißt doch, dass ich mir nichts aus Fantasy-Romanen mache.“, entgegnete Sarah genervt. „Ich wusste nicht einmal, dass Woldemar eine Schwester hat.“ „Voldemort und hat er auch nicht, aber sieh an, dass er keine Schwester hat, das weißt du.“ Sarah guckte leicht verlegen auf den Boden. „Diesem Potter-Mania zu entkommen, war schwieriger als in der nächsten Matheklausur eine Eins zu schreiben.“, meinte sie daraufhin nur. „Aber weich nicht dem Thema aus. „Du bist nicht nett…!“ „Na vielen Dank auch.“, gab Leonas leicht gekränkt von sich. Sarah knurrte frustriert. „Du weißt wie ich das meine. Nett klingt so… langweilig. Du bist ein lieber Kerl.“ „Oh und weil „lieber Kerl“ so viel besser und weniger langweilig klingt.“, sagte Leonas und rollte dabei mit den Augen. „Du bist reizend.“, sagte Sarah schnell, doch merkte sie bald, dass dies auch nicht besser klang. „Ich bin wenn schon gereizt, wenn das so weiter geht.“, meinte Leonas daraufhin unzufrieden. „Umgänglich? Freundlich? Erquickend?“ Leonas Freundin führte eine Liste von Wörtern auf, die auf ihn zutreffen könnten, doch bei jedem Wort wurde sie kleiner und leiser. Leonas schüttelte nur noch den Kopf, als eine Gruppe aus sechs Jungs sich den Beiden näherte und sich breitbeinig vor ihnen aufstellte. „Hey runter da.“, sagte einer der Jungs zu ihnen, der zugleich auch ihr Anführer war. Sein Name war Kai. „Wir wollen Tischtennis spielen und ihr stört nur. Habt ihr nicht gehört? Runter da Tussi und nimm deinen fetten Schwuchtel-Freund auch gleich mit.“ Sarah warf dem Jungen einen bösen Blick zu, aber Leonas gehorchte zugleich, denn leider war er wirklich fett und schwul!
Flo – Teil 1 „Jetzt amüsiere dich doch endlich mal, Flo!“, sagte Sebastian ganz laut, da die Musik in „Daynight-24“, einer Bar, die vierundzwanzig Stunden geöffnet hatte, sehr laut war und seine Worte bei dem Lärm sonst untergegangen wären. „Du sitzt hier nur rum und guckst gelangweilt, da ist es doch ganz klar, dass du keinen Typen abgreifst.“ „Kann ja nicht jeder so ein Aufreißer sein, wie du.“, entgegnete Flo teils genervt, teils aber auch amüsiert. Sebastian war im Flirten und Männeraufreißen schon immer ganz große Klasse. Die große Liebe hatte er dadurch natürlich noch nicht gefunden, aber Flo war sich auch nicht ganz sicher, ob er beziehungstauglich war. Im Grunde genommen auch egal, denn es war seine Angelegenheit und Flo hatte genug eigene Sorgen. „Der wievielte Kerl ist das heute Abend schon, denn du da anbaggerst?“ „Weiß nicht. Ich zähl doch nicht mit.“, antwortete Sebastian, der sich vom Barkeeper zwei Kölsch geben ließ und anschließend zu seinem aktuellen Flirt auf die Tanzfläche zurückkehrte. In Flos Gesicht bildete sich ein trauriges Lächeln, als kurz darauf ein junger Kerl auftauchte und sich auf den freien Platz daneben saß. „Mann ist das heiß hier drin…, dass muss an dir liegen.“ „Ernsthaft?!“ Flo blickte den Kerl mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Stehen die Mädels heutzutage auf solch billige Anmachsprüche? Da wünscht man sich ja fast, ein Junge zu sein…“ „Das wäre aber jammerschade und ein herber Verlust für die Frauenwelt.“, erwiderte der Kerl mit einem schmierigen und selbstgefälligen Grinsen, dass bei Flo die Galle hochkam. „Zieh Leine, du bist nicht mein Typ und ich deiner gleich dreimal nicht.“, meinte Flo genervt. Daraufhin blickte der Kerl sie leicht säuerlich gekränkt an. Flo hatte seine Ehre als Mann verletzt. „Mit einer lesbischen Zicke will ich mich eh nicht vergnügen. Da würde ich ein Kamel vorziehen.“, sagte er und zischte daraufhin ab. Flo schrie ihm noch hinterher: „Das Kamel bist du schon selber, also fummel an dir selbst herum, denn eine andere wird dich nicht an sich heranlassen!“ Nach diesen Worten fühlte Flo, die Kurzform von Florentine, Genugtuung. Dieses Gefühl verflog jedoch rasch wieder und Flo wurde sehr traurig.
Es sind 10 Geschichten in einer und gerade deshalb, gibt es ab heute gleich immer 4 pro Kapitel. Bedeutet für euch noch etwas mehr Lesestoff. Schönes Wochenende!
Leonas – Teil 2 Die Pause war zu Ende und Leonas stolzierte zusammen mit seiner Freundin Sarah zurück ins Schulgebäude. In den letzten Minuten war er sehr still geworden, was an den Worten lag, die Kai, der Anführer der Schulclique, über ihn gesagt hat. Er hatte ihn als fett und schwul bezeichnet und das in einem Ton, der Leonas leicht verletzte. Doch während er seinen Schmerz zu verbergen mochte, war Sarah das genaue Gegenteil von ihm. Sie war fuchsteufelswild und redete in der restlichen Pause über nichts anderes mehr, als über diesen Kerl, den sie verdammte. „Dieser Blödmann! Dieser Wichser! Dieser ignorante Mistkerl! Was bildet sich dieser Möchtegernsuperior eigentlich ein?!“ Sarah benutzte sogar Wörter, die Leonas noch gar nicht kannte, aber er ließ sie weiter schimpfen, denn wenn sie sich erst einmal in Rage geredet hatte, sollte man sie besser nicht unterbrechen. Zurück im Klassenzimmer, beruhigte sie sich allmählich wieder. Allerdings nur solange, bis eben sogenannter „Möchtegernsuperior“ – Leonas beschloss, dieses Wort später noch zu googeln – ebenfalls das Klassenzimmer betrat. „Und mit DEM sind wir in einer Klasse. Das ist doch shitty!“ „Shitty?“ Sarahs Wortwahl brachte Leonas schlussendlich zum Lachen. Dabei war ihm eigentlich gar nicht nach Lachen zumute, aber er wollte versuchen, ein Haken hinter dieser Sache zu setzen. Die Jungs der Schulclique setzten sich auf ihre Plätze in den hintersten Reihen, kamen dabei aber auch an Leonas und Sarah vorbei. Sarah verlangte Genugtuung und stellte Kai ihren Schulrucksack in den Weg. Er flog vornüber und auf die Nase. Einige Schüler lachten, andere wiederum – allen voran die Schulclique - beschimpften Sarah, dass sie das mit Absicht getan hätte. „Sarah Wichtel, das wird Konsequenzen haben!“, rief die Lehrerin ihr zu, doch Sarah konnte ihr Grinsen nur schwer verbergen. Jetzt ging es ihr eindeutig besser! Die Lehrerin kümmerte sich inzwischen um den Kai. „Alles in Ordnung?“, fragte sie ihn, aus dessen Nase Blut tropfte. „Geh besser zur Schulkrankenstation. Nicht das du dir die Nase gebrochen hast. Kai nickte nur und sagte kein Wort, doch was dann folgte, damit rechnete keiner. „Leonas, wärst du bitte so nett und würdest Kai begleiten?“ Kai blickte erschrocken zu Leonas, der allerdings einverstanden war. Sarah rümpfte die Nase. Ihr bester Freund war einfach zu gut für diese Welt.
Manuela – Teil 5 Ein Tag war vergangen, als Manuela sich bei ihrem Mann als Lesbe geoutet hatte. Nach dieser schockierenden Nachricht, wollte Roland erst einmal seine Ruhe haben und er zog sich ins Fitnessstudio zurück. Als er wieder nach Hause kam, hatte Manuela bereits für die ganze Familie gekocht und den Abendtisch gedeckt. Manuela konnte ihrem Mann im Gesicht ablesen, dass er keinen Bock darauf hatte, vor seinen Kindern auf harmonische und glückliche Eltern zu machen. So saßen beiden nur stillschweigend am Esstisch, während ihr Sohn von den heutigen Ereignissen in der Schule sprach: „Unser neuer Sportlehrer ist voll cool. Der macht coole Spiele mit uns. Das ist so cool!“ „Bei dir ist alles cool, was?“, fragte Marie ihren Bruder erheitert und schob sich anschließend eine Nudel mit ihrer Gabel in den Mund. Florian blickte seine Eltern ganz erwartungsvoll an, als ob er darauf wartete, dass sie auch was dazu sagen würden, doch Fehlanzeige. Marie schien zu spüren, dass etwas nicht in Ordnung war, denn sie fragte: „Was ist denn los mit euch? Ihr sagt ja gar nichts.“ „Tut uns Leid.“, entschuldigte sich Manuela sofort bei ihren zwei Kindern. „Ich hab nur ein wenig Migräne das ist alles und euer Vater ist sicherlich vom Sport noch ganz erschöpft.“ „Ich sag´s ja immer wieder. Sport ist Mord.“, kommentierte Marie die Erklärung ihrer Mutter. Florian wollte da natürlich sofort widersprechen: „Nicht bei unserem Sportlehrer, denn der ist voll…“ „…cool. Ich weiß. So langsam wissen wir es alle.“, beendete Marie den Satz ihres Bruders. Plötzlich stand Roland von seinem Stuhl auf und verließ das Esszimmer. Die Kinder blickten ihm leicht verwirrt hinterher, während Manuela schuldbewusst auf ihren Teller starrte. „Seid so lieb und räumt den Tisch ab, ja?!“, bat sie ihre Kinder später und folgte ihrem Mann ins Aktenzimmer, wo sie all ihre Rechnungen, Dokumente, Steuererklärungen, etc. aufbewahrten. „Roland, das kannst du nicht machen. Du kannst nicht einfach wortlos vom Tisch aufstehen. Was sollen denn die Kinder denken?!“ „Du hast Recht.“, pflichtete Roland ihr bei, was sie überraschte. „Ich kann das nicht…, auf heile Familie spielen, wo wir doch unter einem Netz von Lügen leben.“ „Roland bitte…“ „Nein Manuela!“, sagte Roland nun etwas lauter. „Ich fliege morgen nach Edinburgh und wenn ich wieder komme, werde ich unsere Kinder nehmen und aus diesem Lügennest verschwinden!“
Ricardo – Teil 3 Ricardo saß auf der strahlend weißen Couch im Wohnzimmer eines fremden Mannes und blickte sich neugierig um. Das Wohnzimmer war groß und geräumig. Es gab einen Tisch, eine große Vitrine, einen Plasmafernseher und einen Kamin, der für kalte Wintertage bestimmt gut geeignet war. Ricardo hatte nur ein paar Flip Flops an und fühlte an seinen Zehenspitzen den flauschigen Teppich unter seinen Füßen. Ein Blick aus dem großen Fenster und Ricardo sah einen groß angelegten und gepflegten Garten mitsamt einem einladend wirkenden Swimmingpool. „So Rambo ist in Sicherheit…, oder sollte ich besser sagen, du bist vor ihm in Sicherheit?!“, scherzte Martin herum, als er zurück ins Wohnzimmer kam und seinem Gast ein Glas Wasser anbot. „Oder hättest du lieber einen Saft gewollt? Wir haben auch was Stärkeres hier, aber bist du überhaupt schon volljährig? Ich meine, in deinem Profil steht zwar, dass du achtzehn bist, aber auf diesen Dating-Portalen kann man nie sicher sein, dass jeder sein richtiges Alter angibt. „Ich bin siebzehn.“, sagte Ricardo und wurde dabei leicht verlegen. Hoffentlich machte Martin es nichts aus, dass er in Wirklichkeit noch minderjährig war. „Soso, siebzehn also. Na da hab ich mir ja ganz frisches Fleisch an Land gezogen.“, meinte Martin scherzhaft, der damit ganz locker umging und wohl keine Probleme damit zu haben schien. „Ich will ja nicht drängeln, aber wollen wir dann hoch gehen?“ „Äh… ähm… klar.“, meinte Ricardo, der sich etwas überrumpelt fühlte, weil es Martin plötzlich so schnell gehen musste. Ob er das Richtige tat? Ja! Er wollte Sex, jetzt, hier und mit Martin!
Felix – Teil 3 Felix saß stillschweigend auf dem Beifahrersitz. Die ganze Autofahrt über, hatte er kein Wort mit der Frau neben ihm gesprochen. Frau Brecheisen hatte zwar den Versuch gestartet, die eine oder andere Unterhaltung mit ihm zu führen, aber vergebens. „Wir sind gleich da.“, sagte sie. Als das Auto ein letztes Mal um eine Kurve fuhr, klappte Felix der Mund leicht auf und letztendlich brach er sein Schweigen. „Heilige Scheiße! Das ist kein Haus, sondern ein Palast!“ Wer hätte auch ahnen können, dass Frau Brecheisen in einer gigantischen Villa Zuhause war, das von einem Park und einer großen Mauer umgeben war. Ein großes Tor versperrte ihnen die Zufahrt, doch kaum war Frau Brecheisens Auto vorgefahren, öffnete sich das Tor ganz automatisch. „Und hier wohnen Sie?“, fragte Felix misstrauisch. „Nein, ich bin hier nur die Köchin…“ Felix starrte Frau Brecheisen verwirrt an, die daraufhin zuerst zum Schmunzeln und dann zum Lachen anfing. „Natürlich wohne ich hier. Mein Mann und ich sind beide Schauspieler und können uns so ziemlich alles leisten, was wir wollen.“ Frau Brecheisen Lachen irritierte Felix beinahe noch mehr, als ihre vorgegebene Lüge, sie sei nur die Köchin. Wollte sie ihn veräppeln? Er konnte diese Frau nicht ernst nehmen, aber er war gespannt darauf zu erfahren, was hinter dieser Adoption steckte, die sich von Beginn als eigenartig erwies. Frau Brecheisen fuhr um ein Beet in Form eines Kreisverkehrs herum und hielt direkt vor einer kleinen weißen Treppe mit fünf Stufen an, die zur Haustür der Villa führten. Ein Mann im dunklen Anzug kam sofort herbeigeeilt und öffnete Frau Brecheisen die Autotür. „Willkommen zurück, Madam. Wie ich sehe, war ihr Geschäftstermin ein voller Erfolg.“ „In der Tat.“, erwiderte Frau Brecheisen stolz. „Mathéo, wären Sie so freundlich und würden die Koffer von unserem neuen Bewohner aus dem Kofferraum ausladen und direkt in sein Zimmer tragen. Danach fahren Sie bitte meinen Wagen in die Garage. Ich danke Ihnen!“ Felix saß wie festgeklebt auf dem Beifahrersitz und hatte nicht das Verlangen auszusteigen und in diese Gemäuer hineinzugehen. Doch Frau Brecheisen schien seine Gedanken zu lesen und konnte sehr überzeugend sein. „Na hopp, oder willst du wieder in dein kleines, staubiges Kämmerchen im Kinderheim zurück, wo du lange Zeit nur geduldet wurdest?! Zu deinem achtzehnten Geburtstag hätten sie dich eh rausgeworfen. Außerdem will ich dir noch deinen kleinen Bruder vorstellen…“
Moritz – Teil 6 „Hast du dich bereits gut bei uns eingelebt, Moritz?“, fragte Herr Hendricks einen Abend später, nachdem Moritz vierundzwanzig Stunden im Kinderheim verbracht hatte. Moritz wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Herr Hendricks müsste doch klar sein, dass Moritz um seine Eltern trauerte und jetzt lieber mit ihnen Zuhause wäre. Doch das würde nie wieder der Fall sein und Moritz wusste, dass er sich damit abfinden musste und wenn es noch so schwer war. „Wie ich sehe, hast du deinen Koffer noch gar nicht ausgepackt.“, stellte Herr Hendricks fest, der im Türrahmen stand, während Moritz auf einem Bett saß und lustlos die Wände anstarrte. „Lass dir Zeit. Es ist verständlich, dass du noch nicht soweit bist. Wenn du Hilfe benötigst, kannst du dich jederzeit an mich oder an die anderen Betreuer wenden. Wir gehen hier alle sehr fürsorglich und tolerant miteinander um. Tut uns Leid, dass das Zimmer ein wenig staubig ist. Unser Kinderheim ist derzeit bis aufs letzte Bett voll und wir mussten dich hierher verlegen, dass vor kurzem noch ein anderer Junge bewohnt hat. Ich werde aber persönlich dafür Sorge tragen, dass es morgen noch gründlich gereinigt wird, während du dich auf der Beerdigung deiner Eltern befindest.“ „Morgen findet schon die Beerdigung statt?“, fragte Moritz nun überrascht. Es war sein erster Satz seit seiner Ankunft, denn bis jetzt hatte er noch mit niemand hier ein Wort gewechselt. Zwar gab es ein paar Versuche seitens der Betreuer beim Mittag- und beim Abendessen, aber vergebens. „Ja, das hat mir Frau Hoffman von der Trauerbewältigung mitgeteilt.“, antwortete Herr Hendricks. „Sie holt dich morgens gegen zehn Uhr ab. Um elf Uhr beginnt die Trauerfeier. Solltest du nichts Schwarzes zum Anziehen haben, können wir dir gerne was ausleihen. Wir sind hier wirklich sehr gut ausgestattet. Verrate uns nur deine Kleidergrößen und wir richten sie für dich her. Du musst dich um nichts kümmern. Dir soll es hier an nichts fehlen.“ „D-Danke.“, sagte Moritz leicht zögerlich. Herr Hendricks schien wirklich in Ordnung zu sein und sich gut um die Kinder hier zu kümmern. Doch es bedarf sicherlich noch einer gewissen Zeit, bis sich Moritz hier vollständig eingelebt hatte. Herr Hendricks lächelte sanft und bevor er ging sagte er noch: „Um zehn Uhr ist Nachtruhe. Versuch zu schlafen. Morgen wird ein langer Tag.“ Danach verschwand der Betreuer des Kinderheims wieder und Moritz saß auf seinem Bett, dass ihm so fremd war. Der ganze Ort war ihm fremd und doch war es nun sein neues Zuhause.
Felix – Teil 4 Kleinen Bruder? Felix wusste so gar nicht mehr, was er von dieser ganzen Adoptionsgeschichte halten sollte und allmählich bekam er mehr als ein ungutes Gefühl, dass hier mächtig was faul ist. Er blickte sich um und sah, dass das Tor zum Gelände wieder verriegelt wurde. Das Gelände war von einer hohen Mauer umgeben. Es gab kein Entkommen, also spielte er zunächst einmal mit und betrat, wenn auch zögerlich, die pompöse Villa der Familie Brecheisen. „Herzlich Willkommen in deinem neuen Zuhause!“, rief Frau Brecheisen stolz und überglücklich, als Felix die Eingangshalle betrat und ein Pinguin die Tür hinter ihm schloss. „Das ist Clément, unser Butler. Wenn du Fragen hast, oder Hilfe benötigst, dann zögere nicht ihn zu rufen. Er dient unserer Familie schon seit Ewigkeiten und ist wirklich parfait.“ „Parfait?“ Felix blickte Frau Brecheisen mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Oh Verzeihung. Ich vergaß zu erwähnen, dass meine Familie gebürtig aus Frankreich stammt. Wir leben jetzt schon seit mehr als zwanzig Jahren hier in Deutschland, aber hin und wieder rutscht mir doch noch ein französisches Wort heraus. Doch keine Sorge, dein Bruder spricht fließend deutsch. Du wirst jedes Wort verstehen was er sagt, aber hör lieber nicht so genau hin, wenn er zu viel sagt.“ „Was meinen Sie?“, fragte Felix zunächst noch ganz höflich, doch als sich Frau Brecheisen von ihm abwandte und sich stattdessen mit ihrem Butler Clément unterhielt, wurde es Felix zu bunt. Er mochte es gar nicht, wenn man ihn wie Luft behandelte. „HEY!“, schrie er nun richtig laut und sein Wort hallte in der großen Eingangshalle wieder, was ihm ein wenig unangenehm war. Aber er wollte endlich wissen, was hier gespielt wurde. „Sagen Sie mir endlich, warum Sie mich adoptiert haben!“ Es sollte wie eine höfliche Aufforderung klingen, aber kam wie ein Befehl rüber. Doch Felix war das egal, denn er hatte die Schnauze voll. „Was soll ich hier? Warum haben Sie mich adoptiert, wenn Sie bereits einen Sohn haben und warum hat Herr Hendricks das so bereitwillig zugelassen?!“ Der Butler zog sich leicht in den Hintergrund zurück und Frau Brecheisen kam nun langsam auf Felix zu. Immer näher, bis sie wenige Zentimeter vor ihm stehen blieb und sie sich fast auf Augenhöhe waren. Felix war für sein Alter bereits sehr groß, aber Frau Brecheisen war auch etwas Klein geraten. „Tout à l'heure.“, sagte sie zu ihm, doch Felix verstand kein Wort. Doch Frau Brecheisen übersetzte für ihn ins Deutsche: „Alles zu seiner Zeit.“
Flo – Teil 2 Flo stand vorm Schlafengehen im Badezimmer und putzte sich gründlich die Zähne. Dabei blickte sie unentwegt in den vor ihr an der Wand hängenden Spiegel, der ihr Spiegelbild reflektierte. Flo beugte sich vornüber und spuckte die Zahnpasta ins Waschbecken. Danach spülte sie ihren Mund noch mit klarem Wasser aus und trocknete sich ihn ab. Doch machte sie noch keine Anstalten ins Bett zu gehen. Sie blickte weiterhin unentwegt in den Spiegel, begutachtete ihr Gesicht, ihre Haut, ihren ganzen Körper. Unzufriedenheit breitete sich in ihr aus. Plötzlich ging die Tür zum Badezimmer auf und ihr Freund Sebastian kam hereinstolziert. „Oh sorry, ich dachte du seist schon fertig und liegst schon im Bett.“, entschuldigte er sich rasch, machte einen Satz rückwärts und war schon dabei, die Türe wieder zu schließen, als Flo ihn dabei zurückhielt. „Warte bitte! Ich hab eine Frage an dich…“ Sebastian kam zurück ins Badezimmer und musterte seine Freundin skeptisch. Er glaubte zu ahnen, worauf sich ihre Frage bezog. „Sei bitte ehrlich zu mir. Findest du mich attraktiv?“ „Dir ist aber schon bewusst, dass ich auf Männer stehe, oder?“, stellte Sebastian als Gegenfrage. Flo stöhnte leicht aus. „Bitte antworte einfach auf meine Frage, Sebastian. Nur weil du schwul bist, wirst du doch noch beurteilen können, ob eine Frau attraktiv ist oder nicht.“ Sebastian biss sich leicht auf die Zunge. Er wollte nichts Falsches von sich geben, denn jedes falsche Wort, könnte am Ende zu einer Katastrophe führen. „Also wenn ich Hetero wäre… und du nicht meine beste Freundin wärst…, dann würde ich dich vermutlich nicht von der Bettkante schubsen.“ Es folgte ein Moment der Stille. Bis Flo ihren Kopf in der Luft drehte und sich wieder frustriert im Spiegel betrachtete. „Mit anderen Worten, wenn du mich nicht kennen würdest, würdest du mit mir Sex haben. Das ist zwar sehr sexistisch, aber als Antwort völlig ausreichend.“ „So hab ich das doch gar nicht gemeint!“, entgegnete Sebastian schnell, dem klar war, dass sie gerade auf eine mittlere Katastrophe zusteuerten. „Was soll ich denn sagen? Natürlich bist du hübsch, sehr hübsch sogar, aber ich bin nicht nur dein bester Freund und schwul, ich weiß auch mehr über dich als alle anderen. Da ist es nicht leicht, die passenden Worte zu finden, ohne dich zu verletzen. Sei mir also bitte nicht böse!“ Flo schüttelte den Kopf und setzte ein trauriges Lächeln auf. „Ich bin dir nicht böse. Ich bin nur unzufrieden mit meinem Körper und das, obwohl ich nun fast vollständig eine Frau bin. Der Weg dorthin war nicht leicht. Als Junge wurde ich geboren und als Mädchen lebe ich weiter…!“
Eric – Teil 4 „Ted hat mir das Fahrradfahren beigebracht und Renjo das Schwimmen. Danach war ich süchtig nach diesen zwei Sportarten, denen ich letztendlich auch meine sportliche Statur zu verdanken habe. Okay, das klingt selbstverliebt ich weiß, aber wenn ich sonst schon nicht mit meinem Leben zufrieden bin, dann wenigstens auf mein gutes Aussehen. Nur genutzt hat mir das auch nichts. Ganz im Gegenteil. Da lerne ich den Traummann meines Lebens kennen und Schwupps, gerät meine Welt völlig aus den Fugen.“ Dr. Böhmer hatte die ganze Zeit über, während Eric erzählte, sich Notizen gemacht, doch plötzlich hielt er seine Hand hoch und brachte Eric damit zum Schweigen. „Jetzt nur nicht zu schnell erzählen. Bis hierher hast du dein Leben sehr gründlich erzählt und ich muss es wissen, weiß ich doch jetzt sogar, dass du nur dreiblättriges Klopapier benutzt. Gerade bist du aber dabei, sehr überstürzt und sprunghaft zu erzählen, was zu dem Problem führt, dass uns ein paar wichtige Ereignisse entgehen könnten. „Bleiben wir doch zunächst einmal noch bei deinen Vätern. Ihre Namen sind Ted und Renjo und sie haben dich adoptiert als du acht Jahre alt warst. Deinen Erzählungen zufolge, kann ich schließen, dass du ein sehr gutes und inniges Verhältnis zu ihnen hast, richtig?“ „Korrekt.“, antwortete Eric dem Therapeuten nur. „Bis auf die paar Mal, wo sie mich dabei erwischt haben, wie ich mir einen runtergeholt habe, weil sie nie an meiner Zimmertür anklopfen. In solchen Momenten hätte ich sie am liebsten umgebracht…, aber ich sollte besser die Klappe halten, denn ich hab schon genug Menschenleben auf dem Gewissen.“ Dr. Böhmer blieb bei diesen Worten ganz gelassen, doch Eric fing plötzlich am ganzen Körper das Zittern an.
