Nur drei Worte ...

Nur drei Worte ...

20.08.2018 10:55

Warum muss ich mich outen? Musste sich mein Bruder bei uns als Hetero outen? Wenn ja, dann ist dieses Outing wohl irgendwie an mir vorüber gegangen. Nein, Heteros müssen sich nicht outen! Doch genau das ist der Fehler in unserer Gesellschaft. Eltern sollten nicht automatisch davon ausgehen, dass ihr Kind hetero ist, ehe der Sohn oder die Tochter den Mut aufbringen, sich bei ihnen als homosexuell zu outen. Eltern sollten von vornherein damit leben, dass ihr Kind sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt. Doch das ist nicht so. Warum ist das nicht so? Warum müssen sich nur Homosexuelle outen?


Wir schreiben das Jahr 2018 ... die gesamte Menschheit steht offen der Homosexualität über. Die gesamte Menschheit? Nein! Ein Teil der Menschheit hört nicht auf, die Homosexualität abzulehnen, ja gar zu verteufeln. Ja es ist wirklich so! Leider!
Ist das der Grund warum ich mich bislang nicht geoutet habe? Die Angst vor Ablehnung, nicht mehr gemocht, oder gar verachtet zu werden. Vielleicht ist es auch die Angst, dass mich die Menschen dann anders behandeln als früher - anders ansehen als früher. Diese Ängste spielen sicherlich auch eine Rolle dabei, aber im Grunde genommen war das nicht mein Problem. Ich hab mir immer eine Frage gestellt: Warum muss ich mich outen? Musste sich mein Bruder bei uns als Hetero outen? Wenn ja, dann ist dieses Outing wohl irgendwie an mir vorüber gegangen. Nein, Heteros müssen sich nicht outen! Doch genau das ist der Fehler in unserer Gesellschaft. Eltern sollten nicht automatisch davon ausgehen, dass ihr Kind hetero ist, ehe der Sohn oder die Tochter den Mut aufbringen, sich bei ihnen als homosexuell zu outen. Eltern sollten von vornherein damit leben, dass ihr Kind sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt. Doch das ist nicht so. Warum ist das nicht so? Warum müssen sich nur Homosexuelle outen? Wieso wird ihnen das Leben so schwer gemacht, wo sie es ohnehin schon schwerer haben, aufgrund von eventuellen Mobbing-Angriffen in der Schule, im Netz, oder auf der Straße. Okay, ich will jetzt nicht nur den Eltern den schwarzen Peter zuschieben, denn auch Freunde und Bekannte könnten doch mal davon ausgehen, dass der Mensch, mit dem sie sich gerade unterhalten, einfach homosexuell ist. Ganz einfach. Die Frage "Wie sieht es mit dir und einer Freundin aus?" ist einfach nur noch zum kotzen! Und ja, ich rede gerade ausschließlich über Homosexualität, dabei sollte man nicht vergessen, dass es noch so viele andere Sparten von Sexualitäten gibt. In der heutigen Zeit unzählige, weshalb man einfach mal offener mit allem umgehen sollte. Denn egal wie und wen man liebt - Liebe ist nichts Schlechtes! Liebe ist was Schönes!
Ich schweife etwas ab, denn eigentlich wollte ich was ganz anderes erzählen. In den letzten Monaten habe ich nämlich einem Film entgegen gefiebert, der vor kurzem in unseren Kinos lief. Der Film den ich meine heißt "Love, Simon" (Wikipedia-Eintrag) und darin geht es um einen amerikanischen Teenager, der sich die gleiche Frage stellte wie ich: Warum müssen sich nur Homosexuelle outen und nicht auch Heteros? Ich kann gar nicht beschreiben, was ich empfunden habe, als ich den Trailer zum Film das erste Mal gesehen habe, aber ich glaube ich hab mich innerlich gefreut. Warum sonst habe ich dem Film monatelang entgegen gefiebert? Als er dann ins Kino kam, musste ich ihn mir natürlich so schnell wie möglich ansehen. Das Resultat: Mein Film-Highlight 2018! Der Film ist einfach wunderschön. Lustig. Spannend. Romantisch. Unterhaltsam. Einfach perfekt! Ich hab mich selbst dabei ertappt, wie ich lächelte, wenn Simon (der Protagonist im Film) glücklich war, oder wie ich mit ihm mitgelitten habe, als es ihm schlecht ging. Ich hab mich dieser fiktiven Person so verbunden gefühlt. Der Film hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen und inzwischen hab ich ihn mir bereits dreimal angesehen und ich könnte glatt schon wieder. Nur nach etwas mehr als einen Monat, nachdem ich ihn das erste Mal gesehen habe! Unglaublich! So einen Eindruck hat er bei mir hinterlassen. Bei Amazon hab ich mir dann auch gleich einmal die DVD vorbestellt, während ich mir den Soundtrack zum Film (auch die Musik im Film war toll!) und das Buch zum Film gleich einmal direkt bestellt habe. Die CD wurde natürlich gleich einmal eingelegt und das Buch begann ich auch zu lesen. Der Film hat nämlich eine literarische Vorlage - "Nur drei Worte" (Wikipedia-Eintrag). Die Autorin heißt Becky Albertalli und ich glaube, für dieses Buch könnte ich sie von Kopf bis Fuß abbusseln. Okay, dass ist jetzt vielleicht doch etwas übertrieben, denn zum Küssen wäre mir ein Junge lieber ...