Jannik – Teil 5 Der Donnerstag war wie jeder andere Tag in der Schule. Jannik betrat das Klassenzimmer und setzte sich schweigsam auf seinen Platz, während sein Kumpel mit ihm sprach, obwohl er gar nicht zuhörte. Herr Meier betrat das Klassenzimmer und ein leises Stöhnen ging durch die Bänke. Herr Kronthaler kam ins Klassenzimmer… und ihm wurden reihenweise Herzchenaugen zugeworfen. „Boah, wie ätzend.“, meinte ein Junge eine Reihe hinter Jannik. Andere Jungs pflichteten ihm bei, ohne dass die Lehrer vorne Wind davon bekamen. Nur Jannik schwieg dazu, der sich mehrmals selber dabei ertappte, wie er Herrn Kronthaler anstarrte. Ein paar Mädchen warfen den Jungs einen sauren Blick zu, ließen sich von ihrer Schwärmerei aber dennoch nicht abbringen. Sie tuschelten und kicherten untereinander, was den Unterricht erheblich störte und irgendwann schien Herr Meier doch genug davon zu haben. „Was wird da eigentlich ständig getuschelt? Dürfte ich das bitte erfahren?“ „Nichts wichtiges.“, antwortete ihm die Klassensprecherin schnell, doch mit einem Grinsen im Gesicht. Der Junge, der eine Reihe hinter Jannik saß, konnte jedoch nicht den Mund halten. „Ach die Weiber drehen alle total am Rad, seitdem Herr Kronthaler bei uns ist. Die werfen ihm verliebte Blicke zu und er merkt es noch nicht einmal!“ Herr Meier runzelte die Stirn und drehte sich zu Herrn Kronthaler, der still und beschämt an der Tafel stand. Ihm war die Situation sichtlich unangenehm und Jannik wünschte sich, dass sein Mitschüler die Klappe hielt, aber es kam noch Schlimmer: „Aber kein Wunder, dass der das nicht checkt. Der geilt sich bestimmt an Männern auf!“
Eric – Teil 5 Es brauchte ein paar Minuten, bis Eric seinen Körper wieder vollständig unter Kontrolle hatte. Sein ganzer Körper hatte zum Zittern angefangen. Er atmete mehrmals ein und aus, so wie es Dr. Böhmer ihm einmal beigebracht hatte und versuchte sich von seinen inneren Ängsten zu befreien. „Okay, es kann weiter gehen.“, sagte Eric nach etwa fünf Minuten. „Sorry, für die kleine Unterbrechung.“ „Entschuldigung angenommen. Auch wenn ich der Meinung bin, dass es nichts gibt, wofür du dich entschuldigen müsstest. Du kannst deinen Geist noch so sehr von dem Leid und dem Schmerz befreien, der dir widerfahren ist, aber deinen Körper kannst du nicht täuschen.“, meinte Dr. Böhmer ernst. „Dein Körper weiß von deinem inneren Schmerz und je länger dieser Schmerz andauert, desto schwächer wird dein Körper. Doch ich bin guter Dinge, dass wir das wieder in Ordnung kriegen.“ „Was macht Sie da so sicher?“, fragte Eric Dr. Böhmer nun, ohne ihn anzusehen. Seine Augen waren besorgt auf seine Hände gerichtet, die noch immer leicht zitterten. „Der Vorfall hat sich vor fast einem Jahr ereignet und das du hier bist, zeigt, welch enorme innere Stärke du aufzuweisen hast.“, erklärte Dr. Böhmer ihm. Eric schüttelte zunächst leicht den Kopf, dann blickte er auf und in seinen Augen spiegelten sich Wut und Trauer. „Ich bin nicht stark. Ich bin ein Schwächling! Sonst hätte ich das zu verhindern gewusst.“ „Eric…,“ Dr. Böhmer legte sein Notizbuch und seinen Stift zur Seite und blickte den Jungen nun wie ein liebevoller Großvater an. „Um eines jetzt mal ganz klar vorweg zu sagen: Du bist nicht schuld, dass zwei Menschen ums Leben gekommen sind.“ „Ach ja? Das sehen die Eltern von Adam aber anders.“, entgegnete Eric, dem schlimme Erinnerungen heimsuchten. „Verzeihen Sie, aber können wir die Sitzung für heute vielleicht beenden? Ich fühle mich nicht gut.“ Dr. Böhmer nickte verständnisvoll. Eric stand sofort auf und rannte aus dem Raum.
Moritz – Teil 7 Es war bereits nach zweiundzwanzig Uhr. Moritz konnte nicht schlafen und wälzte sich im Bett hin und her. Hinzu kam, dass es ihm unglaublich heiß unter der Bettdecke vorkam, weshalb er diese irgendwann zur Seite schob, sodass sie zu Boden fiel. Natürlich musste er an seine Eltern denken, an ihre letzten Worte an ihn und daran, dass er ihr innerstes Geheimnis nie anvertraut hatte. Nach einer Weile schlief Moritz doch noch ein, völlig erschöpft von den letzten Tagen. Doch seine nächtliche Ruhe wurde jäh zerstört, als eine schattenhafte Gestalt von außen durch das Fenster kletterte und sich mit leisen Schritten seinem Bett näherte. Die Person beugte sich vornüber, doch Moritz schlief mit dem Gesicht zur Wand, sodass der Unbekannte nicht erkennen konnte, wer da lag. Für ihn hätte da ursprünglich auch eine ganz anderer Junge liegen müssen. Die Person legte zuerst sein rechtes Knie aufs Bett, ehe er sich mit ganzem Körper in das Bett zu Moritz kuschelte. Vorsichtig schmiegte er sich von hinten an Moritz heran, streichelte ihm sanft das Haar hinters Ohr und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Dies führte zur ersten Reaktion seitens Moritz: „Uoh, lass das doch Max…“ Schlagartig riss Moritz seine Augen auf und auch der ominöse Eindringling war völlig baff und fiel rücklings vom Bett. „Scheiße verdammt!“, schrie Moritz, der sofort die Nachttischlampe anknipste, aufstand und sich erschrocken an die Wand lehnte. „Wer bist du und was hast du in meinem Zimmer zu suchen?!“, schrie Moritz den Eindringling an. Bei den Worten „meinem Zimmer“ überfiel ihn jedoch kurz darauf Gefühl des Unbehagens. Der Eindringling schien nicht weniger verblüfft zu sein. „Oh hey, das ist ein Missverständnis. Tut mir echt Leid, aber ich dachte das ist das Zimmer von Felix.“ „Ich kenne keinen Felix und jetzt raus mit dir, oder ich rufe die Bullen!“, schrie Moritz den Jungen an. Der unbekannte Junge war noch dabei, sich von seinem eigenen Schock zu erholen, als ihm auch schon ein leichtes Lächeln übers Gesicht huschte. Moritz trug nämlich gerade mal eine Boxershorts, weil ihm vorhin so warm war und stand ihm deshalb halbnackt gegenüber. „Es tut mir wirklich leid. Ich hatte keine bösen Absichten, wobei ich gestehen muss, dass ich die noch haben könnte, wenn ich dich noch etwas genauer betrachte…“ Mit einem Schlag wurde auch Moritz klar, dass er halbnackt war. Er schnappte sich sein Kopfkissen und hielt es sich vor seinen Körper – nicht das es auch nur ansatzweise helfen würde. „Ich rufe einen Betreuer. Dann werden sie dich aus dem Heim rauswerfen!“ Der Junge atmete einmal schwerfällig aus. „Puh, das wird nicht möglich sein, denn ich bin kein Waisenkind. Mein Name ist Jacob und ich hab noch eine Mutter und einen Vater.
Damian – Teil 6 Damian kam gerade aus der Dusche zurück, als er sein Handy klingeln hören. Er sah, dass ihn sein Freund anrief und nahm ab. „Hey, was gibt´s?“ „Magst du eher eine Erdbeer- oder eine Himbeerschnitte?“, fragte sein Freund ihn. „Äh was?“ „Mein Bruder und ich haben beschlossen, beim Bäcker etwas Kuchen mitzunehmen und ihn bei uns zu essen. Das ist auch die ideale Gelegenheit, dass du ihn endlich mal kennenlernst.“ „Aber ich kenne deinen Bruder doch.“, meinte Damian, der so gar keine Lust auf spontanen Besuch seitens der Familie von Timo, seinem Freund, hatte. „Haha, sehr witzig. Nur das was ich dir von ihm erzählt habe. Du weißt ja noch nicht einmal wie er aussieht.“, sagte Timo, der Damian noch nicht einmal ein Bild seines Bruders gezeigt hatte. Das lag nicht an dem mangelnden Interesse Damians, sondern einfach daran, dass Timo nur noch sehr wenig Kontakt mit seiner Familie seit seinem Outing hatte und keine Bilder auf seinem Handy gespeichert waren. „Also was ist jetzt? Erdbeer- oder Himbeerschnitte?“ „Himbeerschnitte.“, antwortete Damian schließlich. Die Zwei beendeten ihr Telefongespräch wieder und Damian zog sich schnell eine Jeans und ein weißes Shirt über. Danach begab er sich in die Küche und setzte die Kaffeemaschine in Gang. Noch schnell drei Teller, drei Tassen und Kuchenbesteck auf den Tisch und Timo und sein Bruder konnten kommen. Es vergingen etwa zwanzig Minuten, da hörte er auch schon den Schlüssel die Tür aufsperren. „Lass deine Schuhe ruhig an.“, hörte Damian seinen Freund sagen. „Wir haben die Woche ohnehin noch nicht geputzt. Damian wartet sicherlich schon in der Küche auf uns.“ Timo kam aus dem Flur in die Küche, in den Händen die verpackten Kuchenstücke aus der Bäckerei. „Hey Schatz.“ Timo drückte Damian einen kurzen Kuss auf den Mund, bevor er die Kuchen auf dem Tisch ablegte. „Marcus, wo bleibst du denn?!“ Damian stand ungeduldig und ein wenig nervös inmitten der Küche, als ein großgewachsener Junge den Raum betrat. Mit einem Mal wurden Damians Augen ganz groß und auch Timos großer Bruder blieb geschockt stehen. Die Zwei kannten sich nämlich: Marcus war Damians One-Night-Stand!
Flo – Teil 3 Flo spürte bereits im zarten Alter von vier Jahren, dass sie sich in ihrem Körper irgendwie unwohl fühlte. Sie kam zwar als Junge zur Welt, aber fühlte sich nicht als solcher. In diesem Alter machte man sich aber noch nicht so viele Gedanken dazu. Erst als Flo in die Schule kam, wurde dieser Gedanke größer und der Wunsch nach einem anderen Körper wuchs stetig vor sich hin. Als sie zehn Jahre alt war, sagte sie ihren Eltern, dass sie kein Junge mehr sein will. Die reagierten zunächst geschockt und verwirrt. Sie dachten wohl, dass Flo nur eine schwere Zeit durchmachte und dieses Gefühl von ganz alleine wieder verschwand, aber das tat es nicht. Als Flo dreizehn Jahre alt wurde und in die Pubertät kam, fing sie zu rebellieren an. Sie kaufte sich ohne das Beisein ihrer Eltern hübsche Kleider, ließ sich ihre Haare immer länger wachsen, rasierte sich die Beine und fing sogar an, sich an dem Schminktäschchen ihrer Mutter zu schaffen zu machen. Aus Florian wurde zunehmend Florentine. Doch egal wie sehr sie sich auch als Mädchen ausgab, sie war immer noch ein Junge. Ihre Eltern gaben schließlich nach, denn sie liebten ihren Sohn und wollten nur das Beste für ihn. Darüber war Flo sehr glücklich, denn nicht bei allen Eltern war dies selbstverständlich. Sie wollten ihm dabei helfen, vom Jungen zum Mädchen zu werden. Mit der vollständigen Umwandlung wollten sie aber warten, bis sie volljährig wurde. Für Flo war dies eine qualvolle lange Zeit, doch blieb ihr keine andere Wahl, egal wie sehr sie mit sechzehn dagegen protestierte. Als sie schließlich achtzehn Jahre alt war, wurde ihr sehnlichster Wunsch Wirklichkeit. Florentine war geboren! Inzwischen ist Flo zweiundzwanzig Jahre alt und nur ein Detail ihres alten Ichs haftete noch an ihr. Doch auch das sollte sich bald ändern. Statt einem Penis sollte eine Vagina her!
Nils – Teil 4 Nils saß auf einer kleinen Mauer, seine Beine baumelten leicht hin und her, während er wartete. Die Schule war seit gut einer halben Stunde zu Ende, doch machte er keine Anstalten nach Hause zu gehen. Er wartete… auf Valentin. Er wusste nicht, ob er kommen würde, oder ihn überhaupt jemals wieder sehen würde, aber er glaubte ganz fest daran. Ihre Begegnung konnte kein Zufall sein. Das war Schicksal! Mit ein wenig Glück, kam Valentin hier öfters vorbei und mit noch etwas mehr Glück, wollte Valentin ihn genauso gerne wieder sehen, wie Nils ihn. Und tatsächlich: Weitere zehn Minuten später kam Valentin summend den Gehsteig entlang marschiert. Zunächst schien er Nils nicht zu bemerken, doch als nur noch wenige Meter sie voneinander trennten, fiel er ihm doch noch auf. Nils war sprachlos. Er traf Valentin tatsächlich wieder! Valentin hingegen schien weniger überrascht zu sein und ließ sogar einen Spruch los: „Auf der Mauer, auf der Lauer, sitzt `ne kleine Wanze…“ „Heeey!“, protestierte Nils laut, aber mit einem Grinsen im Gesicht. Die Freude über das Wiedersehen siegte über alle anderen Gefühle. „Von wegen Wanze…“ „Stimmt. Dich mit einer Wanze zu vergleichen, war gemein, wo du doch ein Fuchs zu sein scheinst.“, meinte Valentin augenzwinkernd. „Woher sonst konntest du wissen, dass ich hier öfters vorbei komme.“ „Tja, guter Instinkt würde ich sagen.“, erwiderte Nils noch immer lächelnd. Auch Valentin lächelte, der sich offenbar genauso sehr freute. „Da du auf mich gewartet zu haben scheinst, darf ich dich auf ein Eis einladen? Das Eis vom Italiener an der Straßenkreuzung ist bekannt für sein vorzügliches Eis.“ Dazu sagte Nils gewiss nicht nein und nahm die Einladung dankend an.
Jannik – Teil 6 Es folgte Stille und eine extrem ansteigende Spur von Anspannung, die das ganze Klassenzimmer füllte. Herr Kronthaler stand an der Tafel, bewegte keinen Muskel und verzog auch nicht das Gesicht, angesichts dieser Anschuldigung. Sofern man hier überhaupt von Schuld sprechen konnte, denn es wäre kein Verbrechen, wenn Herr Kronthaler auf Männer stehen würde. Jannik tat es ja auch und viele andere Jungs und Männer ebenfalls. Es war Herr Meier, der die Stille durchbrach. Nachdem er etwas perplex von Schüler zu Schüler und dann auch zu Herr Kronthaler starrte, konnte man ihm deutlich ansehen, wie er versuchte, den Faden zum Unterricht wieder aufzunehmen – mit mäßigem Erfolg. „Ähm… nun ja…, wie ich gerade sagte. Die Quadratwurzel von 144 ist…“ Jannik horchte bei seinem Klassenlehrer nur mit halbem Ohr hin, zu fixiert war er auf Herr Kronthaler und dessen Verhalten, nachdem er bezichtigt wurde, auf Männer zu stehen. Eigentlich verhielt er sich nicht großartig anders als sonst. Er schien von Grund auf schon ein sehr ruhiger und zurückhaltender Mensch zu sein, nur dass er sich jetzt noch reservierter verhielt. Er vermied jeglichen Augenkontakt und auch sonst sprach er nur, wenn er keine andere Wahl hatte. Der Verdacht, dass Herr Kronthaler also homosexuell sei, stand im Raum und wurde bis aufs Weitere nicht widerlegt. Wenn er nicht auf Männer stand, dann könnte er es doch verneinen, dachte sich Jannik und ein winziger Hoffnungsschimmer breitete sich in ihm aus, der ihm ein ständiges Kribbeln im Bauch einbrachte. Dieses Gefühl verflog jedoch rasch wieder, denn selbst wenn Herr Kronthaler homosexuell sei, würde er nicht auf kleine Jungs wie ihn stehen. Zumal das verboten war. Nachdem Herr Meier ein paar Matheaufgaben verteilt hatte, widmete sich jeder seinen Rechenaufgaben. Doch schon bald brauchte die erste Schülerin Hilfe: „Herr Kronthaler, könnten Sie mir bitte kurz bei dieser einen Aufgabe helfen? Ich verstehe nicht, was damit gemeint ist.“ Mit einer süßlich klingenden Stimme und einem breiten Lächeln lockte sie den Referendar zu sich und da Janniks Mitschülerin einen Tisch neben ihm saß, stand Herr Kronthaler nun genau zwischen ihrem und seinem Tisch. Herr Kronthaler beugte sich nach vorne zu dem Mädchen und half ihr bei der Aufgabe. Janniks Konzentration verschwand mit einem Mal, denn seine Augen richteten sich auf Herrn Kronthalers Hintern, der in der Jeans sehr knackig aussah, und blieb daran haften.
Ricardo – Teil 4 Ricardo folgte Martin zur geschwungenen Treppe und begleitete ihn ins obere Stockwerk hinauf. Zugegeben, ein wenig nervös war er schon, angesichts der Tatsache, mit einem völlig fremden Mann – der zudem doppelt so alt war wie er – gleich Geschlechtsverkehr zu haben. Doch er wollte es. Schon seit einiger Zeit verspürte er das dringende Verlangen danach. Doch bisweilen kam es einfach nicht dazu. Die Jungs aus seinem Jahrgang waren entweder alle hetero, nicht an ihm interessiert, oder passten nicht in sein Beuteschema. Mit Martin landete er einen Volltreffer, denn er war genau sein Typ Mann, der bestimmt auch schon reichlich Erfahrung beim Sex sammeln konnte. Ricardo biss sich leicht auf die Zunge und noch während sie die Treppe hinaufgingen, stellte er Martin eine Frage: „U-Und machst du sowas öfters?“ Ricardo wollte nicht neugierig wirken, aber Vorsicht war besser als Nachsicht, wie es so schön heißt. Wer weiß mit wem Martin es schon alles getrieben hat. Vor potenziellen Krankheiten wollte sich Ricardo auf jeden Fall schützen. Martin drehte sich nicht zu Ricardo um, beantwortete dessen Frage aber unterm Gehen. „Am Anfang nur ganz, ganz selten, aber mit der Zeit fing es an, mir richtig Spaß zu machen und jetzt mach ich das so oft ich kann. Ist quasi mein Nebenjob.“ Ricardo hörte Martin lachen, was ihn verunsicherte. Wieso lachte er? Was war daran so lustig? Das klang ja beinahe so, als wäre er ein Stricher und würde hinterher von ihm Geld verlangen. Ricardo blieb mit einem Mal auf den letzten Stufen der Treppe stehen. Die Unsicherheit kam in ihm zum Vorschein. Dies blieb auch bei Martin nicht unbemerkt, der schon oben an der Treppe angekommen war und an einer weißen Tür stand. „Was ist los? Willst du einen Rückzieher machen? Hey, wenn du nicht willst, ich zwinge dich nicht…!“ Ricardo blickte Martin in die Augen und konnte Ehrlichkeit darin entdecken. Er würde ihn tatsächlich gehen lassen und ihn nicht mit Gewalt hierbehalten. Doch wollte er überhaupt gehen? Ricardo schloss für einen Moment seine Augen und schüttelte seine Unsicherheit ab. Danach öffnete er seine Augen wieder und stieg die letzten Stufen nach oben. „Worauf warten wir noch. Los geht´s!“ Martin lächelte breit, so dass seine glänzend weißen Zähne zum Vorschein kamen. Danach öffnete er die Tür und sie betraten das Zimmer dahinter. „Willkommen in meiner Traumfabrik!“, rief Martin stolz, doch Ricardo selber war baff. Ihm fehlten die Worte. In dem Zimmer stand ein großes Himmelbett wie aus einem Märchen, doch ansonsten fehlte es an Mobiliar. Die völlig nackten weißen Wände blendeten Ricardo ein wenig, doch konnte er große Scheinwerfer und eine Kamera entdecken. Was ging hier vor sich?
Manuela – Teil 6 „Er will mit den Kindern ausziehen.“, sagte Manuela schlussendlich, die ihrer guten Freundin bei einer Tasse Tee von ihrem Streit mit Roland berichtete. Ihre Freundin wusste schon länger, von Manuelas Umorientierung Bescheid und stand ihr in der schwierigen Zeit immer zur Seite. „Ich kann ja verstehen, dass er verärgert ist, aber er kann nicht einfach die Kinder schnappen und hier ausziehen. Was will er ihnen denn sagen?“, meinte Petra daraufhin fragend. „Gar nichts. Bevor er heute Morgen zum Flughafen gefahren ist, hat er gesagt, dass ich es den Kindern erklären soll, schließlich sei ich ja auch maßgeblich Schuld an dem Dilemma.“, erklärte Manuela ihrer Freundin. „Genaugenommen hat er ja auch Recht. Es ist meine Schuld!“ „So ein Unsinn! Manu bitte, lass dir das von ihm nicht einreden.“, sagte Petra, die ihre Freundin gerne mit ihrem Spitznamen ansprach. „Das du nun auf Frauen stehst, dafür kannst du doch nichts. Das hast du dir nicht ausgesucht.“ „Ja…, du hast Recht.“, pflichtete Manuela ihrer Freundin schließlich bei. „Hab ich das nicht immer?“, erwiderte Petra schmunzelnd. „Allerdings sollte wirklich ich diejenige sein, die den Kindern sagt, dass ihre Eltern sich scheiden lassen und vor allem warum.“, sagte Manuela fest entschlossen. „Und zwar noch heute…!“
Nils – Teil 5 Nils war so unendlich glücklich, von einem anderen Jungen zum Eis essen eingeladen worden zu sein, dass es sich anfühlte, als würde ein Traum für ihn in Erfüllung gehen. Nils hatte keine Freunde, war seit jeher auf sich allein gestellt und bis vor wenigen Tagen hätte er auch gedacht, dass das für immer so bleibt. Doch als Valentin in sein Leben trat, veränderte sich alles. „Welche Eissorten isst du denn am liebsten?“, fragte Valentin ihn, als sie in der Eisdiele standen und auf die vielen Sorten von Eis blickten. „Am liebsten esse ich Waldmeister und Melone.“, antwortete Nils ihm erfreut, während man ihm zugleich die zwei Eissorten in einer Waffel vorbereitete. „Für mich bitte Stracciatella und Pflaume-Zimt.“, meinte Valentin anschließend zu dem Italiener. „Pflaume-Zimt?“, fragte Nils überrascht. „Ist das nicht eher was Weihnachtliches?“ „Ach wo, egal welche Eissorte und egal welche Jahreszeit, Eis geht einfach immer.“, erklärte Valentin ihm. Der Italiener überreichte den beiden Jungs ihr Eis und gemeinsam gingen sie an der Straße entlang spazieren, während sie glücklich und zufrieden an ihrem Eis schleckten. „Darf ich mal probieren?“, fragte Valentin nach bereits wenigen Schritten. „Ich hab noch nie Waldmeister-Eis gegessen.“ „Waaaas?!“, fragte Nils erschüttert, der Waldmeister-Eis vergötterte. „Das ist das beste Eis auf der ganzen Welt!“ „Also darf ich mal dran lecken?“, fragte Valentin nochmals, was Nils leicht aus der Bahn warf. „Äh ja… klar doch… gerne.“, antwortete er, hielt ihm sein Eis hin, woraufhin Valentin seine Zunge rausstreckte. Nils Gesichtsfarbe nahm ein dezentes rosa an, als er sah, wie Valentin genüsslich an seinem Eis leckte. „Hm ja, schmeckt wirklich sehr gut.“, stellte Valentin fest. „Pass besser auf, oder ich verputz dein Eis gleich noch mit.“ Valentin fing zu Lachen an und Nils lächelte ebenfalls, während seine Schmetterlinge im Bauch wie wild herumflatterten.
Felix – Teil 5 Frau Brecheisen führte Felix in das Wohnzimmer, welches sehr edel eingerichtet worden war. Ein großer flauschiger Teppich verdeckte ein Drittel des Parketts. Auf dem Teppich standen eine weiße Couch und ein Glastisch. An einer Wand hingen ein großer Fernseher und eine Wanduhr, während sich auf der gegenüberliegenden Wandseite ein Kamin befand, über den ein Gemälde hing, das die Familie porträtierte. Es zeigte Frau Brecheisen, einen Mann und einen Jungen, der sehr viel jünger als Felix aussah. Doch wer weiß, wie alt das Gemälde schon war. Er hatte strohblondes, kurzgeschnittenes Haar und smaragdgrüne Augen. Der Mann an Frau Brecheisens Seite musste Herr Brecheisen sein. Daran bestand eigentlich kein Zweifel. Auf dem Gemälde schien er zwanghaft bemüht zu sein zu lächeln. Seine Stirn lag leicht in Falten und sein schwarzes Haar hatte bereits einen grauen Ansatz. Alles in allem machte er einen sehr diktatorischen Eindruck auf Felix. Frau Brecheisen hingegen lächelte ganz natürlich auf dem Gemälde. Ihr blondes lockiges Haar, ihr rubinroter Lippenstift und ihre glänzenden Ohrringe verdeutlichten, wofür sie ihr Geld am liebsten ausgab. „Setz dich. Clément sagt meinem Sohn gerade, dass wir hier sind und wird dich gleich in unserer Familie willkommen heißen.“, meinte Frau Brecheisen. „Mein Mann ist noch geschäftlich unterwegs, aber du wirst ihn heute Abend kennenlernen. Er freut sich schon sehr, dich kennenzulernen.“ Felix wünschte sich, die Freude wäre auch auf seiner Seite, aber ihm graute es davor, ein Teil dieser Familie zu werden, deren Leben sich augenscheinlich nur um Geld drehte. Butler Clément betrat mit leisen Schritten das Wohnzimmer. „Verzeiht Madam, aber der junge Herr bevorzugt es in seinem Zimmer bleiben.“ „Ja aber haben Sie ihm denn nicht gesagt, dass sein neuer Bruder hier ist?“, fragte Frau Brecheisen verwirrt. Felix lief ein kalter Schauer über den Rücken, als sie ihn als „Bruder“ für ihren Sohn bezeichnete. Da stellten sich bei ihm alle Nackenhaare auf. „Doch natürlich Madam, aber der junge Herr sagte und ich zitiere: „Ich bin nicht daran interessiert, dieses Individuum kennenzulernen und meine Erzeuger können mir genauso gestohlen bleiben.“ „Also wirklich!“, rief Frau Brecheisen, die erstmals in Felix` Gegenwart ihre Fassung verlor. „Da hört sich doch wirklich alles auf. Los Felix komm mit. Wenn dein Bruder nicht runterkommt, dann kommen wir eben zu ihm. Clément, sagen sie Louanne, dass sie das Abendessen vorbereiten kann. Für meinen Sohn gibt es allerdings nur die halbe Portion!“ „Wird erledigt, Madam.“, sagte Clément und verbeugte sich dabei. „Jetzt wird mich mein Sohn aber kennenlernen, darauf könnt ihr euch verlassen!“, erklärte Frau Brecheisen leicht gereizt und Felix glaubte, dass das hier doch noch ganz lustig werden könnte.
Leonas – Teil 3 Leonas begleitete Kai zur Schulkrankenstation, wo die Schulkrankenschwester sich um Kais blutende Nase kümmerte. „Leg dich ein wenig hin und halt die Nase hoch, dann hört es bald zu Bluten auf.“, riet sie ihm. „Du hattest Glück. Deine Nase scheint nicht gebrochen zu sein, aber wenn du Schmerzen empfindest, dann gib mir bitte sofort Bescheid. Bleibst du bei ihm und passt auf ihn auf?“, fragte sie und wandte sich dabei an Leonas, der bis jetzt etwas schüchtern in der Ecke stand. „Ja klar.“, antwortete Leonas, dem es wirklich nichts auszumachen schien. „Das ist schön. Es ist immer schön, gute Freunde an seiner Seite zu wissen, die auf einen aufpassen und für einen da sind, wenn man sie braucht.“, meinte die Schulkrankenschwester, ehe sie den Raum verließ und Leonas und Kai alleine ließ. Es folgten ein paar Sekunden Stille, in denen keiner der Beiden ein Wort sagte. Leonas war derjenige, der die Stille schließlich durchbrach. „Tut mir echt Leid, dass Sarah dir ein Bein gestellt hat. Sie war sauer… und reagiert schnell über.“ Kai, der sich ein Taschentuch an die Nase hielt, verzog leicht die Miene, ehe auch er sich durchrang, etwas zu sagen: „Bin ja selber schuld.“ „Sag doch sowas nicht Kai, bitte.“, entgegnete Leonas und auf einmal wirkten die Beiden sehr eng miteinander vertraut. Leonas griff nach Kais freier Hand und drückte sie ganz fest. Kai entzog sich dem nicht, schloss aber für einen kurzen Augenblick seine Augen. „Ich liebe dich Kai!“ „Ich liebe dich auch Leonas und es tut mir wirklich leid, dass du meinetwegen so viel durchmachen musst. Du hast was Besseres verdient als einen Idioten wie mich, dem sein Beliebtheitsstatus wichtiger ist, als das er zu seiner sexuellen Orientierung und zu seinem Freund steht.“ „Sag doch sowas nicht. Du hast Angst vor dem Outing. Das verstehe ich.“, meinte Leonas mitfühlend, beugte sich leicht nach vorne und drückte Kai einen Kuss auf den Mund, den dieser erwiderte.
Eric – Teil 6 Eine Woche war vergangen, als Eric seine Sitzung bei Dr. Böhmer aufgrund einer Panikattacke abbrechen musste. Normalerweise hatte er am Dienstag bereits einen Termin gehabt, seine beiden Väter aber darum gebeten, sich krank melden zu dürfen. So kam es, dass Eric erst am Freitag um fünf Uhr nachmittags wieder einen Termin bei seinem Therapeuten hatte und als er dessen Praxis betrat, kam er ins Staunen. Die Möbel waren zur Seite gerückt und der Parkettboden mit Zeitungspapier ausgelegt worden. Dr. Böhmer trug eine blaue Latzhose und drunter ein weißes Shirt. Hinzu kam ein kleines Mützchen, dass er sich offensichtlich aus Zeitungspapier gebastelt hatte. In seinen Händen hielt er eine Farbrolle, mit der er die südliche Wandseite gerade in einem sonnigen Gelb anstrich. „Ah, willkommen zurück Eric. Wie du sehen kannst, hab ich endlich auf deinen Rat gehört. Sonnengelb – das war doch dein Vorschlag!“ „J-Ja schon.“, gab Eric als Antwort leicht perplex von sich. „Aber Sie können ihre Praxis doch nicht während ihrer Sitzungen anstreichen. Wo soll ich mich denn jetzt hinsetzen?“ „Wozu hinsetzen? Schnapp dir einen Pinsel oder eine Farbrolle und hilf mir! Zu zweit streicht es sich gleich viel leichter und schneller geht es auch.“, forderte Dr. Böhmer ihn wie selbstverständlich auf. „Na hören Sie mal! Ich bin doch nicht ihr Lakai. Ich bin ihr Patient und ihre Aufgabe ist es nicht, mich in Wände anstreichen zu unterrichten, sondern mir zu helfen!“ Eric war ein wenig sauer und fühlte sich hintergangen. Ted, einer seiner Väter, meinte zu Hause zu ihm, er solle heute ein altes Shirt anziehen, nur für den Fall dass er schmutzig werden würde, und jetzt wusste er auch warum. Dr. Böhmer strich ungeniert weiter, als ob es ihm egal wäre, wie sich Eric gerade fühlte. „Kennst du das Sprichwort „Eine Hand wäscht die andere“? Du hilfst mir, dann helfe ich dir.“ „Sie werden doch dafür bezahlt, dass Sie mir helfen. Ich bin ihnen keinen Gefallen schuldig.“, meinte Eric störrisch und uneinsichtig. „Aber es war doch deine Idee, die Wände hier in ein schönes sonnengelb anzumalen. Nebenbei gesagt, eine hervorragende Idee. Dieses Grau in Grau hat mich selber schon depressiv werden lassen.“ Dr. Böhmer gluckste und fand die aktuelle Situation offenbar auch noch komisch. Eric hingegen war nicht nach Lachen zumute. Er fühlte sich sowohl von seinen Vätern, als auch von Dr. Böhmer hintergangen. Doch dann sagte Dr. Böhmer etwas, was seine Gefühlslage veränderte: „Ich hab gehört, Dennis Lieblingsfarbe war auch sonnengelb. Kann man ihm nicht verübeln. Die Farbe stimmt einen fröhlich und…“ Dr. Böhmer verstummte, als er sah, wie Eric auf ihn zugeschritten kam, sich nach einer Farbrolle bückte und ebenfalls anfing, die Wand in ein sonniges Gelb zu tauchen.
Leonas – Teil 4 In diesem einen Augenblick, in dem Kai und er sich auf der Krankenstation küssten, fühlte sich Leonas glücklicher denn je. Doch dieses Glücksgefühl war nur von sehr kurzer Dauer, denn als sie ihren Kuss beendeten, sagte Kai: „Du solltest jetzt besser gehen. Nicht das noch einer Verdacht schöpft.“ „Du leidest unter akuten Paranoia.“, meinte Leonas daraufhin traurig lächelnd. „Ich will bloß nicht, dass hier einer reinstürmt und uns so eng umschlungen sieht. Die Menschen tratschen gerne und wenn meine Eltern oder meine Kumpels mitkriegen, dass ich auch auf Jungs stehe…“ Kai hielt inne, doch Leonas konnte sich den Satz auch ohne dessen Zutun zu Ende reimen. „Okay, dann gehe ich.“, sagte er entschieden, doch insgeheim hoffte er, Kai würde ihn am Arm festhalten und ihn nicht gehen lassen. Er war gerne mit ihm zusammen, denn nur mit ihm an seiner Seite erlebte er glückliche Momente, von denen es leider viel zu wenige gab. Doch leider hatte Kai große Angst vor seinem Outing. Seine Eltern waren sehr konservativ, was dies anbelangte und seine Kumpels waren Schwulenhasser. Normalerweise hätte Leonas gesagt, wenn sein Freund nicht zu ihm stand, dann würde er ihn nicht richtig lieben, aber dank seiner Statur war er zufrieden mit dem was er bekam und mit Kai hatte er das Beste von Allem – wenn auch mit Einschränkungen. „Ruf mich an, wenn du Zuhause bist, ja?“, bat Leonas ihn, bevor er zur Tür ging. „Mach ich. Wir sehen uns.“, entgegnete Kai und lächelte leicht, bevor Leonas die Krankenstation verließ und die Tür zwischen sich und Kai wieder zuzog.
Damian – Teil 7 „Mhm, der war lecker!“, schmachtete Timo vor sich hin, als er seine Erdbeerschnitte zu Ende gegessen hatte. Er schielte zu seinem Bruder Marcus rüber, der sein Stück ebenfalls bereits verzehrt hatte und dann zu Damian, der nach dem anfänglichen Schock, dass sein ehemaliger One-Night-Stand der Bruder seines Freundes war, der Appetit vergangen war. „Also wenn du deine Himbeerschnitte nicht bald aufisst, dann schnapp ich sie mir unter deiner Nase weg.“ „Nicht wenn ich schneller bin.“, grinste Marcus, dem das unerwartete Wiedersehen wohl weniger auszumachen schien, als Damian. Zwar musste er auch kurz schlucken, als sein Bruder ihm seinen Freund vorstellte, aber er schien sich schnell wieder zu fangen und schien zusammen mit Timo viel Spaß zu haben. Marcus streckte seinen Arm aus, in der Hand seine Kuchengabel, und wollte sich ein Stück Himbeerschnitte von Damians Teller stibitzen, als Damian seinen Teller schnell wegzog. Daraufhin setzte Marcus eine Schnute wie bei einem kleinen Kind auf. „Das ist MEINE Himbeerschnitte. Du bist wie dein Bruder. Ein totaler Nimmersatt.“, meinte Damian, der versuchte, etwas lockerer rüberzukommen. „Soll das ein Witz sein?“, fragte Timo breit lächelnd. „Marcus ist schlimmer. Als wir noch beide bei unseren Eltern gewohnt haben, da war der Kühlschrank dauernd leer – dank ihm!“ „Der Kühlschrank wäre nicht dauernd leer gewesen, wenn er doppelt so groß gewesen wäre.“, meinte Marcus daraufhin verteidigend. „Dafür hab ich wenigstens noch kein Katzenfutter zu mir genommen.“ „Katzenfutter?“, fragte Damian irritiert. „Katzenfutter.“, wiederholte Marcus und blickte dabei schmunzelnd zu seinem kleinen Bruder. „Timo hatte Hunger und ich sollte ihm was zubereiten, aber weil der Kühlschrank leer war, hab ich ihm Katzenfutter vorgesetzt. Er hat es für gewöhnliches Fleisch gehalten und restlos aufgegessen.“ Timo verzog keine Miene. „Hat aber sehr gut geschmeckt.“ Damian fing zu Lachen an. Er war von seinem Freund bereits einiges gewohnt, aber diese Geschichte hörte er das erste Mal und er war sehr gespannt darauf, was Marcus ihm noch alles über Timo erzählte. Nur blieb zu hoffen, dass Marcus nichts von ihrer gemeinsamen Nacht erzählte…
Nils – Teil 6 Nachdem sie ihr Eis gegessen hatten, quatschten die zwei Jungs noch eine ganze Weile miteinander. Sie sprachen so ziemlich über alle möglichen Themen wie Politik, Film, Musik, Kulturen und auch die Schule. Doch was Privates gab Valentin nur ungern von sich preis. So wusste Nils nach ihrem Treffen noch immer nicht, auf welche Schule er ging und er wusste auch nichts über seinen familiären Zustand. Wie waren seine Eltern? Hatte er Geschwister? Nils hingegen erzählte gerne von seiner Familie, vor allem aber über seinen großen Bruder Ralf, der quasi auch sein bester Kumpel war. „Ralf ist echt chillig. Er ärgert mich zwar oft, aber wir haben viel Spaß zusammen und er ist immer für mich da, wenn ich ihn brauch. Ich kann mit ihm über alles reden…, naja fast alles.“ „Von deiner Zuneigung zu Jungs weiß er noch nichts?“, harkte Valentin interessiert nach. Nils erschrak leicht, denn er hatte sich gegenüber Valentin noch nicht geoutet. War sein Verhalten ihm gegenüber so auffällig? „W-Wie hast du das erraten?“ Valentin kicherte. „Da hat wohl mein Gay-Radar zugeschlagen. Nein, in Wirklichkeit war es dein Blick, als wir uns das erste Mal begegnet sind, dass dich verraten hat. Du hast traurig und einsam ausgesehen, aber als du mich erblickt hast, da sah ich Hoffnung und Liebe in deinen Augen.“ Valentins Worte beschämten Nils und er wurde leicht rot im Gesicht. „Bist du mir deswegen böse?“ „Wieso sollte ich dir böse sein?“, erwiderte Valentin verwirrt. „N-Naja, dass ich mich offenbar in dich verguckt habe.“, erklärte Nils ihm unsicher. Valentin lächelte erneut, beugte sich leicht zu Nils vor und drückte ihm einen Kuss auf die rechte Wange. „Du bist süß, wenn du peinlich berührt bist, aber jetzt sollten wir uns trennen.“ „Trennen? Schade…, aber sehen wir uns denn mal wieder?“, fragte Nils leicht enttäuscht, obwohl der kleine Kuss auf seine Wange seine Glückshormone enorm in Wallung brachten. „Ich denke schon…, wenn du es willst.“, antwortete Valentin ihm lächelnd. „Ich will.“, sagte Nils. Dann riss er seine Augen auf und starrte zur Decke, während er im Bett lag.
Frohes neues Jahr! Das Ende von Part II von "O:Evo-1570" bedeutet zeitgleich, dass es hier endlich wieder weiter geht. Ich werde versuchen, alle zwei Tage hier was hochzuladen. Bevor wir aber starten, hier noch einmal eine kleine Zusammenfassung, was bislang geschah:
- Jannik ist Schüler und heimlich in seinen Referendar Herrn Kronthaler verknallt. Seine Mitschüler rätseln, ob er sogar eventuell homosexuell sein könnte. - Moritz wollte sich bei seinen Eltern outet, doch starben diese unvorhergesehen bei einem Autounfall, woraufhin er in ein Waisenhaus kommt. - Eric sitzt immer wieder bei einem Therapeuten. Der Grund bleibt lange unklar, doch erzählt er, dass durch seine Schuld viele Menschen zu Schaden kamen. - Manuela ist mit Roland verheiratet und hat zwei Kinder. Doch als sich Manuela bei ihrem Mann als lesbisch outet, fordert er die sofortige Scheidung. - Damian lässt bei Männern nichts anbrennen und vergnügt sich mit einem Jungen, der sich später als der Bruder seines festen Freundes herausstellt. - Nils fühlt sich allein, bis er einen Jungen kennenlernt, in den er sich Hals über Kopf verliebt: Valentin. Doch est stellt sich heraus: Nils träumt das alles nur! - Felix ist ein Waisenjunge, bis er von einer reichen Familie adoptiert wird, die er nicht kennt und die ihn nicht kennen. Doch warum? - Ricardo sucht im Internet nach heißen ONS. Bei Martin scheint er fündig geworden zu sein. Dieser scheint jedoch ein Geheimnis zu haben. - Leonas ist leicht übergewichtig und wird in der Schule gemobbt, insbesondere von Kai und seiner Gang. Doch insgeheim führen Leonas und Kai eine Beziehung! - Flo ist eine selbstbewusste junge Frau, doch das war nicht immer so, denn sie wurde als Junge geboren.
So und jetzt geht es weiter mit "Queer durchs Leben". Heute mit nur einem Kapitel, aber beim nächsten Mal dann wieder immer mit zwei Kapitel.