Wie bei so vielen Romanvorlagen, von denen später ein Film es auf die große Leinwand schaffte, weicht auch dieses Buch ein wenig vom Film ab. Ein wenig? Ziemlich stark sogar wie ich finde, aber es gab auch sehr viele Stellen, die aus dem Buch direkt in den Film übernommen worden sind (Stichwort: Oreos). Ein paar Stellen und auch Figuren fand ich im Film besser, aber sehr viele Stellen fand ich im Buch eindeutig besser. Doch egal wie ich es drehe und wende, das Buch ist einfach erstklassig. Ich hab es ziemlich schnell durchgelesen und das, wo meine Lesebegeisterung in den letzten Jahren enorm abgenommen hat (ich bin so beschäftigt, eigene Geschichten zu schreiben, dass ich gar keine Lust verspüre, andere Geschichten zu lesen - großer Fehler!). Heute früh bin ich fertig geworden und wieder hab ich mich mit einem Lächeln im Gesicht erwischt, als es mehr und mehr dem Ende zuging. Ein wenig traurig war ich natürlich auch, denn meiner Meinung nach dürfte diese Geschichte niemals enden. In diesem Punkt ähnel ich mich Simon wieder, denn auch er fand, dass es ewig so weitergehen müsste. Happy Ends schön und gut, aber man möchte schließlich auch wissen, was danach passiert, oder?
Der Buchtitel "Nur drei Worte" bezieht sich natürlich auf die legendären drei Worte "Ich bin schwul", denn auch Simon fällt sein Outing alles andere als leicht bzw. war es ihm schlichtweg egal. Doch als es dann alle herausfinden, löst das eine Welle von miesen (Mobbing), aber auch schönen Momenten (Freundin: "Ich hab dich gern.") aus. Im Buch, aber auch im Film, wird ihm das Outing aber beinahe schon aufgezwungen, weil er dort von einem Mitschüler erpresst wird und dieser ihm diese Entscheidung wann und wie er sich outen möchte, quasi verweigert. Die Verzweiflung, die Simon verspürte, war ihm deutlich anzumerken.
Als ich das Buch dann das letzte Mal zuklappte, wusste ich sofort, nein, das war gewiss nicht das letzte Mal. Das Buch werde ich wieder lesen, wenn ich wollte, könnte ich sogar direkt damit anfangen. Ja, warum eigentlich nicht? Das Buch zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Warum sollte ich es also nicht gleich wieder von vorne lesen? Also ciao ... nein schmarn ... da hab ich dann doch noch andere Dinge zu tun (leider). Tatsache ist jedoch, dass das Buch und der Film mich glücklich machen und mich zum Lachen und zum Weinen gebracht haben. Letzteres haben in den letzten Wochen viele geschafft, aber Lachen ... das ist schon etwas ganz Besonderes! Mein aufgesetztes Lächeln der letzten Wochen kann man nämlich nicht dazu zählen. Das liegt daran, dass mir zu oft das Herz gebrochen wurde. Von Menschen die ich liebe, die ich auch jetzt noch liebe, obwohl sie mir weh getan haben und ich sie womöglich nie wieder sehen oder von ihnen hören werde. Ich rede jetzt nicht nur von einem Jungen, in den ich verliebt bin, sondern auch von Freundschaften, die in die Brüche gegangen sind. Was das angeht, kann das Leben richtig grausam sein. Vor allem dann, wenn der Tod dann auch noch eine Rolle spielt. Ja ich weiß, das gehört zum Leben dazu, aber darf ich das nicht trotzdem mal fucking scheiße finden? Danke!
So zurück zum Thema. Wo war ich doch gleich wieder? Was war eigentlich das Thema? Eigentlich sollte es hier um ein Buch und den Film dazu gehen, aber irgendwie rede ich fast nur über mich selbst. Tut mir echt Leid! Der Grund warum ich so viel (unsinniges Zeug) schreibe, ist wohl der, dass ich mich besser mit geschriebenen Wörtern ausdrücken kann, als meinen Mund zu öffnen und sie laut auszusprechen. Ich weiß nicht. Das war irgendwie schon immer so. Wenn etwas aus meinem Mund kommt, dann meist nur irgendwas albernes oder sinnloses. Mal davon abgesehen, dass ich dann sofort zu Zittern anfange und ein Erdbeben ein Witz dagegen ist! Deshalb schreibe ich auch so gerne Geschichten, weil ich mich dann in völlig fremde Welten zurückziehen kann. Dort kann ich dann auch die legendären drei Worte sagen: "Ich bin schwul!" oder "Ich liebe dich!". Das fällt mir in der realen Welt einfach schwer ...
Ich entschuldige mich für diesen langen Text und danke allen, die ihn sich komplett durchgelesen haben. Ich weiß, ich bin nicht immer einfach, aber das will ich auch gar nicht sein. Ich will was Besonderes sein - und ich glaube - ich hoffe - das bin ich auch!

Love, Marcel

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  • Erstellt von Skystar In der Kategorie Allgemein am 20.08.2018 10:55:00 Uhr

    zuletzt bearbeitet: 18.10.2018 20:21
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Kommentare
  • Arokh
    05.08.2019 13:51

    Also ich finde es nicht schlimm, dass Du Deine Gedanken und Gefühle einfach mal in den Vordergrund gerückt hast. Dazu hast Du ein Recht. Und ich kann Dir sagen, ich fühle mit Dir (auch wenn der Kommentar dazu 1 Jahr später kommt, aber sein Wesen ändert man ja in der Regel eher selten ^^). Ich selbst rede auch äußerst ungern, weil da meist nur Mist rauskommt - sei es, weil ich nicht genug weiß oder weil ich mich nicht besser verbal ausdrücken kann, von Schlagfertigkeit sowieso keine Spur. Viel mehr liegt mir das Schreiben, was auch schon immer bei mir so war.

    Den Film habe ich vor kurzem gesehen und war absolut begeistert davon. Das Buch kenne ich allerdings nicht, wie ich zu meiner Schande gestehen muss.

    Liebe Grüße,
    Arokh



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