Moritz – Teil 8 Jacob klärte Moritz über sein unerlaubtes Eindringen in sein Zimmer auf und Moritz sah ein, dass es sich hierbei um ein Missverständnis handelte. „Der Junge, mit dem du mich verwechselt hast, muss derjenige sein, den ich gestern Abend in der Eingangshalle angetroffen habe.“ „Sein Name ist Felix. Dann wurde er also adoptiert?“, schlussfolgerte Moritz. „Scheint so.“ „Seltsam. Davon hat er mir kein Wort gesagt. Er muss von der Adoption doch bereits Tage im Voraus gewusst haben.“, meinte Jacob, der sich keinen Reim auf das Ganze machen konnte. „Keine Ahnung, aber würdest du jetzt bitte gehen…“, sagte Moritz müde und leicht betrübt. „Ich will nicht unhöflich sein, aber ich hab morgen einen anstrengenden Tag vor mir. Meine Eltern werden beerdigt und ich treffe auf unzählige Leute, die mir ihr Beileid aussprechen wollen, dass sie sich aber sonst wohin stecken können, weil meine Eltern davon auch nicht wieder lebendig werden.“ „Oh, das tut mir wirklich sehr Leid für dich.“, erwiderte Jacob mitfühlend. „Felix hat seine Eltern auch verloren. Er erzählte mir, dass seine Mutter bereits bei seiner Geburt verstarb und das sein Vater…“ „Jaja, dass interessiert mich ni cht die Bohne!“, entgegnete Moritz nun etwas lauter. „Würdest du jetzt bitte gehen. Ich will allein sein.“ Jacob stand vor dem Fenster und blickte mitfühlend auf Moritz hinab, der traurig auf seinem Bett saß. Der Kleine tat ihm Leid und es war für ihn schwer vorstellbar, wie es sein musste, wenn seine Eltern plötzlich nicht mehr da waren. „Okay, ich geh dann mal. Hoffentlich komme ich ungesehen an dem Wachhund von einem strengen Betreuer vorbei, der hier nachts immer patrouilliert.“ „Wachhund?“ Moritz sah auf und es traf ihn wie ein Blitzschlag. „Scheiße, verdammt! Ich hab Max völlig vergessen!“
Flo – Teil 4 „Guten Tag. Ich würde mich gerne auf die freie Stelle bei Ihnen bewerben.“, sagte Flo, als sie mit der Chefin eines Schmuckgeschäfts telefonierte. „Genau, für den Teilzeitjob. Ich studiere noch und möchte mir nebenbei etwas Geld dazu verdienen, wenn möglich.“ Die Chefin des Schmuckladens fragte Flo nach einer Bewerbungsmappe und wann sie für ein Vorstellungsgespräch vorbei kommen könnte. „Eine Bewerbungsmappe habe ich. Heute noch? Ja gerne, dann komme ich um 15:30 Uhr bei Ihnen vorbei. Geht in Ordnung. Vielen Dank! Bis später!“ Flo legte ihr Handy weg und lächelte glücklich. Bisher hatte sie bei ihrer Jobsuche nur wenig Erfolg, doch nun schien das Glück auf ihrer Seite zu sein. „Na, wie lief das Telefonat?“, fragte Sebastian, der seinen Kopf durch den Türspalt in Flos Zimmer zwängte. „Haben Sie dich genommen?“ „Das wird sich später bei dem Vorstellungsgespräch erst noch herauskristallisieren, aber ich bin guter Dinge.“, antwortete Flo ihm hoffnungsvoll. „Okay… und wissen sie auch von dir Bescheid?“ Sebastian trat nun ganz in Flos Zimmer und blickte sie etwas unsicher an. Flo verzog die Miene, als würde sie nicht wissen, worauf Sebastian hinaus wollte. „Naja…, über dich…, dass du mal ein Mann warst…“ „Das spielt überhaupt keine Rolle.“, sagte Flo kurzerhand. „Ich bin eine Frau und es wird Zeit, dass die Leute das auch begreifen. Ich hab genug davon, mich immer rechtfertigen zu müssen.“
Damian – Teil 8 Nach der anfänglichen Anspannung, die von Damians Freund Timo zum Glück unbemerkt blieb, war es doch noch ein ganz entspannter Nachmittag. Durch Marcus kamen ganz neue Seiten an Timo zum Vorschein, die er bislang noch gar nicht von ihm kannte. Knapp ein Jahr waren sie jetzt schon zusammen und doch erschien es Damian manchmal so, als würden Timo und er sich gar nicht richtig kennen. Woran das lag, konnte Damian gar nicht so genau sagen. Doch eine Sache wusste er ganz genau: Er liebte Timo und seine Angst ihn zu verlieren, wuchs mit jedem Tag aufs Neue. „Boah, ich muss mal. Bin gleich zurück.“, meinte Timo so gegen fünf Uhr nachmittags. „Hey Damian, zeig meinem Bruder doch derweil mal unsere Wohnung…, aber nicht das Schlafzimmer, nicht dass ihr noch auf dumme Gedanken kommt.“ „Hahaha…“ Damian setzte ein künstliches Lachen auf, während Marcus das Schmunzeln anfing. Hoffentlich verplapperte er sich nicht, dachte sich Damian. Wenn Timo erfuhr, dass sein Freund mit seinem Bruder im Bett war, könnte das ihre Beziehung nur unnötig verkomplizieren. „Was ist? Bist du auf deinem Stuhl festgewachsen?“, fragte Marcus mich. Timo war bereits zur Toilette verschwunden und wir standen auf und ich zeigte Marcus unsere Wohnung – auch unser Schlafzimmer, denn Marcus bestand darauf und Timos Aussage von vorhin, war ohnehin nicht ernst gemeint. „Soso…, hier treibt ihr es also* jede Nacht.“, meinte Marcus breit lächelnd. „Nicht jede Nacht…“, kommentierte Damian in seinen Gedanken verloren. „Hör auf so blöd zu grinsen und jetzt raus hier.“ Ich schloss die Schlafzimmertür wieder und folgte Marcus zurück in den Wohnbereich. Es war ein herrlicher Sommertag, weshalb Marcus nun auf den Balkon raustrat und ein wenig frische Luft einatmete. „Nanu…“ Marcus entdeckte meine Turnschuhe, deren Sohlen noch immer leicht verdreckt waren. „Daran war dieser geistesgestörte Radfahrer schuld.“, erklärte ich Marcus. „Hat mich beim Joggen fast zusammengefahren. Hab mein Gleichgewicht verloren und bin in Hundekacke getreten.“ „Tja…“, sagte Marcus, der erneut lächelte. Offenbar fand er alles amüsant. „Das Schicksal scheint uns zusammenführen zu wollen. Ich war nämlich dieser geistesgestörte Radfahrer. Tut mir Leid, aber ich war spät dran und Timo hat ja auf mich gewartet. Ich hab dich gar nicht erkannt, sonst wäre ich vermutlich an Ort und Stelle stehen geblieben.“ Damian konnte es nicht fassen. „Was soll der Scheiß?“, fragte er nun sauer. „Das mit uns war eine einmalige Sache. Ein One-Night-Stand. Ich wünschte, ich hätte dich vorher nie kennengelernt!“ „Wie bitte? Ihr kanntet euch bereits vorher schon?“ Timo gesellte sich zu den Zweien auf den Balkon dazu. Damians Herz pochte wie wild. Wie viel hatte Timo von ihrer Unterhaltung mitangehört?
Manuela – Teil 7 Manuela war es immer wichtig, dass die Menschen ehrlich zu ihr waren und das beruhte auch auf Gegenseitigkeit. Ihrem Mann hatte sie deshalb schnell reinen Wein eingeschenkt und ihn über ihre neue Umorientierung eingeweiht. Zumindest dann, als sie sich dessen auch hundert Prozent sicher war. Dasselbe wollte, nein musste sie nun auch bei ihren Kindern tun, was ihr aber extrem schwierig fiel. Sie hatte Angst. Angst, dass ihre Kinder es nicht verstanden, oder sie hinterher ablehnten und sie nicht mehr als ihre Mutter betrachteten. Doch sie noch länger anzulügen war ihr nicht möglich. „Bitte setzt euch. Ich hab euch etwas sehr Wichtiges mitzuteilen.“, sagte sie, als sie sich zusammen mit ihren Kindern an den Küchentisch setzte. „Was gibt es? Bitte beeil dich, ich wollte mit meinen Freundinnen noch ins Kino.“, meinte Marie, die sich für den Kinoabend bereits in Schale geworfen hatte und ganz ungeduldig zu sein schien. „Darf ich mit?“, fragte Florian seine Schwester hoffnungsvoll. „Das ist ein Mädelsabend. Jungs sind da unerwünscht.“, erklärte sie ihrem kleinen Bruder. „Zudem ist der Film den wir uns angucken erst ab zwölf freigegeben. Da darfst du noch nicht rein.“ „Oh Mann, ich hasse es zehn zu sein.“, sagte Florian, ballte seine Hände zu Fäusten und stützte sich mit ihnen den Kopf ab, indem er seine Ellenbogen auf dem Tisch ablegte. „Jetzt hört mir bitte zu. Was ich euch zu sagen habe, ist von enormer Wichtigkeit.“, sagte Manuela, die mit jeder Sekunde nervöser wurde und es möglichst schnell hinter sich bringen wollte. „Ist was mit Großmutter? Hat sie endlich den Stock aus ihrem Hintern bekommen?“, fragte Marie trocken, während ihr kleiner Bruder in schallendes Gelächter ausbrach. Manuela schüttelte irritiert, aber auch schmunzelnd den Kopf. Rolands Mutter hatte wirklich einen Stock im Hintern, aber das tat jetzt nichts zur Sache. „Nein. Ich muss euch etwas sagen, dass vor allem mich, aber euch und euren Vater betrifft. Vor allem aber betrifft es die Veränderungen in unserem Leben, die demnächst anstehen werden. Das mag jetzt für euch sehr überraschend kommen und vielleicht versteht ihr es auch noch nicht so ganz. Wenn ihr Fragen habt, dann fragt…“ „Mum, was ist los?“, fragte Marie ihre Mutter schließlich ungeniert. Manuelas Kloß im Hals wurde immer dicker, doch sie schluckte ihn herunter. „Ich liebe euren Vater nicht mehr. Ich stehe auf Frauen. Ich bin lesbisch!“
Fortsetzung folgt ... am Mittwoch, den 4.Januar 2023!
Leonas – Teil 5 Ein Tag nachdem Kai sich an der Nase verletzte, meldete er sich bei Leonas per WhatsApp-Nachricht bei ihm krank und das er heute nicht zur Schule kommen würde. Leonas war darüber natürlich sehr traurig und auch besorgt. Kai schrieb ihm zwar, dass er leichtes Fieber hätte und deshalb nicht zur Schule kam, aber so ganz glaubte Leonas ihm diese Aussage nicht. „Was? Kai ist krank? Woher weißt du das denn?“, fragte Sarah ihren Freund, als sie im Klassenzimmer ihre Plätze einnahmen. Leonas hatte ihr dummerweise erzählt, dass Kai krank ist, noch bevor es einer seiner Kumpels oder die Klassenlehrerin es ihnen sagen konnten. „Ehm… hab gerade zufällig draußen seine große Schwester gesehen, die mit ihrer Freundin darüber gesprochen hat.“, log Leonas, doch irgendetwas musste er ja seiner Freundin auftischen. „Pah, die Pappnase hat doch nur Muffensausen, dass ich ihm noch ein Bein stelle. Verdient hätte er es allemal.“, meinte Sarah kaltschnäuzig, was Leonas dann doch zu weit ging. „Hör sofort damit auf! Das ist gemein und mit so etwas bist du keinen Deut besser als seine Clique.“, sagte Leonas wütend. Er mochte es ganz und gar nicht, wenn Sarah ständig schlecht über Kai redete. „Dir ist echt nicht mehr zu helfen Leonas. Der Kerl beleidigt und verletzt dich pausenlos und du nimmst ihn auch noch in Schutz. Ich versuch dir zu helfen und du fällst mir einfach so in den Rücken. Na schönen Dank auch.“ Nach diesen Worten wandte sich Sarah enttäuscht und sauer von Leonas ab. Leonas tat es leid, dass er Sarah so verletzte, aber er befand sich in einer Zwickmühle. Eingesperrt in einem Kartenhaus, dass jeden Tag zu zusammenbrechen drohte.
Manuela – Teil 8 Manuela blickte besorgt zu ihren Kindern und wartete auf eine Reaktion, die nicht lange ausblieb. Maries Augen verengten sich. Verwirrung und Wut spiegelten sich in ihrem Gesicht. Verwirrung nicht darüber, was das bedeutete, sondern warum dies geschah und Wut, die sich zunehmend gegen ihre Mutter richtete. „Was ist mit Dad? Weiß er davon?“, fragte sie ihre Mutter in einem herablassenden Ton, als wäre sie ein Feind, der ihre Familie entzweien möchte. Manuela musste mit dieser Reaktion rechnen. Sie hatte gehofft, die Reaktion würde weniger hasserfüllt ausfallen, aber sie musste sich auch auf das Schlimmste einstellen. Doch das half alles nichts. Der hasserfüllte Blick, mit dem ihre Tochter sie nun ansah, verschlug ihr die Sprache. Manuela nickte auf die Frage ihrer Tochter hin. Plötzlich stand Marie auf und schrie: „Ich hasse euch! Ich hasse euch alle!“ Dann rannte Marie davon, die Treppe hoch zu ihrem Zimmer, von wo aus man nur noch ihre Tür zuknallen hören konnte. Manuela kniff die Augen zusammen. Sie wünschte sich, das wäre nur ein Traum und dies geschah gerade nicht wirklich, aber es war die Realität und Tränen stiegen ihr in die Augen, die sie aber zu verdrängen versuchte. Ihr Sohn Florian saß noch immer auf seinem Stuhl ihr gegenüber und in seinem Gesicht war nichts als Verwirrung und Angst auszumachen. Manuela war klar, dass er nicht verstand, was hier gerade vor sich ging. Er wurde mit dem Thema Homosexualität noch nie konfrontiert und hatte jetzt sicherlich einige Fragen. Zum Beispiel was „lesbisch sein“ bedeutet und wo es herkommt. Ob es ansteckend war, gar vererbbar. Manuelas Gedanken spielten verrückt, doch sie musste jetzt tapfer sein. Zumindest das war sie ihrem Sohn schuldig. „Alles okay, Florian? Bitte sag doch was, oder wenn du Fragen hast, dann frag bitte.“ „Ich habe nur eine Frage.“, sagte Florian, dessen Gesichtszüge keinerlei Emotionen zeigten, als ob es ihm egal wäre, dass seine Mutter lesbisch sei. Ob es daran lag, dass er nicht wusste, was dies bedeutete? Vielleicht wusste oder ahnte es aber auch und es war ihm egal. Manuela wartete auf die Frage ihres Sohnes, die er zugleich auch stellte: „Bist du trotzdem noch meine Mama?“ Mit dieser Frage hatte Manuela so gar nicht gerechnet und die Tränen schossen ihr nur so in die Augen, die kaum noch zu bändigen waren. Ihr fehlten die Worte und sie konnte auf die Frage ihres Sohnes hin nur noch nicken. Daraufhin sagte Florian: „Dann hab ich dich trotzdem noch lieb und ich werde dich immer lieb haben, egal was du bist.“ Florian stand von seinem Stuhl auf, ging ein paar Schritte zu seiner Mutter und streckte seine Arme nach ihr aus. Manuela nahm ihren Sohn nur allzu gerne in die Arme. Nun brachen alle Dämme bei ihr und Manuela fing zu weinen an. Doch die Liebe ihres Sohnes, war wie Balsam für ihr Herz und ihre Seele.
Ricardo – Teil 5 Ricardo stand verwirrt und unsicher im Schlafzimmer von Martin. Doch wahrscheinlich war dies gar nicht sein Schlafzimmer, denn außer einem Himmelbett, zwei Scheinwerfern und einer Kamera befand sich nichts in diesem Raum. „Äh… was ist das hier?“ Martin lächelte dezent und stellte sich an seine Kamera. „Mein Arbeitszimmer. Ich verdiene mein Geld mit Fotos machen. Bei einer richtigen Begabung kann das durchaus Geld einbringen und ich will ja nicht angeben, aber ich bin ziemlich begabt darin.“ „Sorry, aber irgendwie versteh ich das alles nicht. Was tun wir hier?“ „Na deswegen bist du doch zu mir gekommen oder nicht?“ Martin sah nun ebenso verwirrt aus, wie Ricardo seit dem Betreten dieses Zimmers. „Du wolltest dir ein bisschen Geld dazu verdienen, indem du mir Modell stehst.“ „Ich wollte was?!“ Ricardos Mund stand offen, so überrascht war er. Zudem fühlte er sich leicht hintergangen. In Martins Profil stand nichts von alledem hier…, oder doch? Ricardo versuchte sich daran zu erinnern, was alles in Martins Profil stand, bis er zu der dummen Erkenntnis kam, dass er es nur zur Hälfte gelesen hatte, weil dessen Profilbild ihn so dermaßen angetörnt hatte. Martin schien selber langsam zu begreifen, dass sich Ricardo von diesem Treffen hier etwas anderes erhofft hatte. „Oh hey sorry, wenn du was anderes erwartet hast. Du bist echt süß und so, aber mir doch ein bisschen zu jung für Sex. Ich wollte wirklich nur Fotos von dir machen…“ Nur Fotos von ihm machen. Ricardo wusste nicht, ob er lachen oder ausrasten sollte. Im Endeffekt konnte er Martin keinen Vorwurf machen. Er selber hatte sein Profil nicht genau durchgelesen und wenn Martin doch nicht auf Minderjährige stand, dann war das ein Zeichen dafür, dass er ein Kerl mit gesundem Menschenverstand und ohne pädophile Hintergedanken war. „Was wären das denn für Bilder?“, fragte Ricardo ihn nun nicht ganz uninteressiert. Wenn er jetzt schon hier war, dann wollte er wenigstens das Beste daraus machen und in diesem Fall war das Beste, Geld zu verdienen. „Naja, du ziehst dich aus und ich schieß ein paar Fotos von dir in sexy Posen.“, erklärte Martin ihm. „I-Ich wäre also na-nackt?“, harkte Ricardo nach und Martin nickte.
Flo – Teil 5 15:25 Uhr stand Flo vor dem Schmuckgeschäft, wo sie gleich ihr Vorstellungsgespräch hatte. Sie wäre schon eher dagewesen, wollte aber nicht wie eine verzweifelte Arbeitssuchende wirken. Um 15:30 Uhr wollte sie aber auch nicht erst hier sein, sonst hieß es wieder, sie sei überpünktlich. Sie wählte also den gesunden Mittelweg und wurde prompt dafür belohnt, als die Chefin des Schmuckgeschäfts sie an der Eingangstür freudig in Empfang nahm. „Folgen Sie mir doch bitte in mein Büro. Dort besprechen wir alles Weitere und ich werde mir Ihre Bewerbungsmappe ansehen.“ Flo folgte ihr gehorsam durch das Schmuckgeschäft, vorbei an einer Angestellten, die gerade mit einem Kunden über Eheringe sprach. „Sind Sie verheiratet?“, fragte die Chefin Flo, als sie sah, wie sie den Mann beobachtete. Flo verneinte dies daraufhin. „Einen Freund?“ „Nein, auch das nicht.“, antwortete Flo ihr und versuchte dabei möglichst locker zu wirken und sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie sich einen festen Freund wünschte, der sie so akzeptierte, wie sie ist. Sie kamen im Büro an, wo sich die Chefin auf den Bürostuhl ihres Schreibtisches saß. Sie bat Flo freundlich auf den freien Stuhl Platz zu nehmen. „Tut mir Leid, geht mich im Grunde genommen ja auch gar nichts an. Meine Neugier wissen Sie…“, meinte die Chefin, als Flo ihr ihre Bewerbungsmappe reichte und sie anschließend durchblätterte. Dabei ging sie sorgfältig vor und das ein oder andere Mal, stellte sie Flo ein paar Fragen. „Das sieht alles sehr gut aus, Frau Neumann.“, sagte sie nach einer Weile. „Unsere Kundschaft besteht zu zwei Drittel aus Frauen, die sich gerne Schmuck kaufen. Nur gelegentlich kommen Männer in unser Geschäft, die Eheringe oder Billigschmuck erwerben, um es ihrer Partnerin zu schenken. Doch selbst das ist immer seltener der Fall. Die Valentinstag-Woche aber ist unsere umsatzstärkste Woche. Was mir vor allem wichtig ist, sind Freundlichkeit gegenüber unseren Kunden, gepflegtes Aussehen und Pünktlichkeit, aber die letzteren zwei Punkte haben Sie mir ja bereits unter Beweis gestellt.“ „Bedeutet das ich hab eine Chance auf den Job?“, fragte Flo und hoffte, dass ihre Frage nicht zu frech war. Die Chefin lächelte, was Flo Hoffnung gab. „Ich sehe da keinerlei Probleme.“ Flo machte innerlich einen Freudensprung. „Mit dieser Bewerbungsmappe kann ich Sie ohnehin nicht woanders hinschicken. Hier hat sich nämlich ein kleiner Fehler eingeschlichen. Zuerst steht da Florian Neumann und kurz darauf Florentine Neumann.“ Flos Freude wich ihrer Unsicherheit. „Das ist kein Fehler. Florian war mein Name, bevor ich zu einer Frau umoperiert wurde. Das stellt für Sie doch hoffentlich kein Problem dar, oder?“ Das Lächeln aus dem Gesicht der Chefin verschwand mit einem Mal und ihre Gesichtszüge wurden steinhart. „Ich fürchte schon, dass das ein Problem darstellt. Tut mir wirklich sehr Leid, aber unter diesen Umständen kann ich Ihnen den Job auf keinen Fall geben!“ Die Chefin schob Flo ihre Bewerbungsmappe über den Tisch und deutete zur Tür. Flo war entsetzt.
Jannik – Teil 7 Jannik war noch fleißig am Rechnen, als der Pausengong ertönte und alle Schüler regelrecht aus dem Klassenzimmer stürmten, um ihren Kopf von den vielen Zahlen freizubekommen. Jannik war aber so ins Rechnen vertieft und kurz davor, die letzte schwierige Aufgabe zu bewältigen, dass er dies noch unbedingt zu Ende bringen wollte. „Sperren Sie bitte hinter sich die Tür ab.“, bat Herr Meier seinen Referendar. „Natürlich.“, antwortete dieser und ohne, dass Jannik es bemerkte, war er plötzlich alleine mit Herrn Kronthaler. Kurz darauf hörte er es zweimal klatschen. „Jetzt aber hopp Jannik. Du kannst Zuhause weiter rechnen. Geh in die Pause, denn für Physik brauchst du einen klaren Kopf.“ Jannik schien verwirrt zu sein. Er sah sich im Klassenzimmer um und bemerkte endlich, dass er mit Herrn Kronthaler ganz alleine war. Dieser war bis zu ihm an den Tisch gekommen und verschränkte seine Arme vor seiner Brust. Janniks Augen blieben bei ihm haften und er musste schlucken. „Was ist? Hab ich was im Gesicht, weil du mich so anstarrst?“, fragte Herr Kronthaler ihn. Jannik versuchte die aufsteigende Wärme in seinem Körper zu unterdrücken, damit sein Kopf nicht rot anlief und griff zu dem erstbesten Gegenmittel, das ihm einfiel. Er versuchte lustig zu sein. „Ja, sie haben da tatsächlich was im Gesicht… ihre Nase.“ Mit mäßigem Erfolg! Jannik war nicht der Typ für lustige Scherze und auch wenn Herr Kronthaler durchaus schmunzeln musste, war Jannik diese Aussage mehr als peinlich. Er stand auf und rannte aus dem Klassenzimmer. Herr Kronthaler blickte ihm nach, lächelte leicht und schüttelte den Kopf.
Eric – Teil 7 Die Praxis von Dr. Böhmer erstrahlte im neuen Licht, als Eric die Woche drauf zurückkehrte. Durch das Sonnengelb an den Wänden wirkte die Praxis nicht mehr so düster und trübselig, sondern einladend und aufmunternd. Eric konnte sich sogar vorstellen, dass dies ein Ort wurde, zu dem man gerne zurückkehren würde. Eric setzte sich gegenüber von Dr. Böhmer, der mit Notizblock und Stift bereits parat saß und auf die Fortführung von Erics Lebensgeschichte wartete. Seit seiner Panikattacke, hatten sie nicht mehr darüber gesprochen. Doch inzwischen war mehr als eine Woche vergangen und Eric hat neue Kraft tanken können, um sich dem zu stellen, was ihm auf der Seele lastete. „Es war in der fünften Klasse. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen, dabei ist es jetzt schon fünf Jahre her. Es war Schulanfang und ich kannte niemanden. Als einer der Letzten, die das Klassenzimmer betraten, musste ich mir einer der wenigen freien Plätze im Raum aussuchen. Den Platz neben einem Mädchen wollte ich nicht, weil ich cool wirken wollte. In diesem Alter wollte man mit Mädchen noch nicht so viel am Hut haben…, naja wollte ich später immer noch nicht, aber das wusste ich zu jenem Zeitpunkt ja noch nicht. Jedenfalls war da noch ein freier Platz neben einem Jungen, in der hintersten Reihe. Er wirkte unscheinbar und irgendwie lustlos, aber meine Auswahl war nun einmal sehr beschränkt, also fragte ich ihn, ob ich mich neben ihn setzen dürfte. Er antwortete mit Ja und ich stellte mich bei ihm vor. Der Junge schüttelte mir zwar nett die Hand, aber schien sonst etwas wortkarg zu sein. Erst auf meine Frage hin, stellte er sich bei mir vor. So lernte ich Adam kennen. Es war nicht leicht, mit ihm Freundschaft zu schließen, aber irgendwie wurden wir es und drei Jahre später, fing mein Herz zu brennen an, wenn ich ihn sah.
Ricardo – Teil 6 Die Chance an schnelles Geld zu kommen, hatte für Ricardo einen gewissen Reiz. Doch ganz dumm war er auch nicht, dass er blindlings in eine Falle tappte, weshalb er Martin vorher noch ein paar Fragen stellte: „Was geschieht mit den Fotos, die du machst?“ „Ich stell sie auf meine Website online. Keine Sorge, ist Passwortgeschützt. Nur registrierte Mitglieder haben Zugang zu den Bildern und jedes Mitglied, das angemeldet ist, zahlt einen monatlichen Beitrag von zwölf Euro, oder aber jährlich 120 Euro. Aktuell hab ich bis zu 7000 Abonnenten, dass macht in der Summe etwa 840.000 Euro im Jahr – plus-minus.“ „Wow…., das ist ja eine ganze Menge Kohle.“, sagte Ricardo erstaunt. „Jein, von dem Geld geht noch einiges an Kosten für meine Website drauf und Steuern muss ich natürlich auch zahlen.“, erklärte Ricardo ihm noch etwas genauer, bevor Ricardo ein falsches Bild bekam. „Nicht zu vergessen, bekommen die Fotomodelle natürlich auch ihren Anteil. Je nach Anzahl der Fotos und der Beliebtheit erhält ein Fotomodell so zwischen 500 und 3000 Euro im Monat.“ „Oha…, davon könnte ich mir endlich eine eigene Wohnung leisten.“, sagte Ricardo erstaunt. Martin starrte ihn von oben bis unten an. „Bedeutet, du bist daran interessiert?“ „Wenn ich es wäre, wie viel müsste ich von meinem Körper preisgeben?“, fragte Ricardo noch. „So viel wie du möchtest. Das liegt ganz allein in deiner Macht. Ich zwinge meine Jungs zu nichts.“, antwortete Martin ihm, was ihn in dessen Augen nur noch sympathischer machte. „Dann tu ich es.“, sagte Ricardo sofort, ohne noch länger darüber nachzudenken. Martin schien das sichtlich zu freuen und deutete Ricardo zu einem Raumteiler, hinter dem er sich in Ruhe ausziehen konnte. „Warum so umständlich? Ich zieh mich ja nicht um, sondern aus.“, meinte Ricardo, der sich nun das Shirt über den Kopf streifte und es auf den Boden fallen ließ. „Ich dachte nur, dass du vielleicht noch einen kurzen Moment für dich allein haben möchtest.“, meinte Martin, dessen Augen aber nun auf Ricardos Oberkörper haften blieben. „Ist doch nur Zeitverschwendung.“, sagte Ricardo ungeniert, zog sich die Socken aus und riss sich anschließend die Hose herunter, bis er nur noch in Boxershorts im Raum stand.
Felix – Teil 6 Felix folgte Frau Brecheisen zur gewundenen Treppe, die in den ersten Stock hinaufführte. Je höher sie kamen, desto lauter wurde der Lärmpegel, die allem Anschein nach aus einer Stereoanlage kam. Frau Brecheisens Sohn hatte offenbar eine Vorliebe für Rockmusik und das auch noch am liebsten in voller Lautstärke. Dies verwunderte Felix nun doch ein wenig, hatte er in diesem edlen Gemäuer doch eher mit Klassikmusik gerechnet. Entweder war ihr Sohn also ebenfalls adoptiert, oder aber ein richtiger Rebell. Wie auch immer, freute er sich schon fast, ihn kennenzulernen. „Lucas, mach die Tür auf, oder ich komme ohne deine Erlaubnis rein!“, rief Frau Brecheisen ihrem Sohn im Gang durch die Tür hindurch zu. Felix bezweifelte stark, dass er ihre Aufforderung bei der Lautstärke seiner Boxen überhaupt vernahm, aber Frau Brecheisen schien ohnehin nicht viel daran gelegen zu haben, abzuwarten. Ohne auch nur die Spur von Geduld, öffnete sie die Tür und trat in das Innere des Zimmers. Felix glaubte, sein Trommelfell würde gleich platzen, so extrem laut war die Musik inzwischen. Doch die Musik kannte er: Guns N' Roses! Immerhin – dieser Lucas scheint Geschmack zu haben. Felix sah sich ein wenig in dem Zimmer von Lucas um, dass bestimmt zehnmal so groß wie sein altes Zimmer im Kinderheim war, wenn nicht sogar noch größer. Genau wie das Wohnzimmer war es sehr klassisch eingerichtet, aber Lucas scheint das auf Dauer doch zu langweilig geworden zu sein. Die Wände waren mit Postern von Rockbands zugeklebt, an der Couch lehnte eine Gitarre und statt einer hübschen Palme, stand vor dem Fenster ein stacheliger Kaktus. Lucas lag rücklings auf seiner blutroten Couch. Seine Augen waren geschlossen und er tanzte im Liegen zu der Musik. Frau Brecheisen schritt durch sein Zimmer zur Stereoanlage. Doch statt sie einfach auszuschalten, zog sie ihm den Stecker. Dies führte zur ersten Reaktion seitens Lucas, der nun seine Augen aufschlug und sich empört aufrichtete. Erstmals konnte Felix einen genaueren Blick auf Lucas werfen und er sah fast haargenau so aus, wie auf dem Porträt, das im Wohnzimmer hing. Er schien etwas älter zu sein, als von Felix zunächst angenommen. Sein Haar war inzwischen länger und sah wild und ungepflegt aus. Er trug ein weißes einfaches Shirt und eine schwarze Hose mit Löchern in Kniehöhe. Und das sollte wirklich der Sohn von Frau Brecheisen sein? „Mein Sohn, darf ich dir deinen neuen Bruder vorstellen. Lucas das ist Felix. Felix das ist Lucas.“ Frau Brecheisen schritt steif wie ein Besenstiel zur Tür zurück und an Felix vorbei. „Ach und bevor ich es vergesse: Ihr Zwei werdet euch ein Zimmer teilen müssen, aber ihr werdet euch sicherlich gut vertragen. Viel Spaß euch Zweien. Solltet ihr euch die Köpfe einschlagen wollen, dann räumt vorher bitte den Teppich zur Seite, damit er keine Bluttropfen abbekommt. Vielen Dank auch!“ Frau Brecheisen schlug die Tür hinter sich zu und Felix war mit Lucas alleine, der ihn abschätzig musterte.
Fortsetzung folgt ... am Freitag, den 6.Januar 2023!
Felix – Teil 7 „Meine Mum hat den Scheiß also wirklich durchgezogen.“, waren Lucas erste Worte, die er an Felix richtete. Dabei wirkte er gegenüber Felix fast schon freundlich, wohingegen er über seine Mutter kein gutes Haar ausließ. „Dir ist hoffentlich klar, dass die alte Trulle völlig geistesverrückt ist.“ Felix stutzte. Was sollte er sagen. Er versuchte es mit der Wahrheit. „Ist mir aufgefallen.“ „Gute Antwort. Dann scheinst du immerhin schon einmal nicht auf den Kopf gefallen zu sein.“, meinte Lucas, während er seine Stereoanlage wieder in Betrieb nahm, den Lautstärkeregler aber soweit herunterdrehte, dass er sich noch mit Felix unterhalten konnte. „Du kommst aus einem Waisenhaus richtig?“ „Genaugenommen heißt das heutzutage Kinderheim, aber richtig ja.“, antwortete Felix ihm. „Mir doch egal. Du wirst schon bald feststellen, dass du nicht von der Hölle ins Paradies gerutscht bist, sondern nur von einer Hölle zur nächsten. Dieser Palast hier ist ein beschissenes Gefängnis.“ Felix sah sich in Lucas Zimmer noch einmal etwas genauer um und dann warf er einen Blick aus dem Fenster, von wo aus er einen riesigen Garten erspähen konnte. „Nach einem Gefängnis sieht es mir hier nicht gerade aus. Eher nach Fort Knox oder dem Buckingham Palace.“ „Wie auch immer. Magst du Videospiele?“, fragte Lucas ihn. „Ja klaaar.“, antwortete Felix überrascht. „Sehr gut. Endlich jemand, den ich bei den Autorennen richtig abzocken kann.“, meinte Lucas und schmiss seine Xbox an. „Was ist? Wartest du auf eine Extra-Einladung? Pflanz dich nieder und steh hier nicht so steif rum. Das macht mich nervös und geht mir auf den Senkel.“
Flo – Teil 6 Flo kämpfte mit ihrer Beherrschung, als ihre Bewerbung aufgrund ihrer Geschlechtsumwandlung abgewiesen wurde. Erst als sie den Schmuckladen verlassen hatte, ließ sie ihren Frust und ihrer Wut freien Lauf. Zuerst ein Schrei, dann ein Tritt gegen eine auf dem Boden herumliegende Dose, die im hohen Bogen auf die Straße flog. Just in diesem Augenblick fuhr ein Auto vorbei und die Dose landete auf der Windschutzscheibe. Mit einem Mal war Flos Zorn verflogen und sie schämte sich für ihren kleinen emotionalen Ausbruch. Zu allem Übel blieb das Auto auch noch am Straßenrand stehen und ein Mann im schwarzen Anzug und Krawatte stieg aus. „Na so geht das aber nicht Fräulein. Sie können ihren Abfall doch nicht einfach auf die Straßen kicken. Was, wenn sie einen Fußgänger getroffen hätten, oder noch schlimmer – einen Kratzer in mein Auto verursacht hätten.“, sagte der Mann, nachdem er die Windschutzscheibe seines Autos auf Kratzspuren untersucht hatte. „Es tut mir wirklich leid.“, entschuldigte sich Flo bei dem Mann, auch wenn ihr Zorn noch nicht ganz verflogen war und sie den Mann seltsam fand, dem ein Auto wichtiger zu sein schien, als ein Mensch. In was für einer verkorksten Welt lebte Flo hier eigentlich? „Glauben Sie etwa, mit einer Entschuldigung sei es getan?“, fragte der Mann, der nun auf den Bordstein kam und Flo auf die Pelle rückte. „Scheiß auf die Umweltverschmutzung, aber was Sie da machen nennt man Vandalismus. Am liebsten würde ich Anzeige gegen Sie erstatten…“ Flo war sprachlos. Die Reaktion des Mannes war total übertrieben und sie hatte sich schließlich bereits bei ihm entschuldigt. Doch Rettung nahte: „Sorry!“ Ein junger Mann kam herbei gerannt. Er schien leicht außer Atem zu sein. Flo kannte ihn nicht und fragte sich, wer das denn jetzt sei. „Das ist meine Dose. Ich hab sie auf den Boden geworfen. Es ist also ganz allein meine Schuld.“ „Sie junger Mann, jetzt sag ich ihnen aber mal was…“ Der arrogante Fatzke aus dem Auto wandte sich von Flo ab und schien sie völlig vergessen zu haben, als er dem jungen Mann eine Predigt vorhielt. Nach einer gefühlten Ewigkeit verschwand der Autofahrer aber, ohne Flo auch nur eines Blickes zu würdigen. Flo und der junge Mann blickten ihm verdutzt hinterher. „D-Danke…“, sagte Flo schließlich zu dem jungen Mann, der ihr aus dem Schlamassel half. „So einer schönen Frau, eil ich doch gerne zu Hilfe.“, erwiderte der junge Mann lächelnd.
Moritz – Teil 9 Mit langsamen und leisen Schritten folgte Moritz den Sargträgern, in denen sich seine Eltern befanden. Es war ein schwieriger Gang und Moritz glaubte, jeden Augenblick zusammenbrechen zu müssen, doch er blieb standhaft. Von wo er die Kraft nahm, wusste er selber nicht so genau. Sie war einfach da. An den Gräbern angekommen, wurden die beiden Särge langsam und behutsam in die dafür vorgesehenen Löcher hinunter gelassen. Traurig schaute Moritz dabei zu. Er weinte nicht. Seine Augen waren ganz trocken, aber dafür fühlte sich sein Herz eiskalt und schwer an. In den Augenwinkeln konnte Moritz seine Großtante Doris erspähen, die gerade Rotz und Wasser heulte. Moritz hatte sie bereits am Kircheneingang getroffen, wo sie ihn erstmals in ihre Arme zog, ihm ihr Beileid aussprach und ihm erklärte, dass sie sich mit dafür verantwortlich fühlte, dass seine Eltern bei dem tragischen Unfall ums Leben kamen. Moritz gab ihr aber keinerlei Schuld. Warum auch? Sie konnte nichts dafür, dass es an jenem Abend so stark gewitterte und ihr Keller unter Wasser stand. Es war das verfickte Leben, dachte sich Moritz. „Und so nehmen wir Abschied, von zwei liebevollen Menschen, die leider viel zu früh von uns gegangen sind und ihren einzigen Sohn Moritz in tiefer Trauer zurückgelassen haben.“, hörte Moritz den Pfarrer sagen, doch als Moritz` Name fiel, fühlte er sich in seiner Haut unwohl, als ob alle Augen der heute hier Erschienen auf ihn gerichtet waren und ihn seelisch auszogen. „Doch werden sie für immer in seinem Herzen verweilen und auch in den Herzen aller anderer, die sie so sehr wertschätzten und liebten. Sie werden für immer unvergesslich bleiben!“ Die Beerdigung ging ihrem Ende entgegen und Moritz war das nur allzu Recht. Er wollte einfach nur noch weg hier. Weg vom Friedhof, weg von all den Leuten und weg von den Särgen, in denen seine toten Eltern zu Grabe getragen wurden. Frau Hoffman, Moritz` Betreuerin von der Trauerbewältigung, stand hinter ihm und fragte: „Möchtest du noch einen Moment alleine sein?“ Moritz antwortete nicht und nickte nur. „Ich warte dann am Auto auf dich.“ Frau Hoffman und auch alle anderen trauernden Gäste verabschiedeten sich leise und gingen einer nach dem anderen. Moritz blickte seiner Großtante hinterher, die er vermutlich nicht so schnell wieder sehen sollte. Als er endlich das Gefühl hatte, allein und unbeobachtet zu sein, schlich sich Moritz leise davon. Er drehte sich nicht mehr zu seinen Eltern um und verließ den Friedhof an einem anderen Ausgang, wo er bereits erwartet wurde. „War es sehr schlimm?“, fragte Jacob ihn. „Nein. Es war schlimmer!“, antwortete Moritz ihm von Trauer erfüllt. „Du bist mit dem Auto da?“ Jacob nickte. „Gut. Dann bring mich bitte nach Hause!“
Jannik – Teil 8 „Er ist nicht schwul.“ „Ist er doch.“ „Nein, ist er nicht!“ „Ist er doooch…“ Die Schule war zu Ende und beim Verlassen des Schulgebäudes hörte Jannik, wie sich eine Klassenkameradin sich mit einem Klassenkameraden stritt, ob Herr Kronthaler nun auf Männer stand oder nicht. Auch Jannik interessierte dies inzwischen brennend, obwohl er sich bei bestem Willen nicht vorstellen konnte, dass ein gutaussehender Mann wie Herr Kronthaler nicht auf Frauen stand. „Er hat es nicht verneint.“, argumentierte Janniks Klassenkamerad. „Er hat es auch nicht zugegeben.“, meinte die Klassenkameradin daraufhin. Moritz wusste nicht, was richtig und was falsch war. Herr Kronthaler war seinen Schülern zwar keine Rechenschaft schuldig, aber das er sich so gar nicht zu dem Thema äußerte, war doch höchst verdächtig. Moritz enthielt sich aber seiner Meinung und verabschiedete sich von seinen beiden Klassenkameraden. Beim Verlassen des Schulgeländes, konnte Jannik sehen, wie auch Herr Kronthaler aus der Schule rauskam, auf dem Rücken ein Rucksack voller Schulunterlagen. Er ging zu den Fahrradständern, wo sein Fahrrad untergebracht war. Jannik wandte sich von ihm ab und zwang sich an was anderes zu denken, aber Herrn Kronthalers Gesicht tauchte immer wieder vor seinem geistigen Auge auf. Und dann geschah es auch schon. Jannik überquerte gerade eine Straße und obwohl seine Ampel grün leuchtete, kam ein Auto angerast, dass nicht den Anschein erweckte, als würde der Fahrer bremsen. Jannik hörte das Heulen des Motors und das Quietschen der Autoreifen. Starr vor Schreck blieb er mitten auf der Straße stehen, während das Auto unaufhaltsam näher kam. Hundert Meter, fünfzig Meter, zwanzig Meter. Jannik blieb vor Schreck das Herz stehen, als ihn gerade noch rechtzeitig etwas zur Seite riss. Dann schepperte es laut. Jannik flog mit dem Gesicht nach unten auf den Bordstein, doch ein Arm und eine Hand schützten sein Gesicht vor schwerwiegenden Verletzungen. In den Augenwinkeln konnte Jannik sehen, wie ein Fahrrad im hohen Bogen über die Straße flog, während das Auto davonraste.
Nils – Teil 7 Heute war ein schrecklicher Tag gewesen. Die Schule war ätzend, seine Mitschüler noch ätzender und das Leben war sowieso nur noch ätzend. Nils war gerade auf dem Nachhauseweg, als er von einem schrecklichen Unfall erfuhr, der sich vor der Schule ereignet hatte. Bei Facebook ging dieser Bericht herum wie ein Lauffeuer und natürlich musste jeder seinen Senf dazugeben. So konnte man in den einen oder anderen Kommentaren lesen, dass es dabei mindestens einen Toten gegeben haben soll und dass ein Lehrer und ein Schüler in den Unfall verwickelt waren. Wer diese Zwei waren, wusste keiner, aber natürlich riet jeder einfach mal ins Blaue hinein. „Vielleicht dieser Nils. Der ist doch sowieso schon mehr ein Zombie als lebendig.“, meinte eine Schülerin. Nils konnte es nicht fassen und hinterließ ebenfalls eine Nachricht. „Anstatt so einen Bullshit zu labern, solltest du erst einmal selber in den Spiegel gucken, du aufgedunsene Tussi!“ Nils taten seine harten Worte hinterher nicht Leid. Er hatte es satt, immer so herabschätzend behandelt zu werden und wie sein Bruder ihn schon einmal darauf hinwies, musste er lernen, sich endlich mal selber zur Wehr zu setzen. Auch Nils Mutter hatte von dem Unfall gehört und war heilfroh, als ihr Sohn unbeschadet nach Hause kam. Sie drückte ihn ganz fest in ihre Arme, ehe er sich ihrer entzog und in sein Zimmer verschwand. Dort legte er sich direkt ins Bett und schloss seine Augen. Er war müde von all den Strapazen und schlief bald ein. Doch in seinen Träumen lebte er weiter, er traf seinen Traumboy und seine Stimmung verbesserte sich erheblich. „Hallo Valentin, da bin ich wieder!“
Jannik – Teil 9 Jannik saß auf dem Bordstein und blickte über die Straße, auf der er beinahe von einem unbekannten Raser überfahren wurde. Der rücksichtslose Autofahrer beging Fahrerflucht, doch die Polizei begab sich auf dessen Fersen – bisher leider ohne Ergebnis. Jannik war noch immer starr vor Angst. Er sah sein Leben an sich vorbeiziehen, als das Auto auf ihn zugerast kam. Er glaubte, sein Herz würde zu schlagen aufhören, doch in letzter Sekunde wurde er zur Seite gerissen und gerettet. Seine Rettung hatte er Herrn Kronthaler zu verdanken, der das schnell herannahende Auto sofort bemerkte, mit seinem Fahrrad auf die Straße fuhr, runter sprang und Jannik zur Seite riss. Jannik kam mit ein paar leichten Schrammen davon, was er nur Herrn Kronthaler zu verdanken hatte, der blitzschnell schaltete und sein Leben rettete. Herr Kronthaler schützte Jannik mit seinen Armen, die er sich jedoch selber blutig aufriss. Auch seine Knie und seine Stirn bluteten, doch der Arzt meinte, dass das wieder in Ordnung käme und beide Glück gehabt hätten. Lediglich Herr Kronthalers Fahrrad fiel dem Unfall zum Opfer. Es war irreparabel beschädigt. „Ich werde Ihnen ein neues Fahrrad kaufen, versprochen.“, sagte Jannik zu Herr Kronthaler, als dieser sich nach seiner ärztlichen Untersuchung neben ihn auf den Bordstein setzte, während die Polizisten Augenzeugen vernahmen und die Straße nach Spuren absuchten, die vielleicht Hinweise auf den unbekannten Fahrer gaben. „Sei nicht albern. Das ist doch nicht deine Schuld.“, sagte Herr Kronthaler. Jannik blickte ihn besorgt an. Seine Hose war zerrissen, seine Beine einbandagiert und auf seiner Stirn klebte ein fettes Pflaster. „Du siehst scheiße aus.“, meinte Herr Kronthaler zu Jannik, der kreidebleich im Gesicht war. „Danke…, dieses Kompliment kann ich nur zurückgeben.“, entgegnete Jannik leicht schmunzelnd und zugleich bekam er wieder etwas Farbe im Gesicht. Herr Kronthaler blickte an sich herunter und lachte. „Oh ja, in der Tat sah ich schon einmal deutlich besser aus, aber das Wichtigste ist doch, dass es uns Beiden gut geht und dir nichts zugestoßen ist.“ „D-Danke.“, sagte Jannik, der leicht beschämt zu Boden blickte. „Wofür? Jeder an meiner Stelle hätte genauso gehandelt…, naja fast jeder.“, fügte Herr Kronthaler hinzu. Jannik war zwar nicht dieser Ansicht, widersprach aber nicht. „Du bist noch jung und hast dein Leben noch vor dir – Studium, Ausbildung, die erste große Liebe, eine Familie gründen…“ Jannik lächelte dezent und blickte Herr Kronthaler in die Augen. „Sie sind ja lustig. Sie sind doch selber noch nicht so alt.“ Herr Kronthaler wippte mit dem Kopf hin und her, sagte dazu aber kein Wort mehr. Kurz darauf fuhr ein Auto vor. „Da kommt meine Mum.“, sagte Jannik und er stand auf. Herr Kronthaler stand ebenfalls auf und brachte Jannik wohlbehalten zu seiner besorgten Mutter.
Damian – Teil 9 Es war später Abend und Damian lag zusammen mit seinem Freund Timo auf der Couch und schaute Fern. Es lief gerade eine Gameshow, doch Damian war mit seinen Gedanken bei Marcus. Er wusste, dass der Sex mit ihm eine einmalige Sache war, vor allem weil er Timos Bruder war. Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn Timo das herausfände. Andererseits musste Damian sich eingestehen, dass er Marcus äußerst anziehend fand. Sein ganzes Auftreten war einfach nur Hammer und nett wirkte er zudem auch noch. „Ich hoffe du magst meinen Bruder jetzt nicht weniger, weil er daran Schuld trägt, dass du in Hundekacke reingetreten bist.“, sagte Timo auf einmal zu Damian. „W-Was? Ne-Nein, überhaupt nicht.“, brachte Damian leicht nervös aus sich heraus. Er hatte Glück gehabt, dass Timo nicht alles von seiner Unterhaltung mit Marcus mitbekam. Das einzige was er noch gehört hatte, als er von der Toilette zurückkehrte war, dass die Beiden sich bereits kannten. Marcus klärte seinen Bruder daraufhin über ihre zufällige Begegnung im Park auf. Marcus war ein guter Lügner, wenngleich er anschließend auch ein schlechtes Gewissen gegenüber seinem Bruder zu haben schien. Dennoch war Damian ihm sehr dankbar über diese kleine Notlüge, die bei genauerer Betrachtung keine Lüge war. Sie hatten sich wirklich im Park getroffen, nur kennengelernt hatten sie sich bereits vorher… im Bett… und zwar sehr intim. „Hey, da scheint heute Abend ja noch einer Bock zu haben.“, sagte Timo plötzlich. Seine Augen waren auf Damians Hose gerichtet, in der sich eine deutliche Beule abzeichnete. Damian wurde rot im Gesicht. Er musste die ganze Zeit an den Sex mit Marcus denken. Wie verrückt war das denn? Timo schaltete den Fernseher aus, legte die Fernbedienung auf den Tisch und setzte sich schließlich auf Damians Schoß. Lächelnd beugte er sich vor und drückte Damian einen leidenschaftlichen Kuss mit Zunge auf den Mund. Damian erwiderte den Kuss und zwang sich, Marcus endlich aus dem Kopf zu kriegen. Er streifte Timo das Hemd über den Kopf und gab sich seiner ganz hin.
Moritz – Teil 10 Jacob hielt mit seinem Auto direkt vor der Einfahrt von Moritz Zuhause an. Es war ein merkwürdiges Gefühl für Moritz hierher zurückzukehren, wo seine Eltern doch gerade eben erst begraben worden sind, aber er musste es. Moritz stieg aus dem Auto aus und ging langsam den Weg zur Haustür entlang. „Soll ich dich begleiten?“, rief Jacob ihm fragend hinterher, der zwar mit ausgestiegen war, aber am Auto auf ihn wartete. Moritz schüttelte den Kopf. „Schon okay. Ich komm klar.“ Moritz stand nun vor seiner eigenen Haustür. Er zog einen Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete die Tür. Leise trat er in das Innere des Hauses und schloss hinter sich die Tür. Stille. Es war mucksmäuschenstill in dem Haus und alles stand noch immer genau am selben Fleck, wie Moritz es in Erinnerung hatte. Bisher wurde noch nicht entschieden, was mit dem Haus und dem ganzen Mobiliar geschehen würde. Aktuell wurde noch überprüft, ob seine Eltern ein Testament bei einem Notar hinterlassen hatten. Es wäre möglich, dass Moritz dieses Haus erben würde, aber ob er es auch wollte, wusste er zu jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Es kam ihm unwirklich und irrelevant vor. Für ihn gab es aktuell Wichtigeres im Leben. „Max?“ Moritz rief ganz leise den Namen, tapste dabei ganz leise vom Wohnzimmer in die Küche und anschließend wieder in den Flur zurück. „Max?!“, rief Moritz erneut, dieses Mal ein wenig lauter. Er blickte die Treppe zum ersten Stock hinauf, als plötzlich etwas Haariges auf vier Beinen am oberen Ende der Treppe auftauchte. „Max!“ Moritz war erfreut und erleichtert, seinen kleinen Schmusekater wieder zu sehen, den er in all seinem Kummer und seiner Trauer völlig vergessen hatte. „Komm her mein Kleiner!“, rief Moritz überglücklich und auch Max schien froh zu sein, sein Herrchen wieder zu sehen. Der weiß-braune Kater rannte die Treppenstufen hinunter und wurde von Moritz glücklich in die Arme genommen. „Tut mir so unendlich leid, Max. Bitte verzeih mir, dass ich dich hier allein gelassen habe. Du hast sicher Hunger…, oder hast du eine Maus gefunden, die dir gut bekommen ist?“ Max schnurrte leise in Moritz Armen. Moritz fühlte sich mit einem Mal wieder besser, denn endlich fühlte er sich nicht mehr ganz so alleine. Mit Max in den Armen verließ Moritz das Haus wieder. Jacob lehnte an seinem Auto und wirkte überrascht, als er den Kater in Moritz Armen sah. „Ne` Katze? Ich dachte bei Max würde es sich um einen Bulldogge handeln…, oder einen Hamster, oder einer Schlange…“
Fortsetzung folgt ... am Sonntag, den 8.Januar 2023!
Leonas – Teil 6 Leonas war ganz aufgeregt. Es war Freitagabend und seine Eltern waren heute Abend auf einer Geburtstagsfeier von alten Bekannten, weshalb er das Haus ganz für sich allein hatte. Ideal, um endlich ein paar gemeinsame Stunde allein mit Kai zu verbringen, mit dem er sich zuvor schon verabredet hatte und jeden Moment hier aufschlagen würde. Viertel nach Acht klingelte es an der Tür. Leonas freute sich wie verrückt und rannte zur Tür. Voller Euphorie öffnete er die Tür, doch als er seine beste Freundin Sarah erspähte, verschlug es ihm die Sprache. „Hi Leonas. Na, hast du Lust auf einen Filmabend?“ Sarah zog drei DVDs aus einer Beuteltasche, die sie Leonas strahlend vors Gesicht hielt. Auch Leonas lächelte, doch mehr gezwungen als echt. Sein Gesicht war eingefroren, als seine Freundin uneingeladen bei ihm Zuhause aufkreuzte. Sarah glaubte zu wissen, was nun in Leonas Kopf vor sich ging, wenngleich sie auch nur die Hälfte davon wirklich wusste. „Ich weiß, wir sind nicht verabredet, aber deine Eltern haben meinen Eltern gesagt, dass sie heute Abend nicht da sind und da dachte ich, ich schau mal vorbei. Wieso hast du mir denn nicht gesagt, dass du sturmfrei hast? Heute ist Freitag! Das ist doch prima!“ „Ha-Hab ich wohl vergessen.“, kam es schließlich aus Leonas heraus, der sich allmählich aus seiner Erstarrung befreien konnte. Sarah fühlte sich bei Leonas wie Zuhause, trat unerlaubt ein, zog sich die Schuhe aus und lief schnurstracks ins Wohnzimmer. „Hast du Popcorn da? Wenn nicht, Chips tun´s auch!“, rief sie ihm nach, während Leonas leicht starr vor Sorge noch im Gang herumlungerte. Jeden Augenblick konnte Kai hier auftauchen und dann gab es ein riesiges Problem. Sarah würde sich wundern, gar ausflippen! Wie sollte sie ihr das nur erklären und wie würde Kai reagieren, wenn er Sarah hier vorfand. Würde er Leonas eine Mitschuld daran geben und sich am Ende sogar von ihm abwenden? „Wo bleibst du denn?!“ „I-Ich komme gleich.“, sagte Leonas, auf dessen Stirn sich schon Schweiß gebildet hatte. Leonas rannte schnell hoch in sein Zimmer. Der einzige Ausweg aus dieser misslichen Lage war, Kai schnell noch eine Nachricht zukommen zu lassen. Doch Leonas hatte kaum zu seinem Handy gegriffen, als es auch schon an der Tür klingelte. „Ich geh schon!“, rief Sarah von unten und das Übel nahm seinen Lauf.
Eric – Teil 8 „Die Freundschaft zwischen Adam und mir entstand eigentlich vor allem dadurch, dass wir denselben schwarzen Humor miteinander teilten. Andere Gemeinsamkeiten hatten wir eigentlich nie wirklich, weder in Sport, in Musik oder in anderen Bereichen des Lebens. Dennoch hatten wir immer ausreichend Gesprächsstoff, der sich aber zumeist darauf bezog, dass wir uns über unsere Mitschüler lustig machten. Jetzt aber nicht falsch verstehen. Wir gehörten nicht zu den Schülern, die andere Schüler hänselten. Adam und ich waren nichtsdestotrotz immer sehr hilfsbereit und standen für unsere Mitschüler ein, wenn es hart auf hart kam. Wir machten uns einfach einen Spaß daraus, andere Leute zu beobachten, zu raten was in ihnen vor sich ging und uns dann über sie lustig zu machen. Das mag auf den ersten Blick unsympathisch klingen, aber das erhielt unsere Freundschaft am Leben. Irgendwann dann aber, merkte ich, dass da mehr als nur Freundschaft war. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich Schmetterlinge im Bauch hatte. Ich kann dieses Gefühl nicht so genau beschreiben. Es fühlte sich an, als hätte ich meinen Seelenverwandten gefunden. Und naiv und dumm wie ich damals war…, vielleicht bin ich es aber auch heute noch, hab ich ihn irgendwann mal gefragt, was er davon halten würde, wenn wir uns gegenseitig einen runterholen würden.“ Eric erzählte Dr. Böhmer von seiner Beziehung zu Adam, soweit es seine Erinnerungen noch zuließen. Eric kannte dabei kein Schamgefühl und erzählte seinem Therapeuten sogar pikante Details. „Adam war damit einverstanden, was mich im Nachhinein dann doch überraschte, aber es gab kein Zurück mehr. Es war ein aufregender Moment für mich, doch im Nachhinein nicht das, was ich mir wirklich erhofft hatte. Dummerweise sah das ausgerechnet Adam ganz anders…“
Ricardo – Teil 7 Ein paar Tage nachdem sich Ricardo von Martin vor der Kamera halbnackt ablichten lassen hat, besuchte er diesen erneut, um sich die Ergebnisse anzusehen. Martin hatte alle Fotos auf einer externen Festplatte gespeichert und zeigte Ricardo seine Fotos. „Wow, die sind gut geworden.“ „Klar, bei dem Model und dem Fotografen.“, sagte Martin stolz lächelnd. „Das hier gefällt mir am besten. Hast du gewusst, dass du so sexy Posen drauf hast?“ „Ne, war ja das erste Mal für mich.“, antwortete Ricardo lächelnd. „Und wieder eine Jungfrau weniger.“, sagte Martin und lachte. „Ups, zu weit.“ „Halt, halt, halt!“ Martin war bereits bei den Fotos einer seiner anderen Models und klickte sich bereits zu den Fotos von Ricardo zurück, doch dieser wurde neugierig, als er einen südländischen Jungen in hauchengen, orangefarbenen Badeshorts erblickte. „Bitte. Darf ich die anderen Fotos sehen?!“ Martin überlegte. „Du besitzt keine Mitgliedschaft auf meiner Website. Normalerweise zahlen alle meine Kunden dafür…, aber ich denke, bei dir kann ich eine Ausnahme machen.“ Martin klickte zurück zu dem Foto mit dem südländischen Jungen und Ricardo blieb der Mund offen stehen, so angetan war er davon. „Wow!“ „Was? Das Foto oder das Model?“ „Beides, aber vor allem er. Wer ist das?“, fragte Ricardo neugierig. „Sorry, aber ich bin zur Geheimhaltung verpflichtet.“, antwortete Martin ihm, der keine Lust auf eine Klage hatte. Die Namen aller Models standen unter strengster Geheimhaltung. „Ach komm schon, bitteee! Ich behalt´s auch für mich.“, meinte Ricardo bettelnd. „Nope sorry, aber ich hab eine Idee. Der Junge kommt nächstes Wochenende in die Stadt. Ich kann ihn ja mal fragen, ob er sich mit uns treffen möchte. Dann lernst du ihn kennen und kannst ihn selber nach seinem Namen fragen. Was meinst du?“ Ricardo war einverstanden.
Manuela – Teil 9 „Du musst das nicht tun. Lass uns doch bitte noch einmal darüber reden, Roland.“ In Manuelas Stimme lag Verzweiflung, als sie zu ihrem Noch-Ehemann sprach, der gerade dabei war, seine Klamotten in einen Koffer zu packen. Er war dabei, seine Aussage gegenüber Manuela wahr zu machen. Nachdem er von seinem Flug heimgekehrt war, wollte er zusammen mit seinen Kindern ausziehen. Eine neue Wohnung hatte er auch schon gefunden.“ „Du kannst hier solange wohnen bleiben wie du möchtest.“, sagte Roland, der seine Frau weder ansah, noch auf ihre Bitte reagierte. „Über das Finanzielle brauchst du dir vorerst keine Sorgen zu machen, aber wenn ich du wäre, würde ich mich dennoch schon bald nach einem Job umsehen.“ „Roland bitte.“, sagte Manuela erneut und ein deutliches Flehen lag in ihrer Stimme. Sie wollte nicht, dass Roland geht, denn auch wenn sich ihre Gefühle verändert haben, so mochte sie ihn dennoch. Immerhin waren sie verheiratet und haben gemeinsam zwei Kinder. „Ich nehme mit, was ins Auto passt. Den Rest hol ich in den nächsten Tagen irgendwann einmal ab.“, sagte Roland, als sein Koffer randvoll war und er ihn verschloss. Danach verließ er das Schlafzimmer, in denen er viele wunderbare Jahre mit seiner Frau verbracht hatte. Manuela folgte ihm. Für sie fühlte sich all das hier wie ein surrealer Traum an. „Kinder, wir fahren!“ Wie auf Kommando, kam Marie aus ihrem Zimmer gestürmt. Sie würdigte ihre Mutter keines Blickes, während sie bemüht war, ihren schweren Koffer die Treppe runter zu tragen. „Ist das alles?“, fragte ihr Vater sie, wobei offensichtlich war, dass er die Frage nicht ernst meinte. „Nein, in meinem Zimmer stehen noch zwei Koffer.“ Roland blickte seine Tochter verstört an, weshalb Marie ihren Vater darauf hinwies, dass sie ein Mädchen in einem schwierigen Alter sei und zudem auch noch eine schwierige Zeit durchmachte – dank ihrer Eltern. „Florian?!“ Roland wartete am Fuß der Treppe, als kurz darauf sein Sohn am oberen Ende auftauchte. Er trug keinen Koffer bei sich und blickte finster auf seine Eltern hinunter. „Komm jetzt. Ich möchte fahren.“, sagte Roland schließlich entschieden und auch etwas ungeduldig. „Ich will aber nicht.“, sprach Florian plötzlich. Rolands Ungeduld wuchs von Sekunde zu Sekunde. „Komm jetzt und sei nicht albern.“ „Nein, ich will nicht!“, entgegnete Florian nun deutlich entschiedener. Roland blickte seinen Sohn verzweifelt an. „Ich will bei Mama bleiben. Ich will das wir alle hier bleiben – zusammen!“ Manuela, die die ganze Zeit über auf der Treppe stand, blickte ihren Sohn traurig, aber auch dankbar an. Sie ging die Treppe hoch und nahm ihren Sohn in die Arme. „Also schön…“ Roland wusste, dass er nicht mit einem Hammer die Wand eindreschen konnte, weshalb er sich zu einem Kompromiss durchrang. „Du kannst erst einmal bei deiner Mutter bleiben. Deine Schwester und ich fahren jetzt, aber ich würde mich sehr freuen, wenn du es dir noch einmal anders überlegst. Komm Marie.“ Roland ging zur Tür raus und Marie folgte ihm. Manuela und Florian blieben traurig und allein zurück.
Leonas – Teil 7 Leonas kam ins Schwitzen. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, als es an der Tür klingelte und Sarah sie tatsächlich öffnete. Starr vor Angst stand er oben an der Treppe und horchte, wie die Katastrophe ihren Lauf nahm. „Kai? Was zur Hölle machst du denn hier?“, fragte Sarah ihn laut. Leonas konnte Kais Gesicht nicht sehen, aber er konnte es sich genau vorstellen. Kai musste mindestens genauso schockiert sein, wie er selber, wenn nicht sogar noch mehr. Vermutlich war er gerade kreidebleich im Gesicht. Und Sarah? Was dachte sie wohl gerade? „I-I-Ich…“, hörte Leonas Kai stottern. Es bestand kein Zweifel mehr. Kai stand schockiert vor seiner Haustür und brachte kein Wort mehr aus sich heraus. „A-Also ich äh…“ „Na ich weiß schon.“, sagte Sarah plötzlich und Leonas musste einmal kräftig schlucken. Hatte sie die Beiden etwa durchschaut? Wusste sie von ihrer heimlichen Liaison? „Ich weiß Bescheid und du brauchst dich auch gar nicht erst rausreden.“ Kai musste der Schock ins Gesicht geschrieben stehen. Was würde er nun tun? Würde er seine Beziehung zu Leonas beenden, nur weil sie vor Sarah aufgeflogen waren. Leonas wusste, dass Kai nicht der Arsch war, der er in der Schule vorgab zu sein, aber er wusste auch, dass wenn es hart auf hart kam, Kai zuerst an sich dachte. Ob richtig oder falsch, war eine ganz andere Geschichte. „Ich weiß Bescheid.“, sagte Sarah noch einmal. „Ich weiß, warum du hier aufkreuzt. Du und Leonas…, ihr habt euch neulich auf der Schulkrankenstation gezankt und jetzt willst du ihm noch einmal eins reindrücken. Hab ich Recht? Du bist doch echt das Allerletzte! Lass Leonas doch einfach in Ruhe. Er hat dir doch gar nichts getan! Jetzt kreuzt du also schon bei ihm Zuhause auf, um ihn fertigzumachen? Siehst du nicht, wie sehr ihn das verletzt? Wie kann man nur so ein… nein, ich werde mich jetzt nicht aufregen. Du gehst jetzt besser, bevor Leonas dich hier noch sieht. Na los, oder ich verpass dir einen Tritt in die Eier, dass du noch in hundert Jahren Schmerzen empfindest.“ Es dauerte nur wenige Sekunden, da schlug Sarah die Haustür zu. Leonas rannte leise ins Badezimmer und warf einen Blick aus dem Fenster zur Straße hinaus. Kai eilte in großen Schritten davon. Konnte es jetzt noch schlimmer werden? „War nur ein lästiger Staubsaugervertreter!“, rief Sarah von unten rauf. „Leonas? Jetzt komm endlich, oder ich guck mir „Titanic“ alleine an.“
Flo – Teil 7 Flo bereitete sich gerade auf ihr Date mit Alexander vor, als Sebastian zur Tür reinkam, um ihr ein Statement zu ihrem Aussehen zu geben. „Flott, elegant, aber nicht zu aufgetakelt.“ „Danke.“ Flo war leicht nervös, denn mit Alexander war es ihr ernst. Seitdem sie ihn auf der Straße kennengelernt hatte, waren inzwischen vier Wochen vergangen und seitdem genossen sie mehr als nur ein Date miteinander. „Und wann wirst du es ihm sagen?“, fragte Sebastian seine Freundin. „Ihm was sagen?“ Flo versuchte so zu tun, als würde sie Sebastians Frage nicht verstehen, aber sie wusste genau, was er meinte. „Wenn der geeignete Zeitpunkt gekommen ist.“ „Und wann soll der sein? Wenn ihr das erste Mal zusammen im Bett liegt und er merkt, dass mehr an dir dran ist…“ Flo guckte ihren Freund böse an. „Sorry, aber du weißt doch, wie empfindlich Männer reagieren können, wenn es um solche „Kleinigkeiten“ geht.“ „Ich werde es ihm heute Abend sagen – versprochen!“, entgegnete Flo, die inständig hoffte, dass Alexander zu den toleranteren und aufgeschlosseneren Menschen gehörte.
Eric – Teil 9 „Die Freundschaft zu Adam war mir wichtiger, als auf etwas aufzubauen, was womöglich gar nicht da ist. Ich war mir noch nicht im Klaren darüber, was ich für ihn empfinde, aber er schien sich plötzlich ganz klar zu sein. Für ihn war ich plötzlich der wichtigste Mensch auf Erden und das ließ er mich auch tagtäglich spüren. Er machte mir Komplimente, bereitete Überraschungen vor und überreichte mir Geschenke. Das fand ich zwar immer ungeheuerlich nett von ihm, aber da ich mir meiner Gefühle noch nicht ganz bewusst war, fühlte es sich aus meiner Sicht auch nicht ganz richtig an. Nach einem ernsten Gespräch mit meinen Vätern, wollte ich uns aber eine Chance geben, denn auch wenn ich nicht wusste, ob ich Adam so sehr liebte, wie er mich, so wusste ich immerhin, dass er mir wichtig war und ich ihn niemals nie verlieren wollte…“ Eric hielt einen Augenblick inne in seiner Geschichte. Alle Erinnerungen von damals stiegen wieder in ihm hoch und damit auch die verbundenen Gefühle. Ein wenig Trauer überwältigte ihn, aber dieses Mal riss er sich zusammen. Nicht das er Angst gehabt hätte, vor Dr. Böhmer Schwäche zu zeigen, aber er wollte sich selber dazu zwingen, nicht bei jeder passenden Gelegenheit das Weinen anzufangen. „Und was ist dann passiert?“, fragte Dr. Böhmer, der sichtlich interessiert war. „Dann waren wir ein Paar. Mit Küsschen hier, Küsschen da und allem was dazu gehört. Es hat sich immer gut angefühlt, wenn ich in seiner Nähe war…, aber irgendwie auch falsch.“ „Was fühlte sich denn so falsch daran an?“, fragte Dr. Böhmer etwas genauer nach. „Adam schien dir damals doch sehr wichtig gewesen zu sein.“ „Ja, aber ich war mir unsicher. Damals dachte ich, diese Unsicherheit würde vergehen und das war nur die anfängliche Skepsis, denn schließlich war er auch mein allererster Freund, mit dem ich nicht nur eine Beziehung führte, sondern auch intimer wurde. Irgendwann spielte ich meine Unsicherheit aber einfach herunter. Dabei spürte ich ganz instinktiv, dass mir irgendetwas fehlte. Ich kam aber nicht drauf, was das sein könnte, also zwang ich mich selber dazu, diese Unsicherheit zu verdrängen. Doch immer wenn ich meine Väter sah, wie vertraut und liebevoll sie miteinander umgingen, da spürte ich Unbehagen in meiner Brust. Damals konnte ich es mir nicht erklären, jetzt schon. Ich hatte mir nur vorgemacht, in Adam verliebt zu sein. Leider war ich zu feige, um der Beziehung ein Ende zu bereiten, denn mit dem Ende unserer Beziehung hätte ich auch unweigerlich unsere Freundschaft beendet und das wollte ich keinesfalls riskieren. Erst später wusste ich, dass dies eine sehr egoistische Herangehensweise von mir war, denn Adam hatte das auf keinen Fall verdient. Er war mir schließlich immer noch wichtig, aber ich hatte ihn nach Strich und Faden belogen.“
Nils – Teil 8 Nils wusste, dass Valentin nicht wirklich existierte und lediglich eine Traumfigur darstellte, aber er fühlte sich nun einmal sehr wohl in seiner Nähe und wollte so viel Zeit mit ihm verbringen, wie nur möglich. Er hasste jeden einzelnen Moment, als sein Traum endete, er seine Augen öffnete und ihm klar wurde, dass das reale Leben ihn nun wieder hatte. Noch schlimmer waren die Momente, in denen er regelrecht aus seinen Träumen herausgerissen wurde, weil der Wecker ihn meist aus dem Schlaf riss. Doch als endlich Wochenende war und er ausschlafen konnte, war er so glücklich wie schon lange nicht mehr. Jeder klar denkende Mensch wusste, dass dieses Glücksgefühl nur von geringer Dauer und auch nicht wirklich richtig war, aber für Nils fühlte es sich richtig an und er genoss jede einzelne Sekunde mit Valentin. „Weißt du, ich hab dich inzwischen wirklich gern.“, gestand er Valentin im Traum, als sie zusammen auf einer Bank unter einem Baum an einem Bach saßen. „Ich hab das Gefühl, dass du der einzige Mensch bist, der mich wirklich versteht. Die Anderen…, sie verstehen mich einfach nicht. Sie wissen nicht, wie ich mich fühle, oder es ist ihnen egal. Naja, bis auf meinem Bruder vielleicht, aber der hat gerade eine Neue am Start und nur noch wenig Zeit für mich.“ „Gönn es ihm doch. Wenn er wüsste, wie du für mich fühlst, würde er es dir bestimmt auch von Herzen gönnen.“, meinte Valentin sanft lächelnd. Nils blickte Valentin mit verliebten Augen an. „Ja, du hast vermutlich Recht. Moment, das was du gerade gesagt hast…, bedeutet das, dass du für mich dasselbe empfindest?“ Valentin lächelte nur noch breiter und antwortete: „Finde es doch heraus.“ Valentin beugte sich leicht zu Nils nach vorne und schloss seine Augen. Nils spürte ein wildes Kribbeln in seinem Bauch. Er schloss seine Augen ebenfalls und spitzte die Lippen. Doch bevor es zu einem ersten Kuss zwischen den Beiden kam, nahm der Traum ein abruptes Ende. „Raus aus den Federn Schlafmütze! Die Sonne scheint und Dad und ich wollen mit dir eine Radtour machen.“ Ralf war in Nils Zimmer eingedrungen, hatte ihm die Bettdecke weggezogen und ihm aus dem Schlaf gerissen. Zunächst blickte Nils seinen Bruder leicht verwirrt an, bis ihm klar wurde, dass sein Bruder gerade seinen ersten Kuss mit Valentin verhindert hatte. „Bist du irre?!“, schrie er seinen großen Bruder nun an. „Was fällt dir ein, mich zu wecken?!“ „Hey beruhig dich Kleiner. Was regst du dich denn gleich so auf?“, fragte Ralf ihn, der den Wutausbruch seines Bruders natürlich nicht nachvollziehen konnte. „Scher dich raus, sofort!“, schrie Nils seinen Bruder weiter an. „Ich will nicht mit auf eure bescheuerte Radtour.“ Ralf blickte seinen Bruder leicht besorgt, aber auch sehr gekränkt an. „Ich sagte raus!“, brüllte Nils nun regelrecht und Ralf stapfte schnell aus dem Zimmer.
Fortsetzung folgt ... am Dienstag, den 10.Januar 2023!
Felix – Teil 8 Felix hätte es nicht für möglich gehalten, aber in den letzten zwei Stunden hatte er enorm viel Spaß in dieser spießig eingerichteten Villa, die mit allerlei seltsamen Gestalten bewohnt war. Mit Lucas lieferte er sich spannende Rennen, bei denen er selber zwar meistens verlor, aber dennoch Spaß daran hatte. Videospiele gab es im Kinderheim keine und so war das eine willkommene Abwechslung. Zusammen hatten sie wirklich viel Spaß, als es an der Zimmertür klopfte. Butler Clément betrat das Zimmer. „Meine Herren. Das Abendessen ist angerichtet. Es gibt Chimichurri-Lamm mit Mandelpolenta.“ Felix gluckste und dachte sich, was das sein sollte und Lucas schien genau dasselbe zu denken. „Uah, nicht noch so ein Fraß. Kann es nicht einfach mal Schnitzel mit Pommes geben?“ „Mit Verlaub der Herr, aber Louanne kocht nur das, was ihr von dem Herrn des Hauses zugetragen wird. Eben jener erwartet Sie jetzt im Speisesaal. Wenn ich Sie beide also bitten dürfte.“ Clément zeigte galant zur Tür hinaus. Lucas schritt missmutig voran, Felix folgte ihm, während der Butler die Nachhut bildete und uns in den Speisesaal begleitete. Dort angekommen, saßen Lucas Eltern bereits am schön gedeckten Esstisch. Teller, Besteck und Gläser waren blitzblank, Servietten waren bereit gelegt worden und an der Decke hin ein Kronleuchter mit leuchtenden Kristallen. „Ah, da sind ja die Beiden endlich.“, sagte Lucas Vater, den Felix zum ersten Mal begegnete. Felix wusste nicht, wie er sich ihm gegenüber verhalten sollte. Er versuchte es mit Freundlichkeit und streckte ihm seine Hand entgegen. Doch der Herr des Hauses ignorierte sie und widmete sich stattdessen seinem Sohn. „Ich hab gehört, du hast deiner Mutter wieder Ärger bereitet? Und Herrn Kolibri, deinen Privatlehrer, hast du auch wieder verscheucht.“ „Die alte Vogelscheuche kann mich mal.“, entgegnete Lucas gleichgültig, während er sich hinsetzte. „Nicht in diesem Ton, wenn ich bitten darf.“, sagte Lucas´ Vater erzürnt. „Sei endlich ein Gentleman und benimm dich auch so. Hör auf deiner Familie immerzu Schande zu bereiten.“ Lucas´ Vater schien zu dem Thema alles gesagt zu haben. Er schnipste einmal mit den Fingern und Clément servierte das Abendessen. „Ich hoffe sehr, dass du dich auf der morgigen Feier mehr zu benehmen weißt.“ „Was denn für ne` Feier?“, fragte Lucas abfällig. Lucas` Vater versuchte Ruhe zu bewahren, was ihm hinsichtlich des Verhaltens seines Sohnes enorm schwer zu fallen schien. „Deine Mutter hat Freunde und Nachbarn eingeladen, um ihnen unser neustes Familienmitglied vorzustellen. Ich hoffe sehr, dass du dich zu benehmen weißt.“ Felix blickte ein wenig angewidert auf das vorliegende Essen und bemerkte gar nicht, dass die letzten Worte an ihn gerichtet waren. „Ich rede mit dir Junge.“ „Sein Name ist Felix.“, flüsterte ihm seine Frau zu, aber so, dass Felix sie noch hören konnte. „Jaja, wie auch immer.“, sagte ihr Mann gleichgültig. „Morgen wird ein großer Tag – für uns Alle!“
Manuela – Teil 10 „Lass mal sehen.“, sagte Manuela und ihr Sohn Florian drehte sich anschließend zu ihr herum. Er trug einen eleganten Smoking, fühlte sich darin aber sichtlich unwohl. „Du siehst wirklich sehr gut darin aus. Wenn du mal älter bist, liegen dir bestimmt reihenweise Mädchenherzen zu Füßen.“ Florian guckte leicht verlegen zu Boden. Eine Frage beschäftigte ihn schon die ganze Zeit. „Aber was ist wenn ich so wie du werde, Mama? Ich mich mehr für Jungs, als für Mädchen interessiere. Werden Papa und Marie mich dann ebenfalls hassen?“ Manuela blickte ihren Sohn mitfühlend an und legte ihre rechte Hand auf seine Wange. „Papa und Marie hassen mich doch nicht, Florian. Für Marie ist das wie für dich eben absolut neu und Papa…, wir sind schließlich viele Jahre lang zusammen verheiratet gewesen. Sicherlich war das ein Schock für ihn, den er zunächst mal verkraften muss. Und du, du solltest dir noch nicht so viele Gedanke darüber machen. Es ist noch viel zu früh und außerdem ist das nicht vererbbar, falls dir dass Sorge bereitet. Du musst wissen, dass das keine Entscheidung ist, die man irgendwann einfach trifft. Entweder man ist es, oder man ist es nicht, aber wie auch immer alles kommen mag, du wirst immer der gleiche liebe Junge sein, der du heute bist.“ Es klingelte an der Haustür. „Das ist Petra. Wie sehe ich aus?“ Manuela drehte sich in ihrem lilafarbenen Kleid vor ihrem Sohn im Kreis. „Einfach spitze!“, antwortete Florian breit lächelnd und mit erhobenem Daumen. „Hach, du weißt einfach, wie man seine Mutter glücklich machen kann, mein Schatz. Und jetzt los. Wir wollen doch nicht zu spät auf Charlottes Party kommen.“
Damian – Teil 10 „Gehst du aus?“, fragte Timo Damian, als dieser frischgeduscht und umgezogen in den Flur trat. „Ja. Heute ist Freitag, das weißt du doch.“, antwortete Damian ihm lediglich. „Hm ja schon…, aber ich dachte wir machen uns heute einen gemütlichen Abend zu Zweit.“, sagte Timo, der leicht enttäuscht zu sein schien. „Das können wir doch auch noch morgen Abend machen.“, meinte Damian, der das Verhalten seines Freundes nicht verstand. „Wir haben doch ausgemacht, dass jeden zweiten Freitag jeder etwas für sich selber unternimmt. Du kannst ja auch ausgehen…“ „Darf ich mit dir mitkommen?“, fragte Timo leicht hoffnungsvoll. Damian schloss die Augen. Er war sichtlich genervt, wollte seinem Frust aber im Keim ersticken. Auf einen Streit mit seinem Freund hatte er jetzt so gar keine Lust. „Ich bin verabredet.“ „Mit wem?“, harkte Timo nun nach. „Mit ´nem Kerl.“, antwortete Damian ihm, als wäre dies selbstverständlich. „Kenne ich ihn?“, fragte Timo, während er sich an dem Türrahmen zur Küche anlehnte. „Nein und können wir das Thema jetzt bitte beenden?! Es geht dich nichts an, mit wem ich mich treffe, oder hast du das auch schon wieder vergessen?“ „Nein, hab ich nicht.“, antwortete Timo. „Du musst nicht gleich so gereizt reagieren. „Ich – bin – nicht – gereizt.“, entgegnete Damian sehr langsam. „Höchstens ein wenig genervt.“ „Das kommt auf dasselbe hinaus.“, meinte Timo. „Hör jetzt bitte auf.“, bat Damian wieder etwas ruhiger, ging einen Schritt auf seinen Freund zu und blickte ihm schmerzlich in die Augen. „Wir hatten abgemacht, nicht über diese Dinge zu sprechen, nur so können wir unsere offene Beziehung aufrechterhalten!“
Eric – Teil 10 „Ich wollte mit Adam über meine Gefühle für ihn sprechen, aber immer wenn ich dieses Thema anschnitt, kam etwas dazwischen. Entweder die Schule, unsere Eltern, oder meine eigene Feigheit, mit ihm zu reden.“, erzählte Eric seinem Therapeuten, während er starr aus dem Fenster sah. Ein paar Tauben flogen am Fenster vorbei. Offenbar hatten sie ganz in der Nähe ihr Nest, denn Eric hörte ständig ihr nerviges Gurren. Dies ging ihm ziemlich auf den Wecker. „Feigheit, die Mutter aller Grausamkeit.“, ließ sich Dr. Böhmer zu einem Kommentar hinreißen. „Tut mir Leid, fahr bitte fort Eric. „Ich… ich wollte Adam sagen, dass ich mit ihm nur befreundet bleiben möchte, doch dann starb sein Großvater, den er sehr mochte und ich brachte es nicht übers Herz, ihm noch zusätzlichen Schmerz zuzubereiten.“ „Das ist zwar verständlich, aber die Wahrheit unnötig hinauszuzögern, birgt gewisse Risiken.“, gab Dr. Böhmer zu verstehen, womit er natürlich auch Recht hatte. „Wann hast du Adam denn von deinen wahren Gefühlen zu ihm erzählt?“ „Zu spät. Ich…“, antwortete Eric, doch plötzlich ertönte ein lauter Knall. Das Fenster von Dr. Böhmers Praxis ging zu Bruch. Scherben landeten auf dem Boden und ein Wind zog durch den Raum. Tauben flogen zum Himmel empor und Dr. Böhmer rannte schnell zu dem kaputten Fenster, um nachzusehen, was gerade vorgefallen war. Ein paar Kinder hatten mit einer Art Schleuderwaffe auf die Tauben gezielt um sie zu verscheuchen. Sie entschuldigten sich bei Dr. Böhmer, der dies nur kopfschüttelnd entgegen nahm. „Alles in Ordnung Eric, waren nur ein paar Kinder, die meinten sie müssten… Eric?“ Dr. Böhmer blickte sich um. Eric war verschwunden.
Jannik – Teil 10 Vier Tage waren seit dem schrecklichen Erlebnis mit dem skrupellosen Raser vergangen, doch bislang konnte die Polizei ihn nicht ausfindig machen. Jannik, der dem Tod ins Auge geblickt hatte, spürte seitdem eine unbändige Angst in sich drin. Angst, dass ihm ständig etwas passieren könnte, oder aber auch Menschen, die er liebte. Seine Angst war so groß, dass er nachts kaum noch schlafen konnte und er tagsüber sehr müde war. Da halfen auch die Genesungswünsche und Vorschläge seiner Mitschüler nichts. „Gute Besserung Jannik! Trink Kamillen – oder Baldriantee, das beruhigt die Seele.“, schrieb ihm eine Mitschülerin bei Facebook. Sein Schulkamerad Nils, der sich sonst eher bedeckt hielt, schlug derweil etwas ganz anderes vor: „Versuch an was Schönes beim Einschlafen zu denken, das hilft wirklich und wenn du dann eingeschlafen bist, träumst du vielleicht von der großen Liebe.“ Jannik schüttelte irritiert den Kopf und las sich noch einen letzten Beitrag durch, der von einem anderen Mitschüler stammte. Dieser enthielt weder Genesungswünsche, noch Vorschläge, um seine Angst in den Griff zu kriegen. Vielmehr ging es wieder einmal um Herrn Kronthaler: „Hey Jannik, wie war es denn in Herrn Kronthalers Armen zu liegen? Hat es sich schwul angefühlt?“ Jannik hätte seinem Mitschüler am liebsten in die Eier getreten, für diese dumme und niveaulose Bemerkung, aber zum Glück bekam besagter Mitschüler schon genug Häme von allen anderen Mitschülern, die seine Aussage ebenfalls unangebracht und niveaulos hielten. Jannik horchte auf, denn es klopfte an der Zimmertür. Er wusste genau wer es war, denn seine Mutter hatte ihn bereits zuvor angekündigt. „Herein.“, sagte Jannik und innerlich freute er sich bereits sehr auf die Person, die ihn jetzt besuchen kam. Die Zimmertür ging auf und ein etwas älterer Mann mit grauen Haaren betrat das Zimmer. „Hallo Großvater!“, rief Jannik erfreut. Janniks Großvater freute sich ebenfalls, seinen Enkelsohn endlich mal wieder zu sehen, wenngleich auch die Umstände nicht ganz so erfreulich waren. „Deine Mutter hat mir erzählt, dir ginge es nicht so gut? Mein armer Junge, willst du mit mir darüber reden?“, fragte er seinen Enkel, nachdem er ihn einmal in die Arme genommen hatte und sich anschließend zu ihm aufs Bett bequemte. „Okay, aber ich rede mit dir weil du mein Opa und nicht weil du ein Therapeut bist.“, sagte Jannik und sein Großvater war damit einverstanden.
Moritz – Teil 11 Sein kleiner Ausflug mit Jacob zu seinem Haus, um seinen Kater zu holen, hatte für Moritz natürlich schwerwiegende Folgen. Frau Hoffman, die Betreuerin von der Trauerbewältigung, hatte sich große Sorgen um ihn gemacht und sowohl den Friedhof, als auch die Gegend Drumherum nach ihm abgesucht. Sie hatte Herr Hendricks vom Kinderheim über Moritz` Verschwinden in Kenntnis gesetzt und war schon kurz davor, die Polizei einzuschalten, als Moritz zum Friedhof zurückkehrte. Jacob hatte ihn bereits zuvor an einer Ecke rausgelassen, denn Moritz wollte nicht, dass Jacob seinetwegen auch Ärger bekam. Den Ärger gab es dennoch: Weniger, weil Moritz ohne ein Wort davongelaufen war, dafür hatte Frau Hoffman sogar noch Verständnis, sondern mehr dafür, weil er nun einen Kater dabei hatte. „Aber das geht doch nicht Moritz. Haustiere sind im Kinderheim nicht erlaubt.“ „Max bleibt bei mir. Ich lasse ihn mir nicht wegnehmen.“, sagte Moritz entschieden. „Er ist das letzte Familienmitglied das ich noch habe!“ Frau Hoffman zeigte Mitgefühl und nickte einverstanden, erklärte Moritz aber auch, dass die endgültige Entscheidung bei Herr Hendricks lag. Zurück im Kinderheim kam es dann auch zu der erwarteten Diskussion über Haustiere. Moritz hielt Max fest in seinen Armen. Für ihn stand fest: Wenn Max nicht bleiben durfte, dann würde er selber auch keine Sekunde länger hier verweilen. „Also schön.“, sagte Herr Hendricks schließlich, der einsah, dass mit Moritz nicht zu verhandeln war. „Der Kater darf bleiben, allerdings stelle ich Bedingungen! Erstens: Der Kater darf sich nur in deinem Zimmer und im Garten fortbewegen. Alle anderen Zonen des Kinderheims sind tabu! Zweitens: Jeden Dreck den er macht, musst du eigenhändig entsorgen! Und Drittens: Für das Katzenfutter musst du selbst aufkommen. Du kannst dir gerne etwas Geld dazuverdienen, indem du nachmittags unserem Gärtner bei der Gartenarbeit hilfst. Kleine Kinder haben kein Gespür für Ästhetik und trampeln immer alle Blumen im Garten nieder. Wenn du mit diesen Bedingungen einverstanden bist, darf Max bleiben!“ Moritz war einverstanden und Herr Hendricks zum Dank verpflichtet. „Und ab morgen wirst du an dem Programm teilnehmen, dass wir für unsere Kinder hier anbieten – das schließt den Schulunterricht mit ein!“ Moritz seufzte, aber er hatte wohl keine andere Wahl.
Felix – Teil 9 Felix fühlte sich wie in einer fremden Welt gefangen. Menschen, die er noch nie in seinem Leben gesehen hatte, starrten ihn an, als wäre er ein Zootier, während sie genüsslich an ihrem Glas voll Champagner nippten,. Im Hintergrund hörte man die Klänge eines Pianos, während sich die Leute über ihre Geschäfte und die Politik unterhielten. Felix fühlte sich sichtlich unwohl. „Zum kotzen, oder?“ Lucas stand auf einmal neben Felix, in Anzug und Krawatte. Mit einem aufgesetzten Lächeln blickte er reihum. „Voll die lahme Veranstaltung. Wo man hinsieht, lauter Spießer, die keinen Spaß verstehen. Pass auf, dass du nicht auch so wirst wie die.“ „Ich werde nie so sein wie die…!“, entgegnete Felix. „Das hoffe ich für dich, aber sowas geht meist schneller als man denkt. Einmal in diesem Trott gefangen und du könntest Gefallen daran gewinnen.“, meinte Lucas. „Doch zum Glück sind nicht alle hier so. Da kommen die Freundinnen meiner Mutter. Die eine labert zwar ein wenig viel, aber die andere geht in Ordnung. Ah, ihren Sohn hat sie auch dabei. „Manuela, Petra, schön das ihr gekommen seid!“, rief Frau Brecheisen erfreut, als ihre zwei besten Freundinnen von Butler Clément in den Festsaal geführt wurden. „Hallo Charlotte.“, sagte die Frau namens Manuela und gab ihrer Freundin jeweils ein Küsschen auf die linke und auf die rechte Wange. „Ich hab meinen Sohn mitgebracht. Ich hoffe das geht für euch in Ordnung, aber jetzt wo mein Mann mit Marie ausgezogen ist, da konnte ich ihn nicht allein Zuhause lassen.“ „Aber selbstverständlich geht das in Ordnung. Das mit deinem Mann tut mir ja so leid.“, sagte Frau Brecheisen, deren Mitgefühl in Felix Ohren wie geheuchelt vorkam. „Meine Söhne werden sich gut um deinen Sohn kümmern. Lucas?!“ Lucas stöhnte und marschierte zu seiner Mutter. Felix folgte ihm und lernte so den kleinen Florian kennen, den Sohn von Manuela. „Kümmert euch bitte gut um ihn, aber keine Videospiele und ihr bleibt in der Nähe, wo wir euch immer gut sehen können!“ „Ja Mutter.“, antwortete Lucas, dem keine andere Wahl gelassen wurde.
Damian – Teil 11 Damian hatte sich mit Timo an den Küchentisch gesetzt. Er hatte noch ein wenig Zeit zu seiner Verabredung, die er nutzen wollte, indem er mit seinem Freund über seine und dessen Gefühle sprach. „Was soll das Timo? Wieso verhältst du dich auf einmal so komisch?“ „Ich verhalte mich also komisch ja? Hast du mal in den Spiegel geguckt?“, gab Timo zurück, der sichtlich auf einen Streit aus war und Damian provozieren wollte. „Für mich hast du hast dich noch nie so in Schale geworfen, aber für irgendeinen dahergelaufenen Kerl, den du noch nicht einmal kennst, kannst du das plötzlich?“ Damian schüttelte spöttisch lächelnd den Kopf. „Ich verstehe wirklich nicht, warum du dich jetzt so aufregst. Wir führen doch bereits seit einem halben Jahr eine offene Beziehung. Das hat dich doch sonst auch nie gestört.“ Timo wich dem Blick seines Freundes aus. Er schien traurig zu sein und Damian tat das sogar ernsthaft leid, aber da musste sein Freund nun selber durch. „Jeden zweiten Freitag läuft es gleich ab, darauf hatten wir uns geeinigt.“ „Ja, ich weiß, aber inzwischen glaube ich einfach, dass…“ „Das was? Was glaubst du?!“ Damian stand wütend auf. Er hatte genug von dieser Unterhaltung und wollte gehen, doch machte er im selben Moment wieder kehrt und kam stinkwütend auf seinen Freund zu. „Das ist verdammt unfair, weißt du das? Nach all den Monaten kommst du jetzt damit daher? Nach all der Zeit? Weißt du eigentlich wie schwer das für mich war - dieser beschissene Offene-Beziehung-Quatsch? Ich hab mir das weiß Gott nicht leicht gemacht, aber ich habe es gemacht und zwar weil du es so wolltest. Dieser ganze Schwachsinn einer offenen Beziehung war schließlich einzig und allein deine Idee! Ich wollte das nicht, du wolltest das und du hast so lange auf mich eingeredet, bis ich damit einverstanden war. Jetzt einen Rückzieher zu machen und von mir zu verlangen ich solle damit aufhören, nur weil es dir plötzlich nicht mehr zusagt, ist einfach nur das Letzte!“ Damian blickte seinen Freund mit tränenunterlaufenen Augen an. Dieser erwiderte kein Wort, denn er fühlte sich für dieses Debakel schuldig. Damian wandte sich ab von Timo, eilte aus der Wohnung und ließ seinen Freund traurig und allein in der Küche sitzend zurück.
Fortsetzung folgt ... am Donnerstag, den 12.Janaur 2023!
Ricardo – Teil 8 Ricardo saß zusammen mit Martin auf der Dachterrasse eines Cafés, als ein südländischer, junger Mann sich ihrem Tisch näherte. Der junge Mann hieß Sanchez, kam gebürtig aus Barcelona und war einer der Models von Martin. Die ganze Woche über hatte sich Ricardo bereits auf dieses Treffen gefreut, denn Sanchez sah unglaublich heiß aus! Er hatte schwarzes dichtes Haar, grüne Augen, die Leidenschaft und Ruhe ausstrahlten, und natürlich braungebrannte Haut. Hinter seinem Lächeln verbargen sich strahlend weiße Zähne und sein Outfit war sommerlich und lässig. Sanchez – ein Traum von einem Mann! „Sanchez, darf ich dir Ricardo vorstellen? Ricardo das ist Sanchez.“, sagte Martin, der die beiden Jungs miteinander vorstellte. Ricardo wollte „Hallo“ zu Sanchez sagen, brachte aber kein Wort heraus, was ihm zugleich schon wieder peinlich war. Er wollte ihm wenigstens die Hand reichen, doch Sanchez streckte zugleich seine Arme nach ihm aus, zog ihn an sich heran und umarmte ihn brüderlich. Der unerwartete enge Körperkontakt zu Sanchez, verhalf Ricardo zu einer unbeabsichtigten Erektion, was die peinliche Lage noch mehr steigerte. Ricardo verfluchte sich innerlich selbst und hoffte, dass Sanchez davon nichts mitbekam, doch leider war die Hoffnung vergebens. „Oh hola!“, rief Sanchez erstaunt aus und lächelte dabei verschmitzt. Ricardo wäre am liebsten im Erdboden versunken.
Jannik – Teil 11 Drei Tage nachdem er mit seinem Großvater über das Erlebte sprechen konnte, beschloss Jannik, wieder zur Schule zu gehen. Er war seiner Familie sehr dankbar, dass sie ihm die nötige Zeit gaben, diesen schrecklichen Unfall zu verdauen, aber jetzt musste er wieder zur Schule. Er wollte nicht länger Zuhause rumsitzen und darauf hoffen, dass alles von alleine besser werden würde. Zudem interessierte es Jannik sehr, wie es Herrn Kronthaler denn inzwischen so ging, der dank seiner Rettungsaktion mehr abbekam als er selber. Sein Fahrrad war auf jeden Fall Schrott, soviel stand schon einmal fest. Doch ging es ihm psychisch genauso miserabel wie Jannik? „Herr Kronthaler? Der fehlte am Freitag, aber am Montag war er bereits wieder in der Schule. Ich glaube er kommt jetzt immer mit dem Auto.“, klärte sein bester Kumpel ihn auf, als Jannik sich bei ihm nach ihrem Referendar erkundigte. „Er hat dir das Leben gerettet oder? Jetzt vergöttern die Mädchen ihn noch mehr als vorher, dabei ist noch immer nicht bewiesen, ob er Hetero ist.“ „Auch wenn er es nicht wäre, ging es keinem etwas an.“, meinte Jannik daraufhin leicht genervt. „Hey, mir musst du das nicht sagen. Mir geht es am Arsch vorbei, ob der Mann sich seinesgleichen sucht, solange er es nicht auf meinen Arsch abgesehen hat.“, sagte Jannik´s Kumpel. „Dieses Gequassel darüber steht mir inzwischen bis hier.“, sagte Jannik, für den das Thema damit auch beendet war. Sie betraten das Klassenzimmer und Jannik wurde verständlicherweise erst einmal von seinen Mitschülern angestarrt, ehe sich auch schon die Ersten auf ihn stürzten, um sich zu erkundigen, wie es ihm ging. Andere wiederum waren neugierig darauf zu erfahren, wie es sich anfühlte, dem Tod nur um Haaresbreite von der Schippe gesprungen zu sein. Jannik konterte diese Frage mit der einzig richtigen Antwort: „Schmeiß dich doch vor ein Auto und finde es selbst heraus, bevor du so eine dämliche Frage stellst.“ „Jetzt lasst Jannik bitte in Ruhe und setzt euch alle hin!“, rief ihr Klassenlehrer Herr Meier, als er zusammen mit Herrn Kronthaler das Klassenzimmer betrat. Janniks und Herrn Kronthalers Blicke trafen sich und der Referendar schien sich darüber zu freuen, dass es Jannik wieder besser ging. Während sich alle seine Mitschüler auf ihre Plätze setzten, ging Jannik zu Herrn Kronthaler und streckte ihm die Hand entgegen. „Danke nochmals, dass Sie mir mein Leben gerettet haben.“ Herrn Kronthaler nahm Janniks Hand entgegen, betonte aber nochmals, dass das selbstverständlich für ihn war. „Ich hab hier noch was für Sie. Als kleines Dankeschön.“ Jannik zog eine Schachtel edelster Schokolade aus seinem Schulrucksack, aber nicht, ohne dabei leicht rot anzulaufen. Ein Raunen und Kichern ging durchs Klassenzimmer. Herr Kronthaler zögerte zunächst, nahm die Schokolade dann aber doch entgegen und lächelte dabei.
Flo – Teil 8 Flo hatte sich mit Alexander für achtzehn Uhr dreißig verabredet. Wie es sich für einen Gentleman gehörte, holte er sie an der Haustür ab. Er reichte ihr seinen Arm und zusammen spazierten sie am Fluss entlang zu dem Restaurant, wo sie für neunzehn Uhr einen Tisch reserviert hatten. Zum ersten Mal in ihrem Leben, fühlte sich Flo so richtig geborgen. Alexander gab ihr das Gefühl der Sicherheit und der Wertschätzung, wenngleich sie auch wusste, dass noch ein dunkler Schatten über ihre noch junge Beziehung hing. Flo hatte Alexander bislang noch nichts von ihrer Geschlechtsumwandlung erzählt und je länger sie wartete, desto schlimmer wurde es. Dabei war es eigentlich unausweichlich, dies wusste Flo, denn irgendwann wollte sie mit Alexander auch intimer werden. Dann allerdings, würde er sehen, dass an Flo weitaus mehr dran ist, als das Auge sieht. „Wie hat dir der Fisch geschmeckt?“, fragte Alexander sie, nachdem sie im Restaurant ihr Essen zu sich genommen hatten und er Gabel und Messer auf dem Teller ablegte. „Wirklich ausgezeichnet. Es war eine gute Idee von dir, hierher zu kommen.“, antwortete sie ihm und legte ihr Besteck ebenfalls ab, während sie sich pappsatt im Stuhl zurücklehnte. „Das freut mich. Möchtest du noch eine Nachspeise?“ Flo wollte, doch nur, wenn Alexander sie sich mit ihr ein Dessert teilte. Kurz darauf bestellten sie beim Ober noch ein Orangen-Parfait. Doch Flo hatte noch eine Frage an den Ober: „Entschuldigen Sie. Ich hab die Stellenanzeige am Eingang gesehen. Ist die noch aktuell?“ „Ja, wir suchen noch immer ein paar helfende Hände.“, antwortete der Ober ihr nett. „Sie können sich gerne bewerben. Mein Chef würde sich darüber sicherlich freuen.“ „Danke, das werde ich auch tun.“, meinte Flo erfreut, die eine Gelegenheit witterte, endlich an einen Teilzeitjob heranzukommen. „Die Studiengebühren sind einfach unermesslich teuer.“, erklärte sie Alexander, zögerte kurz und sagte dann noch: „Und dann hab ich auch noch andere Ausgaben, die mein Leben schlichtweg verbessern sollen.“ Alexander sah sie fragend an und Flo wusste, dass es nun an der Zeit war, ihm die Wahrheit über sich zu erzählen.
Felix – Teil 10 Felix, Lucas und der kleine Florian hatten sich in den Garten des großen Anwesens zurückgezogen, wo sie ein wenig mit einem Ball herumkickten. Dabei hieß es Zwei gegen Einen, denn Lucas hatte sich mit Florian verbündet. Doch Felix machte das gar nichts aus, denn jetzt konnte er erstmals eine seiner Stärken unter Beweis stellen. Felix war nämlich ein exzellenter Fußballer und Lucas, der eher ein Stubenkind war, und der kleine Florian, hatten nicht den leisesten Hauch einer Chance gegen ihn. So kam es auch, dass Felix den anderen beiden Jungs den Ball immer wieder erfolgreich abnehmen konnte, was allerdings zur Folge hatte, dass Lucas dunkle Seite zum Vorschein kam. Lucas war nämlich ein überaus schlechter Verlierer. Er hasste es zu verlieren und kochte innerlich vor Wut. Felix spürte, wie Lucas immer härter und brutaler an den Ball heranging und machte ihm klar, dass das doch nur ein Spiel war. Es dauerte nicht lange, da flog der Ball im hohen Bogen über ein Blumenbeet und dann in den großangelegten Swimmingpool der Anlage. „Den holst du daraus!“, befahl Lucas regelrecht, was Felix zwar auf die Palme brachte, es aber über sich geschehen ließ. Auf etwaigen Ärger hatte er jetzt so gar keine Lust – vor allem nicht vor all den Partygästen. Kurzum zog sich Felix Hose, Socken, Hemd und Krawatte aus und sprang mit einem Hechtsprung in den Pool. „Yeah Poolparty!“, schrie Florian erfreut und machte es Felix gleich. Kurz darauf plantschten die Zwei im Pool herum, was Lucas bitter aufstieß. „Kommt da sofort raus – alle Beide!“, rief er ihnen säuerlich zu. „Komm du doch rein!“, rief Florian ihm entgegen. „Das geht nicht…, das ist eine festliche Veranstaltung!“, rief Lucas ihnen zu, doch Felix fand seine Begründung mehr als dürftig. Schließlich war es Lucas selber, der die Leute hier als Spießer bezeichnete und jetzt benahm er sich nicht anders. „Du meine Güte. Was geht hier vor sich?!“, rief Frau Brecheisen, als sie mit einer Frau und einem Jungen in den Garten trat und Felix und Florian im Pool vorfand. „Florian, komm da sofort raus!“, rief Manuela, Florians Mutter ihrem Sohn zu. Florian stieg enttäuscht aus dem Wasser, Felix folgte ihm. Noch während er sich abtrocknete, wandte sich Lucas` Mutter an ihn: „Felix…, dass ist Amadeus Wohlfahrt.“ Frau Brecheisen zeigte auf den Jungen neben sich, der Felix genauestens musterte. „Ich wollte es dir erst heute sagen, aber du und Amadeus werdet schon sehr bald heiraten! Na ist das nicht großartig?!“ Felix fiel die Kinnlade runter.
Flo – Teil 9 „Du bist was?“ Alexander blickte Flo tieferschrocken an. Es waren mehrere Sekunden vergangen, als er sich zu einer Bemerkung hinreißen ließ, nachdem sich Flo vor ihm als Transgender outete. Flo wusste nicht, wie sie es Alexander am besten erklären sollte, weshalb sie es einfach offen heraus sagte, ohne große Reden zu schwingen. „Als Transgender bezeichnet man Menschen, die sich mit ihrem biologischen Geschlecht nicht identifizieren können und es als falsch empfinden. In der Regel nehmen diese Menschen dann eine Geschlechtsumwandlung vor…“ „Warte, warte…“ Alexander hielt seine rechte Hand hoch, um Flo zum Schweigen zu bringen und schloss für einen kurzen Moment seine Augen, um das gerade Erfahrene zu ordnen. Als er seine Augen wieder öffnete, fragte er: „Bedeutet das etwa, dass ich die ganzen letzten Wochen einen Mann gedatet habe?“ Flo schluckte, denn ihr war klar, worauf dieses Gespräch hinauslief. Davor hatte sie die ganze Zeit Angst, doch ein Zurück war unmöglich. „Ich war mal ein Mann ja, aber jetzt bin ich eine Frau, wenngleich auch noch nicht vollständig.“ Alexander blickte Flo verwirrt, zum Teil schockiert an. Flo fuhr fort: „Mein Geschlechtsorgan ist noch das eines Mannes…“ Nun konnte Flo mit Entsetzen erkennen, wie angewidert Alexander sie nun ansah und das verletzte sie mehr als alles andere. „Das bedeutet…, du hast…, du hast einen… einen Penis?!“, fragte er sie unsicher, während er zu ihr nach unten blickte, als könnte er durch den Tisch durchsehen. Flo verschlug es die Sprache, denn seine Reaktion war zwar mehr oder weniger zu erwarten, aber dennoch schockierend. Also nickte sie nur. Alexander versank auf seinem Stuhl und schlug sich die Hände vors Gesicht, als würde er denken, dass alles sei nur ein böser Traum. Dann schüttelte er den Kopf. „Ich kann das nicht.“ Mit einem Mal stand er auf, drehte sich im Kreis und schüttelte immer wieder den Kopf. „Tut mir Leid, aber ich kann das nicht. Das ist zu viel.“ Alexander zog seinen Geldbeutel hervor und zahlte die Rechnung, die bereits seit ein paar Minuten auf dem Tisch lag. „Bitte sei mir nicht böse Flo…“ Selbst der Name hörte sich in seinen Ohren nun falsch an. „Aber das ist mir zu viel. Du bist wirklich eine tolle Frau…, ein Mann, was auch immer, aber irgendwie passt das nicht in meine Welt. Tut mir Leid!“ Alexander floh regelrecht aus dem Restaurant. Flo blickte ihm traurig nach, zwang sich aber selber dazu, nicht das Weinen anzufangen.
Moritz – Teil 12 Moritz saß im großangelegten Gemeinschaftsraum des Kinderheims, indem alle Waisenkinder ihre Freizeit verbringen konnten. Hier gab es mehrere bequeme Sitzmöglichkeiten, einen Schrank voller Spiele, einen Fernseher – aktuell lief eine Eilmeldung über einen rücksichtslosen Autofahrer, der Passanten und Schüler anfährt– und sogar einen Billardtisch und eine Dartscheibe. „Hey, ich bin Lara.“ Moritz saß bis gerade eben noch alleine auf einer roten Couch, als sich ein Mädchen mit kurzen blonden Haaren zu ihm bequemte und ihn lächelnd ansah. Moritz musste einsam und unbeholfen ausgesehen haben, wenn ein Mädchen ihn nun ansprach. „Sorry, hab ich dich überrumpelt?“, fragte sie ihn zugleich, als Moritz ihr nicht sofort antwortete. „Tut mir Leid, manchmal bin ich etwas arg stürmisch und direkt. Du bist neu hier, oder? Dann ist es wohl noch nicht so lange her, dass du deine Eltern verloren hast?“ Moritz wandte sein Gesicht von ihr ab und blickte traurig auf den Tisch vor sich. „Oh nein, schon wieder.“, sagte Lara. „Warum kann ich nicht einfach mal meine vorlaute Klappe halten? Du willst sicher nicht darüber sprechen. Das ist in Ordnung, wirklich. Das will hier eigentlich niemand, aber eigentlich tut es einem gut, mit anderen Leuten darüber zu sprechen, also mir jedenfalls. Wenn du also mal dein Herz ausschütten möchtest…“ Moritz stand auf und ging ohne auch nur ein Wort gesagt zu haben, auf sein Zimmer zurück. „War nett dich kennengelernt zu haben!“, rief Lara ihm dennoch total happy hinterher.
Ricardo – Teil 9 Ricardo war es einfach nur peinlich, sowohl in der Öffentlichkeit, als auch vor dem gerade eben kennengelernten Sanchez eine Erektion zu bekommen. Dieses Problem hatte er zurzeit öfters, denn auch im Bus war ihm das schon einmal passiert. Dort blieb es jedoch unbemerkt, hier aber nicht. Sanchez bekam Ricardos Erektion sehr wohl mit und auch Martin wurde durch dessen Aussage darauf aufmerksam und lachte. „Na dein kleiner Freund hat wohl Sehnsucht nach etwas Spaß.“ Ricardo lief rot an und setzte sich schnell auf einen freien Stuhl. Sein ganzer Körper kochte vor Scham, doch Martin und Sanchez fanden es offenbar sehr amüsant. „Hört auf zu lachen!“ Martin lachte daraufhin nur noch lauter, während Sanchez etwas sagte, was Ricardos Blut nur noch mehr in Wallung brachte. „Du bist süß. Da will man dich ja am liebsten gleich hier und jetzt vernaschen. Wie alt bist du denn?“ „Ich bin siebzehn.“, antwortete Ricardo ihm beschämt und trank kurzerhand sein vor ihm stehendes Glas Wasser auf ex aus. „Und wie alt bist du?“ „Zwanzig, seit letztem Monat.“, antwortete Sanchez ihm nach wie vor vergnügt. Martin, der seinen Lachkrampf inzwischen unter Kontrolle gebracht hatte, schien sichtlich zufrieden zu sein. „Allein dafür hat sich dieses Treffen hier schon gelohnt. Aber jetzt erzähl mal Sanchez. Was führt dich eigentlich zurück nach Deutschland?“ „Na gewiss nicht das deutsche Essen.“, antwortete Sanchez und lachte dabei keck. „Spanisches Essen ist so viel besser. Nein, ich bin hier, weil ich mal wieder ein wenig Geld bräuchte…“ Martin grinste, als hätte er sich das schon gedacht. „Das freut mich sehr und wie mich das freut. Ricardo, vor dir sitzt mein Topmodel! Er hat die meisten Fans auf meiner Website und bringt mir demnach auch die meiste Kohle ein. Ich hab ihm viel zu verdanken.“ „Ich gab gehört, der Fotograf soll auch ganz gut sein.“, bedankte sich Sanchez mit gleicher Münze. „Darf… darf ich bei dem Shooting zuschauen?“, fragte Ricardo etwas schüchtern. Martin lächelte breit. „Mir war klar, dass du das fragen würdest. Du darfst, wenn Sanchez nichts dagegen hat.“ Ricardos Hoffnung ruhte nun auf Sanchez, der nichts dagegen einzuwenden hatte. „Na dann los!“, rief Ricardo voller Euphorie, stand auf und brachte den Tisch dabei zum Wackeln. „Hey, hey, immer mit der Ruhe Casanova. Wir haben ja noch nicht einmal Kuchen bestellt.“, meinte Martin lächelnd. „Setz dich besser wieder hin, bevor dein Ständer sich noch weiter ausfährt.“ Sanchez lachte und Ricardo setzte sich knallrot wieder auf seinen Stuhl.
Leonas – Teil 8 Leonas verspürte ein ganz ungutes Gefühl, als er Samstagmorgens aufwachte und er noch immer keine Antwort von Kai auf sein Handy erhalten hatte. Während einer kleinen Klo-Pause gestern bei seinem Filmabend mit Sarah, hatte er die Gelegenheit genutzt, um sich bei Kai dafür zu entschuldigen, dass er Sarah hier antraf. Er erklärte ihm die Lage und das es von ihm nicht gewollt war und hoffte, dass Kai es verstand und es ihm nicht übel nahm. Leonas sah, dass Kai seine Nachricht gelesen hatte, aber er antwortete nicht… und das bereitete ihm nun Sorgen, weshalb er beschloss, ihn bei sich zuhause aufzusuchen, obwohl Kai ihm das einmal strikt untersagt hatte. Kai hatte Angst, dass Leonas seiner Gang über den Weg laufen könnte, oder das seine Eltern Fragen stellen würden, wer er war, aber Leonas musste das jetzt einfach klären, oder er würde keine einzige Sekunde mehr klar denken können. Das Glück schien ihm hold zu sein, denn als Leonas Kais Haus immer näher kam, sah er, wie Kai gerade den Müll rausbrachte. „Kai!“ Kai drehte sich um und wirkte erschrocken, als er Leonas auf sich zukommen sah. „Sorry, dass ich dich hier aufsuche, aber ich muss mit dir reden.“ „Ich hab dir doch aber gesagt, dass du hier nicht aufkreuzen sollst!“, entgegnete Kai und blickte Leonas dabei sauer an. Er schien wütend zu sein. Wegen gestern Abend? Leonas versuchte sich zu erklären: „Ja ich weiß, aber du hast nicht auf meine Message geantwortet und da ich ein ungutes Gefühl verspürte und ich nicht wusste, ob alles in Ordnung sei, wollte ich...“ „Ich, ich, ich! Hörst dir eigentlich auch mal zu?!“, schrie Kai ihn plötzlich an. Leonas war erschrocken und wich ängstlich einen Schritt zurück. Kai hatte für einen kurzen Moment die Beherrschung verloren, doch versuchte sich zugleich wieder zu beruhigen, um mit seinem Schrei nicht seine Eltern auf den Plan zu rufen. „Verdammt Leonas, es geht hier nicht um dich. Was wenn Sarah es gestern herausgefunden hätte und es meinen Freunden erzählt hätte? Die hätten es in der ganzen Schule rumposaunt und irgendwann wäre es auch bis zu meinen Eltern vorgedrungen.“ „Ja ich weiß, deswegen wollte ich mich ja auch bei dir ent…“ „Ich halte es für das Beste, wenn wir Schluss machen.“, sagte Kai, dessen Entscheidung offenbar feststand, was Leonas den Boden unter den Füßen wegriss.
Fortsetzung folgt ... am Samstag, den 14.Januar 2023!